04 - Lebe lieber untot
fragen.“
„Findet Ihre Mutter sie nett?“
„Sie hat sie die Spaghettisoße umrühren lassen.“
„Dann mag sie sie.“ Ich lächelte. „Klingt, als ob bei Ihnen alles bestens wäre.“
„Ja. Aber ich bin schon ziemlich aufgeregt. Obwohl ..
ich meine, wenn sie wirklich die perfekte Frau ist, dann sollte es doch wohl nicht so schwer sein, oder?“
„Das ist genauso wie bei einem Pflaster. Erst haben Sie ziemliche Angst, aber wenn Sie all Ihren Mut zusammennehmen und es mit einem Ruck abziehen, dann ist es im Nu vorbei.“
„Ein Pflaster“, sagte er. „Okay, das krieg ich hin.“
Ich machte Schluss, legte das Handy zurück in die Tasche und starrte wieder aus dem Fenster. Und versuchte, nicht an Ty zu denken.
Stattdessen malte ich mir mein morgiges Outfit aus und ging noch mal meine Liste mit Fragen für den Schwarz-Exorzisten Vater Duke durch. Aber dann war es auf einmal schon kurz nach zehn, dann viertel nach und dann halb elf, und, na ja, man kann schließlich nicht endlos über ein jämmerliches Outfit und einen Exorzismus nachdenken. Meine einzige Rettung war ein weiterer Anruf von Vinnie.
„Ich denke, ich sollte bis nach der Torte warten“, sagte er. „Ich möchte dem Kunstwerk ja nicht die Show stehlen.“
„Sie versuchen, Zeit zu schinden.“
„Ich will doch nur den richtigen Zeitpunkt erwischen.
Und warten, bis die Tabletten wirken. Und der Wein.
Und dann mach ich's.“
„Schwören Sie?“
„Scheiße, ja.“
Ich beendete das Telefonat, und meine Gedanken wandten sich dem zerkratzten Tisch zu, dann den karierten Gardinen. Ich starrte auf die Speisekarte und dann auf die uralte Coca-Cola-Werbetafel, die über der Kasse hing.
Die Cola-Flasche erinnerte mich daran, wie durstig ich war, was mich wiederum an die große, fette Flasche 0 positiv erinnerte, die in meinem Kühlschrank auf mich wartete. Und das ließ mich daran denken, wie ich das Blut in meiner Mikrowelle heiß machte, und heißes Blut erinnerte mich immer an Ty, und einfach so dachte ich an ihn und seinen Kuss und - puh, war es heiß hier drin, oder lag das an mir?
Ich zerrte am Halsausschnitt meines Glitzer-T-Shirts und griff nach dem Glas Eiswasser, das vor mir stand.
Ein Schluck - und es war leer. Ich gab der Kellnerin ein Zeichen, dass ich noch mehr wollte.
„Sind Sie sicher, dass ich Ihnen sonst nichts bringen darf?“ Sie blieb noch kurz stehen, nachdem sie nachgeschenkt hatte.
Melba Donelli. Mitte vierzig. Verheiratet. Keine Kinder.
Sie trug eine leuchtend pinkfarbene Uniform und weiße bequeme Schuhe. Ihr leuchtend rotes Haar war mit jeder Menge Haarspray festbetoniert, und der Lippenstift, den sie trug, war sogar noch röter. Sie stammte aus Jersey, war nur ein paar Blocks weiter geboren und aufgewachsen. Und kannte jeden in der Nachbarschaft.
Außerdem kannte sie jedes Gerücht und jede Klatschgeschichte.
„Ein Stück Kuchen?“, fuhr sie fort. „Einen Burger? Das Tagesgericht ist Hackbraten.“ Sie wackelte mit ihren sorgfältig aufgemalten Augenbrauen. „Wie wär's, soll ich Ihnen eine schöne dicke Scheibe abschneiden?“
„Nein, danke. Können Sie mir sagen, wie viel Uhr es ist?“
„Fünf Minuten später als zu der Zeit, als Sie mich das letzte Mal gefragt haben.“ Sie schüttelte den Kopf. „Darf ich Ihnen vielleicht mal einen Rat geben?“ Ich nickte, und sie sprach weiter. „Wenn er bis jetzt noch nicht da ist, dann kommt er auch nicht mehr. Sie sollten den Kerl abschreiben, ein Stück Kuchen essen und morgen einen Neuanfang machen. Das Leben ist ein großer Keks, und auf eins können Sie sich verlassen: Wo dieses eine Stückchen Schokolade herkam, da gibt's noch jede Menge davon.“
Jetzt verstand ich, worauf sie hinauswollte, und ich schüttelte den Kopf. „Nichts dergleichen. Ich warte gar nicht auf ein Date -“
„Ein Date“, unterbrach sie, „ein Freund, ein Bekannter, ein Sexkumpel... Wie auch immer ihr jungen Leute das heutzutage nennen mögt, Sie sind viel zu hübsch, um auf irgendeinen Kerl zu warten. Sie sollten unterwegs sein, sich amüsieren, und nicht an einem langweiligen Ort wie diesem hier das Vinyl wärmen. Bowling. Na, das ist doch was Lustiges, und der beste Weg, um einen Mann kennenzulernen.“
„Bowling, meinen Sie?“ Hey, ich bin ständig auf der Suche nach neuen Verkupplungsmöglichkeiten.
Sie nickte. „Ich hab meinen Mann, Don, drüben im Rock'n Bowlers in Fairbridge Alleys kennengelernt. Ich musste ihn nur einmal einen Strike werfen sehen - und
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