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04 - Spuren der Vergangenheit

04 - Spuren der Vergangenheit

Titel: 04 - Spuren der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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denn wirklich seine Pläne mit uns?«
    »Ich muss jetzt wirklich weiter«, sagte Maria Luisa pikiert und nahm die Taschen wieder auf. »Mach dir nicht zu viele Sorgen, Conchita. Wir sind alle in seiner Hand.«
    »Na ja«, gab die Alte zurück, »mir soll’s ohnehin egal sein. Es dauert sicher nicht mehr lange, bis der Allmächtige mich abberuft, Komet hin oder her …«
    Maria Luisa schüttelte aufmunternd den Kopf. »Unsinn. Du bist gesegnet, Conchita.«
    »Du bist ein gutes Mädchen. Pass auf dich auf.«
    Die Worte der Kioskbesitzerin erinnerten Maria Luisa daran, wer daheim auf sie wartete. »Ich versuche es. Bis morgen früh, Conchita …«
    ***
    »Wo kommst du her?«
    Das Unwetter, das sich bei Marias Heimkehr über ihr entlud, war lokal begrenzt: das Foyer des Último Refugio, wo ihr zürnender Vater sie abgepasst hatte.
    »Ich musste Besorgungen erledigen.«
    »Für wen?«
    »Das ist meine Sache.«
    »Deine Sache?« Die Wut ließ Äderchen in Álvaro Suárez’ Augen platzen. Gleichzeitig schien das Adrenalin den Promillewert in seinem Blut kurzzeitig zu übersteigen, sodass er in der Lage war, fast klar zu sprechen. »Ich bin nicht blind und auch nicht taub. Ich habe sehr wohl mitbekommen, dass du dem Fremden, der oben abgestiegen ist, schöne Augen machst! Du bist nicht besser als deine Mutter! Kein bisschen besser als sie!« Sein Gebrüll wechselte übergangslos in ein weinerliches Gestammel. »Ich versuche alles, um uns über Wasser zu halten. Die Zeiten sind schlecht. Die Menschen sind schlecht. Ohne die Einnahmen aus der Bodega hätte ich schon längst dichtmachen müssen. Und was würde dann aus dir und deinem Bruder? Ihr fresst mir die Haare vom Kopf! Wie oft wache ich nachts schweißgebadet auf und weiß nicht mehr ein noch aus? Wie oft wünsche ich mir, dass nicht eure nichtsnutzige Mutter gestorben wäre, sondern ich. Dann wäre ich erlöst und müsste mich nicht mehr über deine Gleichgültigkeit, deinen Egoismus und deine Kaltherzigkeit aufregen, du … du …«
    Sein Redeschwall, in dem sich Maria Luisa nicht wiedererkannt hatte, wohl aber ihren Vater, versiegte. Álvaro Suárez wischte sich mit dem dreckigen Hemdsärmel über den Mund und hinterließ eine dunkle Spur. Offenbar hatte er wieder Kautabak eingeworfen, der ihm jetzt als brauner Sud aus den Mundwinkeln quoll.
    »Tom Ericson ist ein netter Mann. Er hat mich um einen Gefallen gebeten, und ich habe ihn gern erfüllt.«
    »Gefallen? Nett?« Álvaro Suárez ballte die plumpen Hände zu Fäusten. Aber der Alkohol bremste ihn nun doch aus. Maria Luisa gelang es fast mühelos, ihn zu umgehen und die Treppe nach oben zu hasten. Bevor sie um die Kehre bog, warf sie noch einen Blick hinter sich, um zu sehen, ob ihr Vater ihr folgte. Aber der drohte nur brabbelnd mit der Faust und machte keine Anstalten, die Stufen ebenfalls zu erklimmen.
    Maria Luisa stoppte erst, als sie vor der Tür des Gästezimmers anlangte. Sie war nur angelehnt. Die vertraute Stimme des Bewohners forderte sie auf, einzutreten. Offenbar hatte der Lärm ihr Kommen schon angekündigt. Maria Luisa überlegte nicht lange, sondern schob sich durch den Spalt.
    »Es tut mir leid, wenn ich Ihnen Unannehmlichkeiten bereite«, empfing Tom Ericson sie. »Aber ich bin in einer misslichen Lage. Ich würde selbst gehen, aber …« Sein Schulterzucken ersetzte eine echte Erklärung.
    Maria Luisa bedauerte, dass er ihr offenbar nicht genug vertraute, um wirklich offen mit ihr zu sprechen.
    »Haben Sie bekommen, was ich Ihnen aufgeschrieben hatte?«
    Sie nickte. »Bis auf das ›Kleine vergleichende Wörterbuch der Arabismen im Iberoromanischen‹.« Sie legte die beiden Taschen auf seinem sorgfältig hergerichteten Bett ab.
    »Das lässt sich verschmerzen. Was bin ich Ihnen noch schuldig?«
    Sie wehte ab, als er seine Geldbörse zücken wollte. »Die dreißig Euro waren ausreichend; Sie bekommen sogar noch Geld zurück«, sagte sie.
    Ericson schüttelte den Kopf. »Behalten Sie es, als Dank für den Bringdienst.«
    Am liebsten hätte sie ihm gesagt, das ginge nicht. Aber so locker saß ihr das Geld nicht.
    »Sie haben mir einen unschätzbaren Dienst erwiesen«, legte Ericson nach. Offenbar hatte er ihr Zögern bemerkt. Die Situation wurde zunehmend peinlich.
    »Haben Sie auch schon von dem Kometen gehört?«, fragte sie, einfach aus einem Zwang heraus, das Thema zu wechseln.
    »Komet?« Tom Ericson überlegte. »Ja, doch, da war irgendwas in den Nachrichten. Aber so weit ich weiß,

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