04 The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Nebel der Vergangenheit
es hinter sich her schleifte.
»V iolet!« Ich sprang auf, mein Stuhl fiel krachend um. Aber Violet hatte bereits den Riegel gelöst und rannte in die Nacht hinaus. Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss.
So schnell ich konnte, raste ich ihr nach, doch Violet war verschwunden. Ich ließ meinen Blick in alle Richtungen schweifen und meine Sinne passten sich sofort der Dunkelheit an. Die Luft schien pechschwarz und die Bäume rings um das Cottage, die normalerweise Behaglichkeit verströmten, wirkten nun bedrohlich. Schlagartig wurde mir klar, dass Violet überallhin geflohen sein konnte.
Ich schnupperte. Plötzlich stieg mir der scharfe Geruch nach Blut in die Nase und ich rannte auf die Quelle zu.
»V iolet!«, rief ich in die Nacht hinein. Ich wusste, dass die Abbotts mich hören konnten, aber es scherte mich nicht. Ich musste Violet finden. Mit einem Satz sprang ich über den Drahtzaun des Hühnerstalls.
Dort kniete Violet mit einem toten Huhn auf dem Schoß. Sie hatte ihm den Hals gebrochen und aus einer Wunde an seiner Kehle sickerte Blut. Violets Hände waren blutig und Blut rann über ihr Gesicht. Ihre Zähne glänzten im Mondlicht, sahen aber immer noch normal aus.
Plötzlich beugte sie sich vor und begann zu würgen. Ihr ganzer Körper war schweißnass, doch ich konnte nicht erkennen, ob sie sich im Todeskampf befand oder gerade neue Kraft erlangte.
»E s tut mir so leid!«, murmelte sie unter Tränen. »I ch wollte das nicht tun.«
Ich konnte Violets Schuldgefühle nur allzu gut verstehen. Wortlos nahm ich sie bei der Hand, zog sie auf die Füße und führte sie ins Cottage zurück. Ich schloss die Tür und drehte mich zu ihr um. Sie hockte auf der Bettkante, mit zerzaustem, blutigem Haar und Blutflecken auf dem Mieder ihres Kleides, und sah herzzerreißend unglücklich aus.
»B ist du mir böse?«, fragte sie mit kaum hörbarer Stimme.
Ich schüttelte stumm den Kopf und half ihr, sich wieder hinzulegen. Ich deckte sie mit einem frischen weißen Leinenlaken zu und öffnete das Fenster– in der Hoffnung, dass die frische Luft beruhigend wirken mochte.
»I ch hatte solchen Hunger«, flüsterte sie. »I ch habe immer noch Hunger.«
»I ch weiß«, antwortete ich. Das Hühnerblut würde daran nichts ändern. Um sich zu verwandeln, brauchte sie menschliches Blut. »E s ist sehr, sehr hart. Ich weiß, dass du leidest«, fügte ich hilflos hinzu. Sie nickte; ein Tropfen Hühnerblut klebte noch immer an ihrem Mundwinkel. »A ber denk daran, du gehst an einen besseren Ort. Der Weg dorthin ist schmerzhaft, aber nach dem Schmerz kommt der Friede.«
Das hoffte ich um ihretwillen– und wahrscheinlich auch um meinetwillen. Schließlich trug ich für all das die Verantwortung. Mein Verstand versuchte zwar immer wieder, mich davon zu überzeugen, dass es auch ohne mich soweit hätte kommen können: Selbst wenn Violet und ich uns nie begegnet wären, hätte Albert sie vielleicht früher oder später auf die Straße gesetzt– und dort hätte sie jedem in die Arme laufen können.
Aber sie könnte jetzt genauso gut am Beginn eines langen, glücklichen Lebens stehen.
»S tefan, ich…«, keuchte Violet erschöpft. Inzwischen musste sie bei jedem Wort schwer atmen.
»E s wird alles gut. Geh und finde deinen Frieden«, sagte ich. Callie hatte ich niemals Lebewohl gesagt. Jetzt konnte ich es wenigstens Violet sagen.
»A ber… ich…« Violet schnappte nach Luft. Ich beugte mich dicht über sie, mein Ohr nur wenige Zentimeter von ihrem Mund entfernt, als plötzlich ein schreckliches Kreischen die Nachtluft zerriss. Ein Kreischen wie aus einer anderen Welt.
Aber es war nicht Violet. Es kam aus dem Herrenhaus.
Ich riss mich von Violet los und eilte hinaus. Ich befürchtete das Schlimmste.
Kapitel Siebzehn
Das Herrenhaus lag in völliger Dunkelheit da. Keine einzige Laterne beleuchtete die Veranda. Niemand war zu sehen, nicht einmal Mrs Duckworth, die häufig bis spät in die Nacht bei Kerzenschein strickte. Mir wurde flau im Magen. Irgendetwas stimmte hier nicht.
»H allo?«, rief ich mit zitternder Stimme. Ich wünschte, ich hätte daran gedacht, eine Waffe aus dem Cottage mitzunehmen. »Z eig dich!«, brüllte ich jetzt. Meine Stimme hallte im Foyer wider.
Stille. Damon musste uns gefunden haben.
Dann hörte ich einen leisen Ruf. So schwach, dass ich zunächst dachte, ich bildete ihn mir vielleicht nur ein. Ich legte den Kopf schräg. Aber da war er wieder, dieser dumpfe Laut.
Ich hastete ins
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