Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

04 Verhaengnisvolles Schweigen

Titel: 04 Verhaengnisvolles Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
Vom Netzwerk:
Name Stephen Collier etwas sagte. Auf gut Glück fragten sie auch, ob jemand einen Privatdetektiv namens Raymond Addison engagiert hatte, um das ungeklärte Verbrechen zu untersuchen. Waren keine Nummern angegeben oder die Leute umgezogen, machten sie sich eine Notiz und verfolgten diese Fälle später. Manchmal half ihnen dann das Telefonbuch weiter, außerdem erwies sich Ted als hilfsbereit wie immer.
      Am frühen Nachmittag, nach einer kurzen Mittagspause, waren nur noch drei Möglichkeiten offengeblieben. Eine davon konnte Folley ausschließen - die Eltern des Mädchens waren weniger als ein Jahr nach dem Tod ihrer Tochter auf tragische Weise bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Also blieben zwei Fälle, die Banks und Hatchley untereinander ausknobelten. Banks zog die Familie ohne Telefon in Jericho und Hatchley den gelähmten Vater in Woodstock.
      Eingekeilt zwischen Walton Street und dem Kanal ist Jericho ein Gewirr aus kleinen Reihenhäusern aus dem neunzehnten Jahrhundert, die einmal für die Arbeiter der Gießerei und städtische Bauarbeiter errichtet worden waren. Die meisten Straßen sind nach viktorianischen Schlachten oder Kriegshelden benannt worden. Sowohl im Geiste wie in der Erscheinung ist Jericho genauso weit entfernt von den prachtvollen architektonischen Schönheiten der alten Universitätsstadt wie in Eastvale das Neubaugebiet am östlichen Stadtrand vom Kopfsteinpflaster des Marktplatzes und der normannischen Kirche.
      Banks fuhr langsam die Great Clarendon Street hinab, bis er die gesuchte Abzweigung fand. Sein Wagen erregte die Aufmerksamkeit zweier verwahrloster Kinder, die auf dem Gehweg Murmeln spielten und ihn dazu brachten, ihnen fünfzig Penny dafür zu geben, dass sie den Wagen für ihn »bewachten«.
      Erst öffnete niemand die rissige blaue Tür, doch schließlich hörte Banks innen Schritte, und als die Tür aufgemacht wurde, starrte ein altes, ausgezehrtes Gesicht heraus. Ob männlich oder weiblich, konnte er nicht sagen, bis ihn eine tiefe Männerstimme barsch fragte, was er wollte.
      »Ich komme wegen Ihrer Tochter Cheryl«, sagte Banks. »Darf ich hereinkommen?«
      Der Mann blinzelte und öffnete die Tür ein Stückchen weiter. Banks konnte gekochte Rüben und abgestandenen Tabakqualm riechen.
      »Unsere Cheryl ist seit sechs oder mehr Jahren tot«, sagte der Mann. »Niemand hat damals etwas unternommen. Warum sollte man sich jetzt darum kümmern?«
      »Wenn ich hereinkommen dürfte ...«
      Der Mann sagte nichts, machte die Tür aber weiter auf, um Banks hereinzulassen. Es gab keine Diele, die Tür führte direkt in ein kleines Wohnzimmer. Die Vorhänge waren halb zugezogen und ließen kaum Licht herein. Die Luft war heiß und stickig. Soviel Banks sehen konnte, war die Wohnung nicht dreckig, aber auch nicht gerade sauber. In einem Rollstuhl neben dem unbenutzten Kamin saß eine grauhaarige, alte Frau mit einer Decke über den Knien. Als er hereinkam, wandte sie sich ihm zu und lächelte ihn ausdruckslos an.
      »Es ist wegen unserer Cheryl«, sagte der Mann und griff nach seiner Pfeife.
      »Das habe ich gehört.«
      »Hören Sie, Mrs Duggan«, sagte Banks und hockte sich auf die Lehne des Sofas, »ich weiß, dass es lange her ist, aber möglicherweise gibt es neue Erkenntnisse.«
      »Haben Sie herausgefunden, wer sie ermordet hat?«
      »Möglicherweise. Aber ich weiß noch nicht, ob sie wirklich ermordet wurde. Dabei müssen Sie mir helfen.«
      Die Akte war ihm noch völlig gegenwärtig. Vor über sechs Jahren an einem nebligen Sonntagmorgen im November war unweit der Magdalen Bridge und dem St. Hilda's College die Leiche von Cheryl Duggan aus dem Cherwell gefischt worden. Die rechtsmedizinische Untersuchung hatte ergeben, dass der Tod aller Wahrscheinlichkeit nach durch Ertrinken eingetreten war. Mehrere merkwürdige Schwellungen legten damals den Verdacht nahe, dass ihr Kopf wahrscheinlich so lange unter Wasser gehalten worden war, bis sie ertrank. Kurz vor ihrem Tod hatte sie Geschlechtsverkehr gehabt, und der Mageninhalt ließ darauf schließen, dass sie an dem vorangegangenen Abend stark getrunken hatte.
      Angesichts all dessen wurde die Entscheidung über die Todesursache offengelassen und eine polizeiliche Untersuchung angeordnet.
      Um die Angelegenheit noch komplizierter zu machen, war Cheryl Duggan laut Folley seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr eine stadtbekannte Prostituierte gewesen. Und starb mit siebzehn.

Weitere Kostenlose Bücher