04 Verhaengnisvolles Schweigen
Die Untersuchung war, so musste Folley zugeben, äußerst flüchtig verlaufen. Dies war auf andere Zwänge zurückzuführen - besonders auf den Drogentod einer Tochter aus dem Adelsstand, in den der Erbe eines Brauereivermögens als Dealer verwickelt gewesen war.
»Es könnte ein Unfall gewesen sein«, sagte Banks.
»Es war kein Unfall, Mr Banks«, sagte Mrs Duggan bestimmt.
»Sie hatte Wasser in den Lungen«, entgegnete Banks schwach.
Mr Duggan schnaubte. »Glauben Sie, unsere Cheryl war eine Meerjungfrau, so wie sie im Wasser lag?«
»Sie hatte getrunken.«
»Ja, es behauptet auch keiner, sie wäre ein Engel gewesen.«
»Haben Sie jemals gehört, dass sie von einem Mann namens Stephen Collier gesprochen hat?«
Mr Duggan schüttelte langsam den Kopf.
Die Duggans umgab eine Niedergeschlagenheit, die schwer im düsteren und stickigen Zimmer lastete und Banks krank machte. Ihre Stimmen waren matt, als hätten sie ihre Geschichten schon tausendmal wiederholt, ohne dass jemals jemand zugehört hätte. Ihre Gesichter waren ausgetrocknet und gezeichnet wie Pergament, die Augen waren groß und leer und offenbarten zwischen den unteren Wimpern und den Pupillen große weiße Flächen. Banks musste an eine Zeile von Dante denken: »Wer hier eintritt, lässt alle Hoffnung draußen.« Dies war ein Haus der Niederlage, ein Ort ohne Hoffnung.
Banks zündete sich eine Zigarette an, die ihm wenigstens einen konkreten Grund gab, sich krank und schwindelig zu fühlen, und fuhr fort. »Was ich noch wissen möchte«, sagte er, »haben Sie mal jemanden engagiert, der wegen Cheryls Tod Nachforschungen anstellen sollte? Ich könnte mir denken, dass Sie nicht viel Vertrauen in eine polizeiliche Ermittlung hatten.«
Mr Duggan spuckte in den Kamin. Seine Frau sah ihn stirnrunzelnd an. »Was tut das zur Sache?«, fragte sie.
»Es könnte wichtig sein.«
»Wir haben jemanden engagiert«, sagte sie. »Einen Privatdetektiv aus London. Wir haben ihn im Telefonbuch in der Bücherei gefunden. Wir waren verzweifelt. Die Polizei hatte mehr als ein Jahr lang nichts unternommen, außerdem haben sie so schreckliche Sachen über Cheryl gesagt. Wir haben unsere ganzen Ersparnisse zusammengelegt.«
»Was ist passiert?«
»Dieser Mann kam aus London angereist und hat uns über Cheryl ausgefragt. Wer ihre Freunde waren, wohin sie gerne ausging, alles Mögliche. Dann meinte er, er will versuchen herauszufinden, was passiert ist.«
»Er kam nie zurück«, mischte sich Mr Duggan ein.
»Sie meinen, er ist mit Ihrem Geld abgehauen?«
»Nicht mit allem, Alf«, sagte Mrs Duggan. »Er hat nur einen Vorschuss genommen.«
»Er ist mit dem Geld abgehauen, Jesse, machen wir uns doch nichts vor. Er hat uns übers Ohr gehauen. Er hat nie daran gedacht, Nachforschungen über Cheryls Tod anzustellen, er hat einfach genommen, was er von uns kriegen konnte. Und wir haben es ihm gegeben.«
»Wie war sein Name?«
»Weiß ich nicht mehr.«
»Natürlich weißt du das, Alf«, sagte Mrs Duggan. »Er hieß Raymond Addison. Ich jedenfalls habe es nicht vergessen.«
»Und was haben Sie getan?«
»Was sollten wir tun?«, sagte sie. »Er hatte fast unser ganzes Geld, also konnten wir niemand anderen engagieren. Die Polizei war nicht interessiert. Wir haben einfach versucht, zu vergessen, das ist alles.« Sie zog die Schottenkarodecke höher um ihre Hüften.
»Nachdem Sie ihn das erste Mal gesehen haben, hat Mr Addison Ihnen also keinen Bericht abgeliefert?«
»Nein«, sagte Mr Duggan. »Wir haben ihn nur das eine Mal gesehen.«
»Können Sie sich an das Datum erinnern?«
Der alte Mann schüttelte den Kopf.
»Ich kann mich nicht mehr an den genauen Tag erinnern«, sagte seine Frau, »aber es war im Februar, ungefähr fünfzehn Monate, nachdem Cheryl ermordet wurde. Die Polizei schien aufgegeben zu haben, und wir wussten nicht, an wen wir uns wenden sollten. Dann stießen wir auf ihn, und er ließ uns im Stich.«
»Ich weiß nicht, ob es ein Trost für Sie ist, Mrs Duggan, aber ich glaube nicht, dass Mr Addison Sie im Stich gelassen hat.«
»Was?«
»Er wurde selbst ermordet aufgefunden, wahrscheinlich nur einen Tag, nachdem Sie sich mit ihm getroffen hatten. Oben in Yorkshire. Deshalb haben Sie nie wieder von ihm gehört. Nicht weil er mit Ihrem Geld abgehauen ist.«
»In Yorkshire? Was hatte er dort zu suchen?«
»Ich
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