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04 Verhaengnisvolles Schweigen

Titel: 04 Verhaengnisvolles Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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fühlte sich plötzlich im Besitz ihres Körpers, nicht aber ihrer Seele. Sie hatte immer auf eine reine und makellose Seele geachtet, und nun gab sie sich ihr von allein zu erkennen. Irgendwie war dieses neue Gefühl damit verknüpft, dass sie sich am Tod von Bernie und Stephen verantwortlich fühlte. Jetzt klebte Blut an ihren Händen; sie war erwachsen geworden.
      Die Zukunft sah immer noch sehr unbestimmt aus. Das Leben würde so weitergehen wie immer, nahm sie an. Sie würde die Zimmer reinigen, die Mahlzeiten kochen, Sam im Bett nachgeben, sie würde tun, was er ihr sagte, und alles versuchen, um ihn nicht wütend zu machen. Alles würde genauso weitergehen wie bisher. Nur dass da ein neues Gefühl in ihr entstand. Wenn sie geduldig blieb, würde sich die Veränderung schon von selbst einstellen. Sie würde nichts tun müssen, bis sie genau wusste, was zu tun war.
      Im Moment berührte sie nichts; nichts konnte sie aus der Ruhe bringen. Ganz gefangen in ihrem Spiegelbild rutschte ihr ein Satz sechs teurer Kristallgläser aus den Händen. Sie zersplitterten auf dem Linoleumboden. Doch selbst das machte ihr nichts aus. Katie schaute mit nachsichtiger und bedauernder Miene auf die Scherben und ging los, um Handfeger und Kehrblech zu holen.
      Als sie die Küche durchquerte, hörte sie draußen ein Geräusch. Sie lief zum Fenster, schaute durch ihr eigenes Spiegelbild hindurch und sah einen Schatten an ihrer Gartenpforte vorbeihuschen. Einen Augenblick später, noch bevor sie die Tür abschließen konnte, hörte sie ein flüchtiges Klopfen. Die Tür ging auf, und Nicholas Collier steckte seinen Kopf herein und lächelte.
      »Hallo, Katie«, sagte er. »Ich komme dich besuchen.«
     
    Die Sonne hing wie ein aufgeblasener roter Ball über dem westlichen Horizont. Sie verströmte ein unheimliches Licht über die Landschaft des südlichen Yorkshire, das die still stehenden Fördertürme der Zechen wie Scherenschnitte aussehen und die Schlackenhalden glühen ließ. Auf der Kassette sang Nick Drake das bewegende »Northern Sky«.
      Den größten Teil der Strecke hatten die beiden schweigend dagesessen, nachgegrübelt und überlegt, was zu tun war. Schließlich konnte es Hatchley nicht länger aushalten. »Wie können wir den Scheißkerl drankriegen?«, fragte er.
      »Keine Ahnung«, entgegnete Banks. »Wir haben nicht viel gegen ihn in der Hand.«
      Hatchley knurrte. »Hätten wir schon, wenn wir ihn einbuchten und Sie und ich ihn uns vorknöpfen würden.«
      »Er ist clever, Jim«, sagte Banks. Nach den ersten paar Malen ging ihm der Vorname des Sergeants mittlerweile recht leicht über die Lippen. »Schauen Sie nur, wie lange er es geschafft hat, nicht in der Schusslinie zu stehen. Der wird nicht gleich zusammenbrechen, nur weil wir beide mit ihm guter Bulle/böser Bulle spielen. Das wäre für ihn nur ein Zeichen unserer Schwäche. Er weiß genau, dass wir ein Geständnis brauchen, um ihn zu kriegen, also würde das nur seine Position stärken. Nein, Nicholas Collier ist ein eiskalter Typ. Und vergessen Sie nicht, dass er in ganz Swainsdale Beziehungen hat. Wir könnten gar nicht so schnell gucken, wie irgendein schicker Rechtsanwalt reinmarschiert käme, um uns die ganze Sache zu vermasseln.«
      »Ich würde es trotzdem gerne auf einen schlagkräftigen Versuch ankommen lassen!« Hatchley haute auf das Armaturenbrett. »Entschuldigung. Nichts passiert. Es macht mich einfach wütend, wenn so ein hochnäsiger Scheißkerl ungeschoren davonkommt. Wie viel Menschen sind ermordet worden?«
      »Drei, wenn man Stephen mitzählt, sogar vier. Aber noch ist er nicht ungeschoren davongekommen. Das Problem ist, dass wir nicht wissen, ob er außer dem Mädchen, Cheryl Duggan, noch jemanden ermordet hat. Und wir können nicht mal beweisen, dass er sie ermordet hat. Nur weil Dr. Barber uns erzählt hat, Nicholas hatte den Ruf, die leichten Mädchen der Stadt zu belästigen, ist er noch nicht schuldig. Für eine Verurteilung reicht das beim besten Willen nicht.«
      »Aber Cheryl Duggans Tod hat Addison nach Swainshead geführt.«
      »Ja. Aber selbst das ist nur ein Indiz.«
      »Wer hat Ihrer Meinung nach Addison und Allen ermordet?«
      »Spontan würde ich sagen, Stephen. Er hat es getan, um seinen kleinen Bruder und den Ruf seiner Familie zu schützen. Aber wir wissen es nicht und werden es auch nie erfahren, wenn Nicholas nicht redet. Ich wette, dass Nicholas bei all seiner Cleverness

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