04 Verhaengnisvolles Schweigen
eigentlich schwach ist. Ich bezweifele, dass er den Mumm für einen kaltblütigen Mord hat. Beide könnten am Tatort gewesen sein, schließlich hat keiner von ihnen ein gutes Alibi. Aber ich würde sagen, Stephen hat die Morde ausgeführt.«
»Was ist Ihrer Meinung nach mit Cheryl Duggan passiert?«
Banks wechselte die Fahrspur, um einen Lastwagen zu überholen. »Ich glaube, er hat sie in einem Pub aufgelesen und ist mit ihr runter zum Fluss gegangen. Sie war nur eine Prostituierte, ein Kind der Arbeiterklasse, und er stammte aus einer angesehenen Familie. Was zum Teufel scherte er sich also darum, was er tat? Ich glaube, er drehte völlig durch, verletzte sie vielleicht, und sie fing an, sich zu wehren, hat gedroht, zu schreien oder die Polizei zu rufen. Also kriegte er Panik und ertränkte sie. Entweder so, oder er hat es getan, weil es ihm Spaß machte.«
Die Kassette war zu Ende. Banks zündete sich eine Zigarette an und suchte im Dunkeln nach einer neuen Kassette. Ohne auf den Titel zu schauen, steckte er die erste ein, die er zu fassen bekam. Es war der SixtiesSampler, die Kassette, die er mit nach Toronto genommen hatte. Traffic spielten No Face, No Name and No Number.
»Ich glaube, Addison war ein gewissenhafter Ermittler«, fuhr Banks fort. »Das arme Schwein hat sein Geld mehr als verdient. Im Gegensatz zur Polizei hat er alles abgeklappert und eine Verbindung zwischen Cheryl Duggan und Nicholas Collier gefunden. Vielleicht wurden sie dabei gesehen, wie sie gemeinsam einen Pub verlassen haben. Oder vielleicht haben ihm ihre Freunde erzählt, dass sie schon früher mit Collier gesehen wurde. Wie auch immer, Addison hat den Namen aus irgendjemandem rausgequetscht oder die Information gekauft, und anstatt einen Bericht bei seinen Auftraggebern abzugeben, ist er gleich nach Swainshead aufgebrochen. Das war sein erster Fehler.
Sein zweiter Fehler war, Sam Greenock nach Nicholas Collier zu fragen. Greenock wollte sich unbedingt bei der örtlichen Oberschicht einschmeicheln und wurde bei den Fragen des Fremden misstrauisch. Also vertröstete er Addison und nutzte die erstbeste Gelegenheit, um über die Brücke zu laufen und Collier alles zu erzählen. An dem Abend muss bei den Colliers richtig Panik aufgekommen sein. Erinnern Sie sich, der Tod des Mädchens war damals fünfzehn Monate her, und die Colliers müssen gedacht haben, die Sache ist ausgestanden. Ich kenne die Einzelheiten nicht. Vielleicht hat es Sam so arrangiert, dass Addison rüber zu den Colliers geht, als im Dorf alles ruhig war, oder vielleicht hat er sogar mit den Colliers abgemacht, dass sie hoch in Addisons Zimmer gehen und ihn dort töten. Ich weiß nicht, wie es passiert ist, aber ich glaube, es war Stephen, der zugeschlagen hat. Das würde auch den Zustand erklären, in dem er sich später am Abend mit Anne Ralston getroffen hat.«
»Und wie war es bei Bernard Allen?«, fragte Hatchley.
»Zuerst dachte ich, er hätte einfach Pech gehabt«, sagte Banks. »Er erzählte Katie Greenock, dass er Anne Ralston in Toronto getroffen hatte. Sie erzählte es Sam, der wie üblich alles hinausposaunte. Das wäre diesmal nicht so schlimm gewesen, wenn Allen nicht auf Erpressung aus gewesen wäre. Nach allem, was ich weiß, war Stephen Collier ein merkwürdiger, äußerst widersprüchlicher Kerl. Nachdem er Addison ermordet hatte, musste er sein Herz bei seiner Freundin ausschütten, aber ich bin mir sicher, dass er es schnell bereute. Nachdem Anne verschwunden war, muss er ein paar schlaflose Nächte gehabt haben. Aber egal. Bernard Allen wusste, dass Stephen in den Mord an Addison verwickelt war und dass er etwas mit einem Vorfall in Oxford zu tun hatte. Er nahm offenbar an, dass die Polizei, würde sie davon wissen, die Fäden verknüpfen könnte. Das haben wir dann auch geschafft, nur leider zu spät.«
»Sie sagten, zuerst dachten Sie, Allen hätte Pech gehabt«, sagte Hatchley. »Und jetzt?«
»Jetzt glaube ich, dass er die Colliers erpressen wollte. Ich hatte keine Zeit, Ihnen ausführlich von Toronto zu erzählen, aber ich habe dort ein paar Leute getroffen, die sagten, dass Bernard Allen tatsächlich zurück nach Swainshead wollte. Seine Schwester hat es auch bestätigt, während die Leute in Swainshead die Sache runtergespielt haben. Katie Greenock hat er gesagt, er würde sie nachkommen lassen, sobald er wieder zurück in Kanada ist. Aber nur, weil sie aus Swainshead weg und er ihr an die Wäsche
Weitere Kostenlose Bücher