04 Verhaengnisvolles Schweigen
grün und die Kalksteinfelsen hell wie Marmor.
Stephen schien über diesen zweiten Besuch der Polizei so kurz nach dem ersten überrascht und verärgert zu sein, fasste sich aber schnell wieder und bot Getränke an.
»Ich nehme einen Scotch, bitte«, sagte Banks.
»Sergeant Hatchley?«
»Wenn Sie nichts dagegen haben, nehme ich auch einen.« Hatchley blickte kurz zu Banks rüber, der billigend nickte. Schließlich hatte er dem Sergeant das Wochenende verdorben. Hatchley holte sein Notizbuch hervor und ließ sich mit dem Drink in einer Ecke nieder.
»Was kann ich diesmal für Sie tun?«, fragte Stephen. »Soll mein Bruder auch dazukommen?«
»Im Moment nicht«, sagte Banks. »Ich möchte mit Ihnen über Anne Ralston sprechen.«
Collier legte die Stirn in Falten. »Anne Ralston? Was ist mit ihr? Das ist Jahre her.«
»Ich würde gerne wissen, was damals passiert ist.«
»Dürfte ich erfahren, warum?«
»Darf ich Sie vielleicht noch eine Weile um Geduld bitten?«
»Na schön.«
»Soweit ich weiß«, begann Banks, »verschwand sie am Tag, nachdem der Privatdetektiv Raymond Addison ermordet worden war. Habe ich recht?«
»Ich weiß nicht, wann genau er ermordet wurde«, sagte Stephen. »Doch ich erinnere mich, dass Superintendent Gristhorpe etwas von einem Obduktionsbericht gesagt hat.«
»Aber ungefähr in dieser Zeit verschwand sie?«
»Ja.«
»Und sie arbeitete in Ihrer Firma?«
»Ja. Ihr Superintendent weiß das bereits alles. Bitte kommen Sie zur Sache, Chief Inspector.« Er klopfte auf das Buch auf seinem Schoß. »Ich muss für eine Besprechung morgen früh einen Bericht durcharbeiten.«
»Ich werde Sie nicht lange aufhalten, Sir«, sagte Banks. »Aber dafür müssen Sie meine Fragen beantworten. Hatten Sie zur Zeit ihres Verschwindens eine Beziehung mit Anne Ralston?«
»Ja. Das wissen Sie doch. Ich verstehe nicht ...«
Banks hob seine Hand. »Lassen Sie mich bitte fortfahren. Können Sie sich einen Grund denken, warum sie verschwunden ist?«
»Nein, keinen.«
»Was ist Ihrer Meinung nach mit ihr passiert?«
Collier ging zur Bar und füllte sein Glas nach. Banks und Hatchley bot er Zigaretten aus einer Schachtel an, die auf der Glasplatte des Couchtisches lag.
»Ich dachte, sie ist losgezogen, um die Welt zu entdecken«, antwortete er. »Davon hat sie oft gesprochen.«
»Haben Sie sich keine Sorgen gemacht?«
»Sorgen worüber?«
»Über ihr Verschwinden.«
»Ich muss zugeben, dass ich in schwächeren Momenten dachte, ihr könnte etwas zugestoßen sein - ein umherirrender Psychopath oder so -, besonders wegen dieser Sache mit Addison. Doch dann habe ich mir gesagt, dass es Anne gar nicht so unähnlich sah, einfach von heute auf morgen zu verschwinden.«
»Waren Sie nicht verärgert, dass sie nie Kontakt mit Ihnen aufgenommen hat. Oder hat sie?«
Collier lächelte. »Nein, Chief Inspector, hat sie nicht. Aber es stimmt, zuerst hat es mein Ego schon ein bisschen angekratzt. Doch ich bin darüber hinweggekommen. Wir waren ja nicht verlobt und wohnten auch nicht zusammen.«
»Mir ist aufgefallen, dass Sie gerade ihr Verschwinden mit dem Mord an Addison in Beziehung gesetzt haben - ein umherirrender Psychopath. Gab es für Sie noch andere Verbindungen zwischen den beiden Vorfällen?«
»Was meinen Sie?«
»Könnte Anne Ralston etwas mit Addisons Besuch in Swainshead zu tun gehabt haben? Immerhin war er Privatdetektiv.«
»Ja, ich weiß. Aber hier hatte niemand eine Ahnung, warum er in der Gegend war. Wenn es etwas mit Anne zu tun hatte, dann hat sie es ganz bestimmt für sich behalten. Vielleicht hat er nur Urlaub gemacht. Ich bin sicher, auch Privatdetektive machen Urlaub.«
»Hätte sie es Ihnen erzählt?«
»Weiß ich nicht. Ich bilde mir nicht ein, dass sie mir ihr ganzes Leben erzählt hat. Unsere Beziehung war eher flüchtig. Ich habe nie erwartet, dass sie mir ihr Herz ausschüttet.«
»Sind Sie sicher, dass es von ihrer Seite nicht ernster war?«
»Todsicher. Sie hat nichts anbrennen lassen.«
»Und Sie?«
Stephen lächelte. »Mir waren die verschlungenen Pfade des schönen Geschlechts nicht neu. Noch einen Drink?«
Hatchley reichte ihm sein leeres Glas, Banks nickte. Er zündete eine Silk Cut an und schaute raus in den Garten. Im Springbrunnen nahmen zwei Spatzen ein Bad.
Obwohl genug Platz war,
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