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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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des Waldes, welcher den See verkündet. Dort hatten wir damals am Abend gelagert, ehe wir früh vollends bis an das Wasser geritten waren. Heut schlugen wir einen Bogen um Wald und See herum, überschritten einen breiten, aber nicht sehr tiefen Bach, welcher den Ausfluß des hochinteressanten Wasserbeckens bildete, ließen die Pferde hier trinken und lenkten sie dann zwischen steilen Felsen nach einer dicht bewaldeten Höhe empor, auf welcher die Stelle lag, die für heute unser Ziel zu bilden hatte. Das ‚Haus des Todes‘ noch zu erreichen war es zu spät, denn es dunkelte bereits so sehr, daß wir uns beeilen mußten, noch vor vollständiger Nacht das Zelt aufzuschlagen und aus Steinen eine Feuerstelle zu errichten, durch welche die Flamme für andere unsichtbar wurde. Übrigens versicherte uns der Kiowa, daß wir hier oben vor Lauschern völlig bewahrt seien. Der Ort, an dem wir uns befanden, gehörte schon zu dem Gebiet, welches nicht betreten werden sollte. Es bedurfte nur noch eines kurzen Abstieges um an das ‚Haus des Todes‘ zu gelangen, doch war dieser Abstieg so steil, daß er während der Abenddämmerung nicht hätte gewagt werden können. Wir waren gezwungen, damit bis morgen früh zu warten. Unten am See lagerten, getrennt voneinander, die Kiowa und die Komantschen. Die Sioux und die Utahs waren noch nicht da, wurden aber für jeden Augenblick erwartet.
    Während der ‚Junge Adler‘ die Pferde besorgte, errichtete ich mit Pappermann das Zelt. Der alte Westläufer befand sich in schlechter Laune. Er hustete und knurrte vor sich hin, als ob er etwas sagen wolle, aber den Anfang nicht finden könne. Darum fragte ich ihn direkt, was mit ihm sei.
    „Was soll mit mir sein!“ antwortete er, doch so, daß ich es allein hörte. „Ich ärgere mich!“
    „Worüber?“
    „Und ich traue nicht!“
    „Wem?“
    „Dem Kiowa!“
    „Warum?“
    „Das fragt Ihr noch? Seht Ihr denn nichts, garnichts? Habt Ihr nicht selbst auch Augen?“
    „Wofür?“
    „Wofür? Sonderbares Fragen! Worüber? Wem? Warum? Wofür? Und auf solche abgerissene Silben soll man eine verständige Antwort geben können! Wißt Ihr, wie lange es her ist, seit wir diesen Kiowa getroffen haben?“
    „Fast sechs Stunden.“
    „Richtig! Und was hat er in diesen sechs Stunden gemacht?“
    „Uns hierhergeführt.“
    „Das meine ich nicht. Das war seine Pflicht. Er hat aber etwas getan, was ganz und gar nicht seine Pflicht gewesen ist! Ja, ganz und gar nicht! Ärgert Ihr Euch nicht auch darüber?“
    „Ich? Es ist mir nichts bekannt, worüber ich mich zu ärgern hätte!“
    „So? Wirklich? Nichts, garnichts? Ist das nichts, wenn dieser Indianer sechs volle Stunden lang unaufhörlich neben Eurer Lady reitet und derart mit ihr spricht, daß sie weder Augen noch Ohren für andere Leute hat, auch nicht für Euch selbst? Ist das wirklich nichts?“
    Also das war es! Er war eifersüchtig auf den Kiowa! Er hatte meine Frau gern, sehr gern, und es machte ihn, den alten, vereinsamten Menschen glücklich, wenn sie sich unterwegs mit ihm ein viertel oder halbes Stündchen unterhielt.
    Um dieses Glück sah er sich heute gebracht. Ich tat aber, als ob ich kein Verständnis dafür habe und antwortete:
    „Ja, das ist allerdings nichts. Es gab während der ganzen Zeit nichts Wichtiges, was ich mit meiner Frau hätte besprechen müssen. Ich ersehe also gar keinen Grund, der mich hätte veranlassen müssen, ihre Unterhaltung mit diesem unserem neuen Freund abzubrechen.“
    „Freund? Freund nennt Ihr ihn? Hm!“
    „Soll ich nicht?“
    „Nein! Man hat vorsichtig zu sein! Ich heiße Maksch Pappermann und bin ein alter, erfahrener Kerl. Ehe ich jemand meinen Freund nenne, pflege ich tage-, wochen - und monatelang zu prüfen! Auch Ihr pflegt sonst außerordentlich vorsichtig zu sein, noch vorsichtiger als ich. Heute aber seid Ihr ganz wie aus- oder umgewechselt. Ich warne Euch! Ich meine es gut! Ich bitte Euch, nehmt es von mir an! Wollt Ihr?“
    „Ja. Sie sollen wieder sechs Stunden lang miteinander reden.“
    „So recht, so recht! Ich finde das außerordentlich vernünftig von Euch. Wenn Ihr in dieser Weise redet, werfe ich meinen Ärger über den Haufen und fange wieder an, zu lachen. Glaubt Ihr, daß wir hier wirklich sicher sind? Nichts zu befürchten haben?“
    „Vollständig sicher.“
    „Es ist doch toll, was für ein Vertrauen Ihr zu diesem Roten habt!“
    „Ihr irrt. Ich vertraue ihm, weil ich mir selbst vertraue. Ich höre nicht auf ihn,

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