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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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See zu trachten hatten, sondern ihn umgehen mußten. Der Kiowa ritt voran, und Pappermann hielt sich an seiner Seite, jedenfalls um ihn auszufragen und kennenzulernen. Ich hörte, daß er sich zunächst bei ihm erkundigte, woher er die Brüder Enters kenne.
    „Ich kenne sie nicht“, lautete die Antwort. „Aber Kiktahan Schonka hat einen Boten gesandt, um seine Ankunft zu melden. Er ließ durch diesen Boten sagen, daß zwei Bleichgesichter eintreffen würden, die Brüder seien und sich verpflichtet hätten, Old Shatterhand, seine Squaw, einen alten, weißen Jäger, der ein blaues Halbgesicht habe, und den ‚Jungen Adler‘ der Apatschen an die Sioux auszuliefern; diese vier seien dem sicheren Tod geweiht. Da machte ich mich auf sie zu retten. Ich entfernte mich einen halben Tagesritt vom See und blieb an einer Stelle, an der sie vorüber mußten, sobald sie kamen. Ich wartete gestern und heute. Da sah ich Euch erscheinen. Die Zahl stimmte: ein Indianer, vier weiße Männer und eine weiße Squaw. Ich ritt auf Euch zu und nahm mir vor, Euch vor allen Dingen von den gefährlichen Brüdern zu trennen. Das ist geschehen.“
    „So glaubt Ihr also, Mr. Burton sei Old Shatterhand?“
    „Ja. Irre ich mich?“
    „Fragt ihn selbst!“
    „Das ist nicht nötig. Wäre er es nicht, so hättet Ihr sogleich mit einem Nein geantwortet. Die Auskunft, die Ihr nicht gegeben habt, ist also deutlich genug.“
    Weiter war nichts zu hören, weil die beiden Voranreitenden jetzt den Schritt ihrer Pferde beschleunigten. Aber das Herzle sagte zu mir:
    „So ist es mit deinem Inkognito also vorbei!“
    „Noch nicht“, antwortete ich.
    „Glaubst du, daß dieser Kiowa schweigt?“
    „Wenn ich es wünsche, ja.“
    „So gefällt er dir?“
    „Gewiß!“
    „Mir auch. Weißt du, er hat so etwas Aufrichtiges und zugleich Wehmütiges an sich. Die Wehmut blickt allerdings fast aus jedem indianischen Auge, aber hier tritt sie doppelt deutlich hervor. Es ist, als ob dieser Mann einen tiefen, andauernden Gram in sich trage. Man sollte helfen können! – Meinst Du nicht?“
    „Hm! Mein Herzle möchte freilich gern allen Leuten helfen, doch ist innerem Kummer nicht so leicht beizukommen, wie du denkst. Man muß ihn vor allen Dingen erst kennenlernen, und du weißt, die Indianer sind verschwiegen.“
    „Oh, was das betrifft, da kennst du mich. Was ich einmal wissen will, das frage ich gewiß heraus!“
    „Ja, leider, leider!“
    „Sogar aus Indianern!“
    „Gewiß, gewiß! Ich kenne dich! Du fragst es heraus, ganz gleich, ob die Menschen weiß oder rot, gelb, grün oder blau aussehen! Aber der hier ist verschwiegen.“
    „Denkst Du?“
    „Ja. Der sagt dir nichts!“
    „Hm! Wollen wir wetten?“
    „Ich wette nie. Das weißt du doch.“
    „Was zahlst du mir, wenn ich schon morgen früh seinen ganzen Kummer kenne?“
    „Was forderst du?“
    „Nochmals fünfzig Mark für unser Radebeuler Krankenhaus!“
    „Kind, werde mir nicht zu teuer!“ rief ich erschrocken aus. „Wieviel zahlst du denn, wenn du morgen früh nichts erfahren hast?“
    „Das doppelte, nämlich zur Strafe hundert Mark!“
    „Das ist freilich höchst anständig, ja sogar nobel! Das Krankenhaus könnte also bei dieser Wette nur gewinnen. Aber woher nimmst du die hundert Mark?“
    „Von meinem Kredit bei dir!“
    „Ich danke, danke! Für Wetten kreditiere ich keinen Pfennig. Versuche es dort mit dem alten Pappermann! Vielleicht gelingt es dir, ihn für dein Krankenhaus zu interessieren!“
    „Der arme Teufel! Hat weder in seinem Hotel noch auf seinem Hotel etwas stehen! So sagte er doch wohl? Übrigens bitte ich dich, ihn von dem Kiowa zu trennen.“
    „Warum?“
    „Weil ich von jetzt an hingehöre!“
    „Ah? Du willst deine Forschung sogleich beginnen?“
    „Ja. Ich muß unbedingt erfahren, was dieser Indianer auf dem Herzen hat. Denke dir, wenn man ihm helfen könnte! Also bitte, ruf Papperman von ihm weg!“
    Ich tat es mit heimlichem Vergnügen, denn es verstand sich für mich ganz von selbst, daß auch der Kiowa den herzlichen Wunsch hegte, sich an meine Frau zu machen und sie so gründlich wie möglich auszufragen. Diese beiden blieben von jetzt an während des ganzen Nachmittages beisammen. Sie fanden sichtlich Gefallen aneinander. Und ich hatte keinen Grund, sie dabei zu stören.
    Das Terrain stieg höher und höher. Wir näherten uns zusehends den Bergen, zwischen denen das ‚Dunkle Wasser‘ liegt. Gegen Abend sahen wir seitwärts von uns die Linie

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