04 - Wohin die Zeit uns treibt
bemerkte Gillian.
„Ja. Gehen wir."
Gillian drängte sich hinter ihm aus dem verräucherten Club in die klare Abendluft. „Worüber habt ihr gesprochen?"
„Nur Erinnerungen an alte Zeiten."
Sie zog eine Braue hoch. „Ich bin sicher, sie waren mehr als überwältigend."
Unwillkürlich musste er lächeln. Desirée hatte ein schwarzes Herz ... aber welche Fantasie! „Sie hatten ihren Reiz."
Gillian schwieg einen Moment, kämpfte mit sich.
Schließlich gab sie auf. „Diese aufgedonnerte Frau ist dein Typ?"
Terence wusste genug über Frauen, um zu wissen, wann Lachen gefährlich war. Stattdessen hüstelte er. „Sagen wir einfach, sie ist ein Typ."
„Ich bezweifle, dass noch viel von ihr übrig bleibt, wenn man ihr erst einmal die drei Make-up-Schichten abkratzt."
„Du brauchst nicht eifersüchtig zu sein, Sweetheart. Wir sind alte Freunde."
„Eifersüchtig?" Sie ließ es klingen wie einen Witz und verachtete sich, weil es keiner war. „Ich bin doch nicht auf eine Frau eifersüchtig, mit der du ...
mit der ..."
„Komm schon, spuck's aus."
Sie schüttelte seinen Arm ab, den er um ihre Schulter gelegt hatte. „Vergiss es. Wofür hast du sie bezahlt?"
„Um einige Informationen auszugraben."
„Wie sollte so eine Frau in der Lage sein, an Informationen zu kommen?"
Terence blickte auf sie herunter, sah, dass sie es ernst meinte, und schüttelte nur den Kopf.
„Diplomatie", sagte er.
Gillian konnte nicht schlafen.
Sie war in Afrika, einem Kontinent, von dem sie bisher nur gelesen hatte. Im Süden lag die Sahara.
Sie war nur Schritte vom Atlantik entfernt, aber auf dieser Seite der Welt war er einfach ein anderer Ozean. Selbst die Sterne waren fremd.
Die Fremdheit machte ihr nichts aus. Während ihrer Kindheit hatte sie oft davon geträumt, in ferne Länder zu reisen, aber sie hatte sich mit Büchern zufriedengegeben. Ihre Entscheidung, in die Staaten zu gehen, hatte sie aus dem Wunsch heraus getroffen, etwas Neues zu sehen, selbstständig zu sein, wie es nie möglich gewesen wäre, wenn sie in Irland bei ihrem Vater geblieben wäre. Sie war nach Amerika gegangen, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen, ihr eigenes Leben zu leben. Nun war ihr Vater krank und ihr Bruder verschwunden.
Gillian zog den Bademantel über und ging auf den Balkon. Und sie war hier in Afrika mit einem Mann, der mit einem Schlag ihre Identität verändert hatte.
Mit einem Seufzer lehnte sich Gillian ans Geländer und blickte hinaus auf die Lichter und Schatten von Casablanca. Er hatte gesagt, er denke nicht daran, irgendetwas zu verbessern, er verrichte nur seinen Job. Warum nahm sie ihm das nicht ab? Es schien doch zu seinem Stil zu passen. Aber es passte nicht zu ihren Gefühlen für ihn.
Fast vom ersten Augenblick an hatte sie sich von ihm angezogen und abgestoßen gefühlt. Da war etwas in seinen Augen - wenn auch selten -, das ihr verriet, er konnte freundlich und fähig zum Mitleid sein. Da war die Art, wie er sie angesehen hatte, oben auf der Wahrsagerpyramide. Ein Teil von ihm war ein Träumer, ein Teil ein eiskalter Realist. Es schien unmöglich, beide unter einen Hut zu bringen.
Was er war, was er machte, verunsicherte sie. Ihr ganzes Leben
hatte sie an richtig und falsch, gut und schlecht geglaubt. Bis sie ihn getroffen hatte, hatte sie nicht gewusst, wie viele Schattierungen dazwischen es geben konnte. Und sie hätte nicht im Traum daran gedacht, von einem Mann angezogen zu werden, der in diesen Schattierungen zu Hause war.
Aber es war eine Tatsache, eine unumstößliche Tatsache, dass sie von ihm angezogen wurde, ihm vertraute und glaubte. Sie konnte ihre Gefühle nicht in ein Labor tragen, sie auseinandernehmen, sie analysieren. Zum ersten Mal in ihrem Leben stand sie vor einem Problem, das nicht mit Logik oder experimenteller Untersuchung zu lösen war. Und der Name des Problems war Terence O'Hara.
Sie war eifersüchtig gewesen, wahnsinnig eifersüchtig, als diese Frau im Club über Terence hergefallen war. Als sie intim auf Französisch mit ihm geflüstert und ihn gestreichelt hatte, hätte Gillian sie am liebsten bei den gelackten Haaren gepackt und fortgeschleift. Das lag eigentlich nicht in ihrer Natur. Oder sie hatte es bisher nicht gewusst.
Natürlich kannte sie Eifersucht. Aber was sie heute Abend empfunden hatte, war heiß und gewalttätig gewesen und kaum zu beherrschen.
Dabei war sie nicht auf das exotische Aussehen der Frau oder ihren geschmeidigen Körper eifersüchtig gewesen, sondern
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