04 - Wohin die Zeit uns treibt
bekommt, Gillian?"
Sie befeuchtete sich die Lippen. „Ich weiß nicht, was du meinst."
„Hast du vor, jeden damit zu impfen? Das ist nicht praktisch, wahrscheinlich nicht einmal
durchführbar. Vielleicht sollten wir nur die Länder nehmen, deren politische Grundsätze sich mit unseren decken. Sollen wir es auch den Alten und Kranken geben? Es wird teuer. Wer zahlt? Der Steuerzahler? Will der auch diese Schutzimpfung für Kriminelle bezahlen? Gehen wir ins Gefängnis, verpassen dem Massenmörder einen Schuss in den Arm? Wie wählen wir aus?"
„Es muss nicht auf diese Art laufen."
„Es muss nicht, aber normalerweise ist es so, nicht wahr? Die Welt ist nicht perfekt, Doc. Sie wird es nie werden."
Sie wollte glauben, dass es doch so war. Langsam ging sie zu ihm. „Was hat dich desillusioniert, Terence? Was hat dich dazu gebracht, nicht mehr daran zu glauben, dass das, was du tust, die Sachlage nicht ändern könnte?"
„Weil es so ist. Oh, vielleicht kann es das für eine Weile, vielleicht hier und da, doch auf lange Sicht bedeutet alles einen Dreck." Er wollte nach einer neuen Zigarette greifen, stieß aber die Packung zur Seite.
„Ich schäme mich nicht wegen dem, was ich getan habe, aber das bedeutet nicht, dass ich stolz darauf bin. Ich bin einfach nur müde, ich habe es satt."
Sie saß ihm gegenüber, nicht länger ihrer eigenen Gedanken sicher, ihrer eigenen Ziele. „Ich bin Wissenschaftlerin, Terence. Soweit es Horizon angeht, war mein Einfluss nicht groß. Ich weiß aber, die Vision meines Vaters war, mit seiner Arbeit etwas Gutes auf Dauer hervorzubringen. Vielleicht den Frieden, den wir angeblich alle wollen und zu dessen Sicherung wir doch so wenig tun."
„Du bekommst keinen Frieden durch ein Serum, Doc."
„Nein, vielleicht nicht. Einige der Fragen, die du gestellt hast, habe ich mir selbst gestellt, aber ich bin dabei nicht sehr weit gekommen. Vielleicht habe ich in meinem Leben nicht genug getan, um desillusi- oniert zu sein." Sie schloss für einen Moment die Augen, weil nichts klar schien, und vor allem nicht ihr Leben. „Ich weiß nicht genug von dem, was du tust - getan hast -, um es zu verstehen.
Ich muss es in gutem Glauben nehmen. Ich glaube, dass du auf weite Sicht einiges zum Guten geändert hast. Du hast noch mehr von einem Träumer, als du zugeben willst. Du kannst nicht die Welt verändern -
niemand kann es von uns -, aber kleine Teile davon." Sie wollte ihm die Hand hinstrecken, doch sie hatte Angst vor seiner Zurückweisung. „Diese letzten Tage mit dir waren für mich von großer Bedeutung."
Er wollte glauben. Aber er hatte Angst davor. „Du romantisierst wieder, Doc."
„Nein, ich bin so ehrlich, wie es mir überhaupt möglich ist. So logisch, wie die Situation es erfordert. Du hast Einfluss auf mich ausgeübt, auf die Art, wie ich denke, die Art, wie ich fühle, die Art, wie ich handle." Sie presste die Lippen aufeinander.
Hatte er überhaupt eine Vorstellung davon, wie schwer es für sie war, sich auf diese Weise bis auf die nackte Haut zu entblößen? Sie räusperte sich, redete sich ein, dass es ihr nichts ausmachte. Sie setzte alles auf eine Karte. „Ich habe mich vorher noch nie einem Mann aufgedrängt."
„Ist es das, was du tust?" Er nahm eine Zigarette, spielte aber nur mit ihr. Er wollte sich lässig geben, sogar amüsiert, doch die schmerzende Sehnsucht breitete sich aus.
„Für jeden anderen wäre es offensichtlich." Sie musste aufstehen, sich bewegen. Warum kam es ihr so vor, als müsste sie in ihrem Leben immer um Zuneigung feilschen und betteln? „Ich habe dich nicht um ein Versprechen gebeten." Obwohl sie es wollte. „Ich habe dich nicht um Liebes- oder Treuegelübde gebeten." Aber sie würde ihm eines geben, wenn er fragte. „Ich habe dich nur gebeten, ehrlich zu sein, um ... um ..."
„Mit dir zu schlafen?" Die Zigarette zerbrach zwischen seinen Fingern, und Terence ließ die Teile in den Aschenbecher fallen. „Ich habe dir schon dargelegt, warum das nicht drin ist."
„Du hast mir einen Haufen dummer Sprüche über unsere Unterschiede gegeben. Ich will dich nicht als Zwilling." Sie holte tief Luft. „Ich will dich als Liebhaber."
Begehren und Sehnsucht setzte sich in ihm so fest, dass er eine bewusste Anstrengung machen musste, um aufzustehen und zu ihr zu gehen. Ich mache es schnell, versprach er sich, ich mache es grausam und löse es für uns.
„Eine schnelle und hemmungslose Balgerei zwischen den Laken? Unkomplizierter Sex ohne
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