040 - Paris, Stadt der Sünde
Röcken verborgen. Ihre großen Augen leuchteten lasziv im Kerzenschein.
Rohan wollte den jungen Mann nicht stören, der sie verwöhnte. Seiner Hinteransicht nach zu urteilen, handelte es sich um Milord Valancey, gute fünfzehn Jahre jünger als ihr letzter Liebhaber. Er gestattete sich ein müdes Lächeln und schüttelte den Kopf.
Diese Frau war unersättlich. Nur gut, dass sie sich einen jungen Bock erwählt hatte, dann würde sie ihn nicht belästigen.
Aus dem kleinen Ballsaal drang lustvolles Jauchzen herüber, was ihm letztlich einerlei war. Er wollte seine gefangene Prinzessin aufsuchen. Vielleicht konnte er sie überreden, das Haar für ihn zu lösen.
Sanfte Geigenklänge aus der Ferne umschmeichelten sein Ohr. Vor Kurzem hatte er entdeckt, wie angenehm es war, den Paarungsakt mit Musikbegleitung zu vollziehen, was er seinen Gästen nicht vorenthalten wollte. In dem kleinen Kabinett, das er gern sein Abendboudoir nannte, spielte nun ein Streichquartett Kammermusik. Vor langer Zeit hatte er dieses Zimmer als Damenkabinett einrichten lassen mit einer Chaiselongue, wo die Dame des Hauses sich mit erbaulicher Lektüre ausruhen konnte, und mit einem zierlichen Schreibtisch, um ihre Korrespondenz zu erledigen.
Aber in seinem Haus lebte keine junge Dame, und die Chaiselongue wurde für andere Betätigungen zweckentfremdet. Der Schreibtisch war entfernt, und die nach Osten weisenden Fenster waren mit schwarzen Tüchern verhängt, um neugierige Blicke fernzuhalten.
Er schlenderte durch den Spielsalon, widerstand der Versuchung, sich zu einer Partie Piquet überreden zu lassen, und begab sich in die zweite Etage. Ihm stand der Sinn mehr nach einer Plauderei mit seinem scheuen Hausgast.
Mit ihr ein Gabelfrühstück zu nehmen war ... erbaulich gewesen. Sie hatte ihn argwöhnisch beäugt wie eine Füchsin in Erwartung seines Angriffs, während er die Rolle des aufmerksamen Gastgebers spielte. Jede andere Frau hätte er mit seiner Liebenswürdigkeit in Sicherheit gewiegt, auch dies ein Grund, warum er keine andere begehrte. Elinor hatte ihn wachsam beobachtet mit ihren braunen, skeptischen Augen und nur darauf gewartet, dass er seine Grenzen überschritt.
Worauf er natürlich tunlichst verzichtet hatte. Nach dem Mahl hatte Antoine sie wieder in ihre Suite getragen, und seither hatte er nichts mehr von ihr gehört. Man hatte ihm berichtet, sie habe um ein leichtes Abendessen gebeten, abgesehen davon schien sie sich in ihrer Einsamkeit wohlzufühlen.
Er hatte sich vorgenommen, dies zu ändern.
In der Stunde vor Mitternacht pulsierte in der Metropole Paris noch immer das Nachtleben – in allen Stadtteilen läuteten Kirchenglocken durch die kalte Winternacht. Als er sich ihrer Tür näherte, schlug eine Turmuhr elf. Zu seiner Verwunderung spürte er ein leichtes Regen in seinen Lenden. Er konnte sich zwar stets auf seinen Geschlechtstrieb verlassen, was immer er auch forderte. So heftig hatte er dieses erwartungsvolle Regen allerdings seit Jahren nicht verspürt. Ein Verlangen, das vermutlich auch heute Nacht nicht gestillt werden würde.
Elf Uhr, die Stunde vor Mitternacht. Die Magd, die er ihr als Zofe zugeteilt hatte, saß auf einem Stuhl vor ihren Gemächern und erhob sich bei seinem Erscheinen. „Du kannst gehen“, sagte er leise.
„Wohin, Monsieur le Comte?“
„Sehe ich aus, als würde mich das interessieren?“, fragte er sarkastisch. „Jedenfalls weit genug weg, um nicht jedes Wort unserer Unterhaltung zu hören, und nah genug, um zur Stelle zu sein, wenn Madame dich ruft.“
„Sehr wohl, Monsieur.“ Sie machte einen ehrerbietigen Knicks und entfernte sich eilig.
Die Tür war versperrt. Der Schlüssel steckte innen im Schloss, vermutlich hatte sie auch noch eine Stuhllehne unter die Klinke geklemmt. Er lachte leise in sich hinein, die angenehme Spannung in seinen Lenden verstärkte sich. Er liebte solche Spiele.
Außer den Türen vom Flur zu ihrer Suite gab es noch zwei Geheimtüren. Diese Gemächer hatte einst seine Großtante bewohnt, deren Verschleiß an Liebhabern selbst die sittenlose Pariser Gesellschaft in Erstaunen versetzte. Ein kühner junger Kavalier fand stets Zugang zu ihrem Liebesnest.
Die erste Geheimtür hatte Elinor offenbar entdeckt und blockiert, ein mit Schnitzereien versehenes Holzpaneel im Korridor, das zur Seite glitt, wenn man am Kopf eines Barockengels drehte. Tant pis , dachte er gelassen. Die zweite Geheimtür führte vom Salon durch einen Bücherschrank, der sich
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