040 - Paris, Stadt der Sünde
streckte sich neben ihr aus.
„Autsch!“, protestierte sie. „Müssen Sie so viele Juwelen tragen? Die Steine kratzen.“
„Natürlich nicht, mein Täubchen. Er öffnete die Diamantknöpfe seines Überrocks und streifte ihn ab. An diesem Abend hatte er einen weniger schmal geschnittenen Rock gewählt, um sich ohne Hilfe an- und auskleiden zu können. Er legte das Kleidungsstück aus kostbarem Brokat vorsichtig auf das Parkett, mit einem Lächeln beim Gedanken daran, dass sein Kammerdiener einen Ohnmachtsanfall erleiden würde.
Er lehnte sich in die Polster zurück, dicht neben ihr. „Wollen wir fortfahren?“
Sie wandte ihm ihr Gesicht zu. Im milden Kerzenschein konnte er die goldenen Einsprengsel in ihren rebellischen braunen Augen erkennen.
Ihre Schultern berührten einander, und sie versuchte, Abstand zu gewinnen, doch der Platz reichte nicht aus. „Dann gab es noch einen jungen Verehrer meiner Mutter ...“
„Nicht so hastig, meine Liebe. Sie erzählen mir die Abenteuer eines sündigen jungen Mädchens. Ich will Näheres darüber wissen. Haben Sie sich in den Musiklehrer verliebt?“
„Na... natürlich.“ Sie zögerte unschlüssig. „Wie schon erwähnt, war er sehr schön und überaus freundlich.“
Keine passenden Worte, um einen Liebhaber zu beschreiben, dachte er. „Gut.
Erzählen Sie weiter. Wo habt ihr euch heimlich getroffen?“
Das war keine schwer zu beantwortende Frage. Zweifellos hatte es den schönen, überaus freundlichen Musiklehrer gegeben. Zweifellos hatte sie sich Träumereien über ihn hingegeben. Zweifellos hatte er sie nie berührt.
„Anfangs in meinem Schlafzimmer. Nach dem Klavierunterricht schlich er sich heimlich in mein Zimmer.“
„Und wie hat es sich angefühlt? Hat es wehgetan?“
Sie wandte sich ihm entrüstet zu. „Natürlich hat es wehgetan. Aber das hat nichts zu bedeuten bei wahrer Liebe.“
„Natürlich nicht“, bestätigte er beschwichtigend. „Er hat Ihnen also in Ihrem Bett die Jungfräulichkeit genommen, und er war zärtlich und schön. Aber es war auch schmerzhaft. Wie oft habt ihr es miteinander getrieben?“
Sie zog die Stirn kraus. „Einmal.“
„Einmal beim ersten Mal oder nur einmal mit dem Musiklehrer?“
Er spürte ihre wachsende Unruhe. Sosehr sie sich bemühte, Abstand zu ihm zu halten, fühlte sie seine Körperwärme durch den Stoff ihrer weiten Röcke.
„Aber nein, viele, viele Male“, antwortete sie stockend. „Wir machten es in meinem Schlafzimmer, im Musikzimmer, in...“
„Wo im Musikzimmer?“
Sie bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. „Unter dem Pianoforte. Auf dem Pianoforte. Leider erwischte uns Nanny Maude, und meine Mutter entließ den Musiklehrer, und ich habe ihn nie wiedergesehen.“
„Wie tragisch“, murmelte er. „Aber ich bewundere Ihre Erfindungsgabe. Wer war der Nächste?“
„Ein Schauspieler an der Comédie Francaise. Pierre du Clos. Er war auch sehr schön – dunkle Locken und ein engelsgleiches Lächeln.“
Rohan amüsierte sich königlich. Seine Scheherazade war eine begabte Märchenerzählerin. „Augenscheinlich bevorzugen Sie schöne Männer, welch ein Segen für mich.“
Sie sah ihn wieder an. „An übersteigerten Selbstzweifeln scheinen Sie nicht zu leiden.“
„Wieso sollte ich? Dazu besteht keine Veranlassung. Sie wissen ebenso wie ich, dass ich eine blendende Erscheinung bin.“ Er ließ seine Spitzenrüschen am Handgelenk flattern. „Mein Kammerdiener gibt sich die größte Mühe, mich prächtig herauszuputzen, und wäre zutiefst in seiner Ehre gekränkt, wenn seine Bemühungen nicht gewürdigt werden. Aber vielleicht muss ich ihn entlassen.“
„Das ist nicht nötig“, protestierte Elinor verstimmt. „Sie sind sehr schön. So schön, dass Sie Ihre Gäste beschämen, wenn Sie wie ein stolzer Pfau herumstolzieren und alle anderen aussehen lassen wie eine Schar unscheinbarer brauner Hühner.“
„Sehen Sie sich als unscheinbares braunes Huhn, meine Süße?“
„Mich so zu sehen wäre ein schwerer Fehler“, parierte sie schlagfertig.
Er lächelte. „Ich mache nur selten Fehler, meine Teuerste. Und ich unterschätze Sie keineswegs. Ich weiß genau, wie gefährlich Sie sind.“
„Und warum lassen Sie mich dann nicht frei?“
„Sie frei lassen? Mir ist gar nicht bewusst, dass ich Sie gefangen halte. Und wohin, wenn ich fragen darf, wollen Sie gehen?“
Sie biss sich auf die Unterlippe. „Vielleicht könnten Sie mich kurzfristig in Ihrem Château wohnen
Weitere Kostenlose Bücher