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040 - Paris, Stadt der Sünde

Titel: 040 - Paris, Stadt der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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brachte.“
    „Richtig. Und ich habe ihn großgezogen. Ich bin ihm aus England gefolgt, als er ins Exil musste, und seitdem kümmere ich mich um ihn.“ Sie stellte die Stiefel ans Feuer.
    Es musste ihr auffallen, dass die Sohlen Löcher aufwiesen, aber sie machte keine Bemerkung darüber, richtete sich auf und musterte Elinor scharf. „Sie brauchen dringend heißen Tee und etwas zu essen.“
    „Nein, danke, ich bleibe nicht lang“, widersprach Elinor, obwohl ihr vor Hunger bereits flau im Magen war.
    Mrs Clarke glich in ihrer Halsstarrigkeit, Einwände zu ignorieren, geradezu verblüffend ihrem Dienstherrn. „Es dauert nur ein paar Minuten. Sie bleiben brav sitzen und wärmen sich. Master Francis’ Koch ist zwar Franzose bis in die Knochen, aber wenigstens versteht er sich darauf, Zimttoast und starken englischen Tee zuzubereiten. Sie brauchen dringend Ruhe, Miss Harriman.“
    Damit hatte die gute Frau weiß Gott recht. Elinor konnte sich nicht erinnern, wann sie zum letzten Mal eine Nacht durchgeschlafen hatte. Ihre Mutter neigte dazu, nachts ruhelos hin und her zu wandern. Erst vor einer Woche war sie im Nachthemd durch die nächtlichen Straßen geirrt und hatte etwas davon gestammelt, zu spät zu einer Abendgesellschaft zu kommen. Elinor hatte sie aufgegriffen und nach Hause gebracht. Den Rest der Nacht hatte sie sitzend im Bett zugebracht, um zu verhindern, dass ihre Mutter sich erneut auf Wanderschaft begab. Eigentlich hätte man sie festbinden müssen, aber Lady Caroline weckte die ganze Nachbarschaft mit ihrem fürchterlichen Gezeter auf, wenn man sie in ihrem Freiheitsdrang einschränkte.
    Mrs Clarke erschien mit einer Kanne Tee und gebutterten, mit Zimt bestreuten Toastscheiben, deren köstlicher Duft Elinor das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ.
    „Da bin ich wieder“, verkündete die Haushälterin vergnügt und stellte das Tablett auf einen zerkratzten Beistelltisch neben sie. „Jetzt geht es Ihnen schon besser, wie? Ich bringe Ihnen eine Decke, damit Sie es warm und gemütlich haben und sich keine Erkältung holen.“
    Elinor fror immer noch und war so verwirrt, dass sie am liebsten in Tränen ausgebrochen wäre. Was war nur los mit ihr? Hatte der Hausherr ihr heimlich Drogen verabreicht? Sie hatte davon gehört, dass er und seine lasterhaften Freunde ahnungslose junge Mädchen mit berauschenden Giften gefügig machten. Aber die schönen, spärlich bekleideten Frauen, auf die sie bei ihrem Rundgang durch das Schloss einen kurzen Blick geworfen hatte, ließen ihr diesen Gedanken absurd erscheinen. Dieser Mann hatte kein Interesse an einer mageren reizlosen Frau mit langer Nase.
    Im nächsten Moment wurde sie in eine warme Kaschmirdecke gepackt. „Armes Ding!“, gurrte Mrs Clarke fürsorglich. „Auch wenn es mir nicht zusteht, setze ich mich ein Weilchen zu Ihnen. Sie sind ja beinahe zu schwach, um sich eine Tasse Tee einzugießen. Und Master Francis war nie jemand, der besonderen Wert auf Förmlichkeiten legte.“ Sie ließ sich in den Sessel neben Elinor plumpsen und nahm die gestrickte Wärmehaube von der Steingutkanne.
    „Sie wundern sich wohl über die Teekanne, wie?“ Mrs Clarke goss eine Tasse des dampfenden starken Gebräus ein und gab ordentlich Sahne und Zucker dazu. „Ich habe sie aus England mitgebracht, weil ich dachte, Master Francis freut sich über ein Erinnerungsstück aus der Heimat. Er war so jung, der Ärmste, als er seine Familie, sein Elternhaus und sein Vaterland verlor.“
    Elinor wollte keine Fragen stellen. Die Extravaganzen adeliger Emigranten in Paris waren nicht ihre Welt und interessierten sie nicht. „Aha“, meinte sie unverbindlich.
    „Nun ja“, fuhr Mrs Clarke redselig fort. „Sie wollen nicht über ihn sprechen, das kann ich Ihnen nachfühlen. Er ist wirklich ein schlimmer Junge. Aber er hat auch guten Grund dazu.“
    „Ich kann mir keinen plausiblen Grund denken für sein ...“ Für sein zügelloses Leben, lag ihr auf der Zunge, aber sie besann sich eines Besseren. „... für sein Verhalten“, sagte sie stattdessen ausweichend.
    „Wie sollten Sie auch? Sie sind zu jung, um sich zu erinnern.“ Mrs Clarke schüttelte wehmütig den Kopf. „Aber nun trinken Sie Ihren Tee und essen sich satt, und dann sorgen wir dafür, dass Sie wohlbehalten nach Hause kommen“, erklärte sie mit Bestimmtheit.
    Elinor musste sich beherrschen, um nicht nachzufragen. Zu jung, um sich woran zu erinnern? Welchen Grund mochte er gehabt haben, ins Exil zu gehen? Ein

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