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040 - Paris, Stadt der Sünde

Titel: 040 - Paris, Stadt der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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mit aller Kraft dagegen. „Sagen Sie Seiner Lordschaft, Miss Harriman wünscht ihn zu sprechen.“
    Der Blick des hochnäsigen Butlers flog zum Pritschenwagen auf der Straße und wieder zu ihr. „Diesen Namen höre ich zum ersten Mal“, erklärte er blasiert.
    „Melden Sie mich trotzdem ...“ Die Tür fiel ins Schloss, und sie stand wütend und frierend davor. „Na gut“, fauchte sie zähneknirschend. „Sie wollten es nicht anders.“
    Sie stapfte die schneebedeckten Stufen wieder hinunter, dankte im Stillen Mrs Clarke für die entwendeten Stiefel und kletterte wieder auf den Kutschbock. „Zum Dienstboteneingang, Roland, wenn’s recht ist.“

    In ihrem Leben hatte sie viele widrige Dinge erlebt, viele demütigende Situationen, aber nie zuvor war sie gezwungen gewesen, ein Herrenhaus durch den Dienstboteneingang zu betreten. Sie war im Landhaus ihres Vaters aufgewachsen, hatte in eleganten Pariser Wohnungen gelebt, wo ihre Mutter sich mit ihren Liebhabern vergnügte, ohne sich um ihre Kinder zu kümmern. Und es war Nanny Maude und Elinor überlassen, die kleine Lydia großzuziehen. Im Lauf der Jahre wurden die Wohnungen bescheidender und schäbiger, aber die Welt der Dienstboten hatte sie bislang noch nicht kennengelernt.
    Im hinteren schmalen Flur war es warm und sauber. Aus der Küche hörte sie die Stimmen der Küchenmägde und das Klappern von Geschirr und Töpfen, und Elinor sehnte sich nach der Geborgenheit ehrlicher Arbeit. Vielleicht könnte sie sich um eine Stellung im Haushalt bewerben. Als Stubenmädchen wäre sie zu ungeschickt, als Näherin taugte sie auch nicht viel, geschweige denn als Zofe, und als Köchin wäre sie völlig unbrauchbar. Vielleicht könnte sie als Küchenmagd arbeiten. Unter der strengen Aufsicht einer Köchin könnte sie ...
    „Madame?“, unterbrach Roland ihre Grübeleien. „Die Stiege am Ende des Flurs führt in die Eingangshalle. Hüten Sie sich davor, Cavalle zu begegnen. Er führt ein sehr strenges Regiment.“
    „Gott segne Sie, Roland“, dankte sie ihm. „Ich wünschte, ich hätte Geld ...“
    „Das ist nicht nötig. Ich habe Ihnen gern einen Gefallen getan, Madame“, antwortete er mit einer Verbeugung.
    Elinor drückte ihm einen Kuss auf die wettergegerbte Wange und wurde mit einem breiten Grinsen belohnt. Dann drehte sie sich um und begab sich auf die Suche nach dem Herrn des Hauses.
    Auf leisen Sohlen eilte sie die schmale Holzstiege hinauf und zögerte an einer geschlossenen Tür. Im Haupthaus wollte sie sich auf die Suche nach ihm begeben, aber wie sollte sie ein Gespräch beginnen, wie erklären, dass sie sich heimlich in sein Haus geschlichen hatte? Hoffentlich begegnete sie diesem blasierten Butler kein zweites Mal, diesem ... eingebildeten Affen. Sie holte tief Atem, öffnete leise die Tür und betrat die Höhle des Löwen.
    Wohlige Wärme und der goldene Schein unzähliger Bienenwachskerzen empfingen sie. Genau solche Kerzen hatte er in ihre armselige Behausung liefern lassen, zusammen mit Brennholz und köstlichen Speisen, auf die sie in ihrer Eile, den ungebetenen Wohltäter zur Rede zu stellen, verzichtet hatte. Plötzlich wurde ihr vor Hunger flau im Magen. Außer den Toastscheiben am Morgen und einem Rosinenbrötchen vor mehr als einer Stunde hatte sie nichts gegessen. Sie fühlte sich geschwächt, als wäre sie stundenlang gelaufen, und hätte alles darum gegeben, sich in ein warmes Bett zu legen und tagelang zu schlafen. Ja, sie hätte alles geopfert, nur nicht die Ehre ihrer Schwester ... und ihre eigene, so viel davon noch übrig war.
    Sie schloss die Tür hinter sich und begab sich energischen Schrittes auf die Suche, durchquerte eine Reihe ineinandergehender repräsentativer Räume mit glänzend polierten Parkettböden und Spiegeln in reich verzierten goldenen Barockrahmen, die bis zur hohen Stuckdecke reichten. Sie kannte Beschreibungen von der prunkvollen Ausstattung in Schloss Versailles, vor allem Schilderungen des berühmten Spiegelsaals. Dieses prachtvolle Haus konnte sich gewiss damit messen. Lord Rohan musste unermesslich reich sein.
    Schließlich erreichte sie eine geschwungene Marmortreppe und begann zögernd, die breiten Stufen hinaufzusteigen, hielt sich nahe der verschnörkelten Balustrade, um sich notfalls vor einem übereifrigen Diener zu verstecken. Aber zu dieser Abendstunde würden sich die Diener im Personaltrakt aufhalten und nur erscheinen, wenn sie gerufen wurden.
    Im ersten Stock wanderte sie durch einen breiten

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