040 - Paris, Stadt der Sünde
Comtes. Regen Sie sich bitte nicht auf, das sind nur ausrangierte Möbel vom Speicher.“
„Trotzdem können wir sie nicht annehmen. Ich spreche mit ihm.“
„Ich nehme Sie mit, wenn Sie wünschen“, bot Roland ihr an.
Elinor beäugte ihn misstrauisch. „Hat er Sie beauftragt, mich zu ihm zu bringen?“
„Ich spreche nicht persönlich mit dem Comte, Madame“, antwortete er bescheiden.
„Nur sein Butler. Und niemand hat etwas davon erwähnt, Sie zu ihm zu bringen. Ich wollte nur höflich sein.“
Sie blickte ihn lange an. Die Nacht war kalt, es schneite, und Lord Rohans Haus zu finden wäre vermutlich nicht einfach. Sie hatte keine Wahl – je mehr Geschenke hereingeschleppt wurden, desto mühsamer wäre es, sie wieder loszuwerden. Es ging nicht nur um Lydias Ruf, der Schaden nehmen würde, wenn jemand aus der Nachbarschaft von den Geschenken erfuhr. Elinor wollte auf keinen Fall in die Fußstapfen ihrer liederlichen Mutter treten, die sich ihr ganzes Leben von reichen Männern hatte aushalten lassen.
Rohan würde natürlich nicht auf sie hören, mochte sie ihm die Situation auch noch so deutlich vor Augen führen. Es wäre klüger, den Dingen ihren Lauf zu lassen, sich in einen der neuen Sessel vor dem Kamin zu kuscheln und die Wohltaten anzunehmen.
Was bedeuteten schon Ehrbarkeit und Würde, wenn ihre Familie am Verhungern war?
Aber es gab immer noch diesen unbekannten Cousin, der demnächst in Paris erwartet wurde. Ihre Lage war nicht völlig hoffnungslos. Elinor würde sich damit einverstanden erklären, die Geschenke anzunehmen, aber kein Stück mehr, und das wollte sie dem Comte klarmachen.
„Gehen wir“, sagte sie. „ Allons-y.“
Die Fahrt aus dem Armenviertel in die eleganten Straßen von Paris war erstaunlich kurz angesichts der Tatsache, dass Welten zwischen den beiden Stadtvierteln lagen.
Aber das war auch gut so, denn Rolands Gefährt war ein offener Pritschenwagen, und Elinor musste auf dem Kutschbock neben dem Fahrer sitzen, und der Wind schien mit jedem Atemzug eisiger zu wehen. Sie hörte sich seine Geschichten von seinem erwachsenen Sohn an, von seinen Enkelkindern und seinen rheumatischen Knien. Als er die Pferde zügelte, schlotterte sie vor Kälte an allen Gliedern.
„Da wären wir, Madame“, sagte er, als der Wagen hielt. „Soll ich Sie begleiten? In diesem Haus sind Leute wie wir am Haupteingang nicht willkommen.“
Leute wie wir? fragte sie sich pikiert. Aber er hatte natürlich recht. Dieser Arbeiter war anständiger gekleidet als sie – einfach, aber sauber und nicht zerschlissen, während sie sich zu allem Überfluss vorhin auch noch ihren Rock an einem vorstehenden Nagel zerrissen hatte.
Elinor wurde unschlüssig. Wieso sollte ein Mann von Rohans Reichtum und Ansehen ruchlose Absichten angesichts einer jungen Frau hegen, die unter ärmlicheren Bedingungen lebte als seine Bediensteten?
Andererseits kannte dieser dekadente Aristokrat keine menschliche Regung. Ihm ging es ausschließlich darum, seine Gelüste zu befriedigen – Begriffe wie Nächstenliebe waren ihm fremd. Elinor vermutete, dass er irgendwann in seiner Jugend ein Leid erfahren hatte, das ihn zu dem abgebrühten Mann gemacht hatte, der er heute war. Und dieser Mann war gefährlich.
„Er wird mich empfangen“, erklärte sie mit gespielter Zuversicht und kletterte vom Kutschbock, bevor Roland ihr die Hand reichen konnte.
„Nur für den Fall, Madame. Ich warte hier auf Sie.“
„Das ist nicht nötig ...“
„Nur für den Fall.“
„Sie sind ein guter Mensch, Roland“, sagte Elinor. „Ich werde Monsieur le Comte bitten, Ihren Lohn zu erhöhen.“
„Der Comte bezahlt mich sehr gut. Und ich tue das für Sie, nicht für ihn.“ Er warf einen missmutigen Blick auf das prachtvolle Herrenhaus. „Gehen Sie jetzt besser, Madame. Sie frieren erbärmlich.“
Elinor begann, die breite Treppe zum Portal hinaufzusteigen und erwartete, dass Stimmengewirr, Gelächter und Musik durch die erleuchteten Fenster dringen würden. Aber das Haus wirkte still und beschaulich.
Noch ehe sie den schweren Messingklopfer bediente, wurde das Portal von einem makellos gekleideten Butler geöffnet, der sie missbilligend von Kopf bis Fuß musterte, als sei sie der letzte Abschaum. Vermutlich ein hochnäsiger Franzose.
Seine ersten Worte bestätigten ihre Annahme. „Der Dienstboteneingang befindet sich hinten am Haus“, wies er sie näselnd ab und wollte ihr die Tür vor der Nase zuschlagen.
Elinor stemmte sich
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