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040 - Paris, Stadt der Sünde

Titel: 040 - Paris, Stadt der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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„Antoine, bring Miss Harriman in den grünen Salon.“
    „Sehr wohl, Mylord.“ Antoine näherte sich ihr, um den Befehl seines Herrn auszuführen.
    Elinor fixierte ihn scharf, worauf Antoine sichtlich betreten zögerte. „Wenn Sie mich anfassen, werden Sie es bereuen“, fauchte sie. Der arme Kerl wirkte so verängstigt, dass er ihr schon wieder leidtat.
    „Sie schikanieren meine Dienstboten? Sie lernen aber schnell.“ Er gab dem Diener mit seiner eleganten bleichen Hand einen Wink. „Du kannst gehen, Antoine. Die Dame möchte offenbar von mir persönlich getragen werden.“
    Elinor gab sich geschlagen. „Nein, danke. Antoine, bitte tragen Sie mich.“

    Der Hüne gehorchte erst nach Rohans Kopfnicken. „Sie enttäuschen mich, ma belle “, murmelte er. „Sie sind zwar kein Leichtgewicht, aber ich habe Sie schon mehrmals getragen. Aber wenn Sie den jungen Antoine vorziehen, bitte sehr.“
    Antoine hatte sie bereits mit der nötigen Ehrerbietung in die Arme gehoben. „Wann haben Sie mich getragen?“, wollte sie wissen.
    „Aus Ihrem brennenden Haus, meine Süße. Und nochmals, als Sie in meinem Flur in Ohnmacht sanken.“
    „Ich bin noch nie in meinem Leben in Ohnmacht gesunken“, entrüstete sie sich.
    „Seien Sie unbesorgt. Ich habe Sie in Ihr Zimmer getragen und es zum großen Teil den Mädchen überlassen, Sie zu entkleiden. Ihre Tugend hat durch mich keinen Schaden genommen.“
    „Zum großen Teil?“, wiederholte sie eisig. „Ich erinnere mich an nichts.“
    „Sei’s drum“, meinte er leichthin. „Bring sie weg, Antoine. Ich habe noch etwas zu erledigen. Sie wird eine Beschäftigung finden, solange sie auf mich wartet. Kümmere dich darum.“
    Mit anderen Worten, Antoine sollte ihren Gefängniswärter spielen, damit musste sie sich abfinden. Sie hatte sich dem Herrn der Finsternis ausgeliefert, und nun saß sie in der Falle. Wenigstens schien sein Interesse sich darauf zu beschränken, Katz und Maus mit ihr zu spielen. Es machte ihm Spaß, sie ein bisschen laufen zu lassen, um dann seine Krallen wieder in sie zu schlagen.
    Allerdings gaben Mäuse keine scharfen Widerworte und wehrten sich nicht. Das war der Unterschied. Er wünschte Unterhaltung, Abwechslung von seiner Langeweile?
    Die sollte er haben. So gründlich, dass er nachts die Lichter nicht löschen würde, aus Angst, sie könne ihm einen Dolch zwischen die Rippen jagen.
    Ja, auch sie konnte mit ihm spielen. Sie war nicht kräftig genug, ihn zum Duell zu fordern, und sie besaß keine Waffe. Aber sie war entschlossen, ihm das Leben zur Hölle zu machen.
    Mr Mitchum war ein vielbeschäftigter und beflissener Jurist. Sein Wirkungskreis umfasste rechtliche Auseinandersetzungen um Grundstücke und Vermögenswerte, keine alltäglichen Straftaten kleiner Verbrecher. Seine Klientel bestand vorwiegend aus adeligen Emigranten, die in Paris Zuflucht gefunden hatten. Viele junge Herren aus begüterten Familien führten ein ausschweifendes Leben, und eine seiner Aufgaben bestand darin, dafür zu sorgen, dass ihre Verschwendungssucht sie vor einem längeren Aufenthalt in einem französischen Gefängnis bewahrte. Im Großen und Ganzen übte er seinen Beruf gerne aus.
    Nur sein neuester Fall machte ihm zu schaffen. Rechtsanwälte waren es gewohnt, von ihren Mandanten belogen zu werden, das war ihm nichts Neues. Allerdings war ihm bislang noch kein Fall von arglistiger Täuschung und Veruntreuung von solch ungeheuerlichem Umfang untergekommen, sodass er nicht recht wusste, wie er sich verhalten sollte.
    Er scheute sich, seinen Mandanten den französischen Behörden zu überstellen. Sein typisch englischer Argwohn allem Französischen gegenüber verband sich mit so etwas wie patriotischer Scham über einen seiner Landsleute, der sich kaltblütig Beweise erschwindelt hatte. Mr Mitchum vertraute darauf, die leidige Angelegenheit in einer ernsthaften Unterredung mit diplomatischem Geschick und Taktgefühl aus der Welt zu schaffen. Der Betrüger musste lediglich seine Ansprüche zurückziehen und von der Bildfläche verschwinden.
    Es war im Grunde unbegreiflich, wie es so weit kommen konnte. Mr Mitchums Achtung vor seinen Kollegen in London hatte einen Dämpfer erlitten, weil ihnen offenbar keine Unregelmäßigkeiten in den vorgelegten Dokumenten aufgefallen waren. Ohne seine peinliche Sorgfalt bei der Durchsicht der Unterlagen wäre der Betrug vermutlich nicht aufgedeckt worden, eine Vorstellung, die Mr Mitchums rechtschaffene Seele peinigte. Er

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