0400 - Todeszone Silbermond
verlassen konnte. Gryf selbst war nie auf ihnen gewesen. Seine Kenntnisse beschränkten sich auf seine Besuche auf dem Silbermond. Aber er wußte, daß hier eine Zone der Ruhe und der Sicherheit gewesen war.
Jetzt war alles anders.
Fast schien es Gryf, als handele es sich gar nicht wirklich um den Silbermond, den er kannte, sondern um eine Parallelwelt. Um etwas Künstliches, mit dem man ihnen vorgaukeln wollte, sie befänden sich auf der Heimat der Druiden…
»Es funktioniert nicht mehr«, wiederholte Nicole. »Es muß abgeschaltet worden sein.«
Gryf fuhr herum. Er hob die Brauen. »Aber das ist unmöglich. Leonardo…«
»… kann es nicht sein, das ist chronologisch unmöglich«, sagte sie.
»Also steckt etwas anderes dahinter.«
Gryf sah Merlin an. »Du, Alter?«
»Ich?« fuhr der Weißhaarige auf. »Was wollt ihr mir noch alles anhängen? Ich bin nicht der, für den ihr mich haltet.«
»Du weißt es nur nicht, Freund«, sagte Gryf. »Aber ich wette, daß wir es noch schaffen werden, deine Erinnerungen wieder herauszukitzeln. Und dann zeigen wir diesen Ungläubigen, was eine Harke… äh, wer Merlin ist.«
»Du erwartest viel«, erwiderte Merlin. »Zu viel. Ich fürchte, die Masse der anderen hat recht.«
Gryf zuckte mit den Schultern. Er wandte sich wieder Nicole zu. »Du hast versucht, es zu rufen, nicht?«
Sie nickte. »Es folgt dem Ruf nicht.«
»Und das andere, das von Assi?« Mit dieser Kurzformel war Sid Amos gemeint, der einst als Asmodis Fürst der Finsternis gewesen war. Einmal von Zamorra geprägt, wurde diese Verballhornung inzwischen von Gryf fast regelmäßig gebraucht, weil er genau wußte, wie sehr er Sid Amos mit diesem ungeliebten Spottnamen auf die buchstäbliche Palme bringen konnte. Er traute Amos nicht über den Weg, er mochte ihn nicht und nutzte jede Gelegenheit aus, es ihm zu zeigen.
Selbst hier, wo es wirkungslos bleiben mußte.
»Das? Glaubst du im Ernst, es wäre so gut wie das Haupt des Siebengestirns?« fragte Nicole spöttisch zurück. »Es kommt nicht. Natürlich habe ich es auch versucht«, fügte sie hinzu. »Man läßt ja nichts unversucht, nicht wahr?«
»Assi«, murmelte Gryf. »Ob er uns das hier bewußt eingebrockt hat? Eine bessere Methode, uns alle einschließlich Merlin loszuwerden, gibt es wohl kaum noch. Und er kann dabei seine Hände in Unschuld waschen. Er brauchte bloß sein Amulett so zu programmieren, daß es störend dazwischenfunkte…«
Er ahnte nicht, daß er nur teilweise recht hatte. Tatsächlich trug Amos’
Amulett einen großen Teil der Schuld, aber das war nicht Sid Amos anzulasten.
Vielmehr dem Charakter dieses Amuletts selbst, einer Nebenfunktion, von der niemand etwas ahnte – außer Merlin!
Und der hatte sein Gedächtnis verloren…
Nicole schüttelte den Kopf.
»Unsinn«, widersprach sie. »Du vergißt, wie freiheitsliebend Amos ist. Selbst wenn er Merlin vielleicht… vielleicht… vielleicht gern beseitigen würde und uns mit, selbst wenn er ein falsches Spiel triebe… selbst dann würde er das nicht in dieser Form tun. Vergiß nicht, daß er sich nie damit anfreunden konnte, als Merlins Nachfolger an Caermardhin gebunden zu sein. Er wollte sich wieder frei bewegen können, von allen Zwängen gelöst. Nein, so närrisch könnte er niemals sein, sich weiter an diese ungeliebte Pflicht zu ketten. Eher würde er Selbstmord begehen.«
»Dein Vertrauen in diesen zwielichtigen Burschen ist geradezu bedauernswert«, sagte Gryf. »Wenn ich nur wüßte, was mit Zamorra und mit Teri passiert ist.«
»Kannst du ihre Gedanken nicht aufnehmen?« erkundigte Nicole sich überrascht.
Gryf zuckte mit den Schultern.
»Vorhin, als ich es gekonnt hätte, habe ich es aus Sicherheitsgründen nicht getan. Jetzt geht es nicht mehr. Dieses Organhaus hier… es schirmt alles ab. Es hindert mich nicht nur daran, wenigstens eine Fensteröffnung zu schaffen, sondern es blockiert alle meine Druiden-Kräfte. Sie werden einfach reflektiert. Es ist wie mit einem schwachen Laser. Der wird von einer spiegelnden Fläche einfach reflektiert.«
»Und ein starker Laser?« hakte Nicole nach.
»Könnte die spiegelnde Fläche vielleicht verdampfen. Aber…«
»Merlin ist dieser starke Laser«, sagte Nicole. Sie wies auf den Weißhaarigen.
»Er könnte seine überragenden Fähigkeiten einsetzen.«
»Er wird es nicht tun«, murmelte Gryf dumpf. »Weil er sie sich selbst nicht zutraut.«
»Aber er hat sie doch. Er kann seine Para-Fähigkeiten doch nicht
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