0400 - Todeszone Silbermond
schon…«
»Zu spät«, keuchte der Mongole. Er griff an einen Punkt der Wand, direkt neben dem Eingang. Dort hing sein Schwert. Mit einem Ruck zog er es aus der Scheide. Es zischte metallisch.
»Versuche du, mit Ling zu entkommen«, raunte er dem Russen zu. »Ich lenke sie ab, halte sie auf.«
»Aber das ist Selbstmord…«
»Nein.« Wang packte Saranow, zerrte ihn mit einem Ruck an sich vorbei zurück in die Wohnung. »Sei schnell, wenn du eine Chance siehst.«
Er trat selbst auf den Korridor hinaus.
»Halte ihn auf!« stöhnte Su Ling. »Boris, er darf das nicht… er ist verloren…«
Aus verengten Augen starrte Saranow den Mongolen an, diese für einen Asiaten ungewöhnlich hochgewachsene, muskulös durchtrainierte Gestalt mit dem dunklen Haar. Wang Lee stand da, die Beine leicht gespreizt, beide Hände um den Griff des langen, leicht gebogenen Schwertes geschlossen. Er hielt die Waffe aufrecht vor sich, leicht gegen die heranpolternden Skelett-Krieger geneigt, die ihr Tempo nicht veränderten.
Er stand da wie erstarrt. Die Augen waren geschlossen.
Die Sekunden tropften dahin, dehnten sich zu Jahrmilliarden.
Und dann plötzlich explodierte Wang förmlich.
Aus dem Stand schnellte er sich vorwärts. Seine Bewegungen wurden unsichtbar. Sie waren so unfaßbar schnell, daß menschliche Augen ihnen nicht mehr zu folgen vermochten. In der einen Sekunde stand er noch vor der Tür im Gang, in der nächsten befand er sich bereits hinter der ersten Reihe der Skelett-Krieger, wirbelte wie eine rotierende Windhose um seine eigene Achse und ließ das Schwert wie einen Dreschflegel kreisen.
Schon flogen die ersten vier, fünf Helme mit den darin befindlichen Totenschädeln durch die Luft, zerfielen zu Staub…
Mit tödlicher Präzision traf Wang Lee die Skelett-Krieger an der einzig wirksamen Stelle; indem er sie enthauptete, gab er ihnen den Seelenfrieden zurück.
Aber sie waren viele, so viele… und Wang Lee, der sie kannte, der früher in den Tiefen der Hölle gegen sie trainiert hatte, wütete mitten unter ihnen.
»Los!« zischte Saranow und griff nach der Hand des Mädchens, die in seiner Pranke fast völlig unterging. »Jetzt – weg hier! Das ist unsere Chance! Sie achten nicht mehr auf uns!«
Sie stürmten hinaus auf den Gang. Saranow zerrte Su Ling einfach hinter sich her. Sie sträubte sich, wollte Wang Lee nicht im Stich lassen.
Aber gegen Saranows Bärenkräfte kam sie nicht an.
Er schlug den Weg nach draußen ein. Durch das Hauptportal hinaus, in den Wald! Alles andere hatte keinen Sinn! Wenn Sid Amos immer noch nicht wußte, daß sich Feinde in der Burg befanden, nützte es jetzt auch nichts mehr, ihn noch zu warnen. Es war zu spät.
Jetzt galt es nur noch, die eigene Haut zu retten.
Caermardhin war verloren…
***
Zamorra versuchte noch nach Luft zu schnappen, was ihm nur halbwegs gelang. Als er eintauchte, wußte er, daß sein Luftvorrat nicht einmal eine halbe Minute reichen würde. In dieser halben Minute mußte er sich befreit haben.
Tentakel hatten sich um seine Beine geschlungen und wickelten sich immer weiter darum. Wie Riesenschlangen… oder Fangarme eines Tiefseekraken!
Damit hatte er in diesem ruhigen Wasser nicht rechnen können. Ein Ungeheuer dieser Größenordnung hätte er eigentlich in dem relativ klaren und relativ flachen Wasser gar nicht übersehen dürfen. Dennoch war es plötzlich da.
Und es wollte ihn töten.
Er konnte nichts anderes tun als versuchen, den mörderischen Griff dieser Bestie zu sprengen. Aber seine Muskelkraft reichte dazu nicht aus, und er besaß keine Waffe, um sich zur Wehr zu setzen.
Brausen in seinem Kopf. Sauerstoffmangel! Er mobilisierte alle Kräfte, um die Tentakel zurückzubiegen, aber er schaffte es nicht. Er glaubte immer tiefer ins Wasser hineingezogen zu werden, viel tiefer, als es eigentlich sein durfte.
Der Drang, zu atmen, wurde immer unwiderstehlicher. Aber wenn er dem Impuls nachgab, schluckte er Wasser, füllte seine Lungen damit, Atemluft bekam er hier unten mit Sicherheit nicht mehr.
Er wollte schreien.
Ihm schwanden die Sinne. Das letzte, was er sah, war ein ihn hungrig anstarrendes, überdimensionales Auge…
***
»Roboter?« keuchte Nicole überrascht auf. Gryf versuchte hinter den Weißgekleideten herzustürmen, aber die Öffnung in der Wand schloß sich blitzschnell, ehe er sie erreichen konnte. Der Druide hämmerte mit den Fäusten dagegen, ließ sie dann sinken. Er drehte sich um, sah Nicole ratlos
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