0402 - Der Feuerkult
eine Chance lassen.
Ich sank in die Knie.
Aus dem Hintergrund der Kabine hörte ich Bills Keuchen, vermischt mit Ziggys Jammern. Für uns ging es um Leben und Tod.
Das wusste ich verdammt genau. Vielleicht war es auch dieses Wissen, dass ich noch einmal Kräfte mobilisierte und mich diesem mörderischen Killer entgegenstemmte.
Ich sah seinen Tritt kaum. Es war mehr eine Ahnung, sodass ich den Kopf zur Seite riss. Der Fuß verfehlte mich. Er schrammte an der Wand entlang, und ich warf mich einfach nach rechts. Es war Zufall oder Glück, dass ich sein Bein zu fassen bekam. Ich riss es sofort herum.
Das war auch für Kamikaze zu viel. Er geriet ins Wanken und klatschte wieder zu Boden. Aus seinem Mund drang dabei ein wütender Grunzlaut, und ich orientierte mich nach vorn.
Nur kriechend konnte ich mich weiterbewegen. Mit beiden Händen berührte ich die Eisenplatte, die mal oben auf dem Dach der Kabine befestigt gewesen war. Sie riss ich hoch und stemmte mich auf die Füße. Die Platte war für mich ein Schild, das ich dem anderen entgegenwuchten konnte. Es blieb beim Vorsatz, denn jetzt kam er.
Der hämmernde Schlag hätte mich bestimmt vernichtet. Vielleicht hatte Kamikaze die Eisenplatte nicht genau gesehen oder sie nur für harmlos gehalten, jedenfalls zog er seine Hand nicht zurück, und so donnerte der Schlag voll gegen das Eisen.
Dahinter lag so viel Wucht, dass ich zurücktaumelte und es mir nicht gelang, die Platte zu halten. Sie prallte dicht vor meinen Fußspitzen zu Boden.
Kamikaze reagierte. Er stöhnte, keuchte und winselte wie ein Hund. Dabei krümmte er sich wie ein schlecht eingeschlagener Nagel. Den rechten Arm hatte er angewinkelt, und er hielt deren Faust mit der linken Hand umklammert. Ob die Knochen gebrochen waren oder nicht, wusste ich nicht, ich hatte es jedenfalls geschafft, ihn anzuschlagen.
Wild schüttelte er den Kopf. Speicheltropfen und Schweiß flogen mir entgegen. Noch einen Schritt ging er zurück, während ich meine Beretta zog.
Ich hätte ihn jetzt erschießen können, aber das brachte ich nicht fertig. Kamikaze war ein Mensch, zwar ein brutaler Killer, aber ein Mensch. Er musste vor ein Gericht und abgeurteilt werden, so sahen es die Gesetze vor, auf die ich geschworen hatte. Zudem konnte ich mich nicht mit diesen Killern auf eine Stufe stellen.
Mit der Waffe wollte ich zuschlagen, holte bereits aus, als Kamikaze seinen entscheidenden Fehler machte.
Er ging noch einen Schritt nach hinten.
Und der war zu viel.
Die Luke war groß genug, dass sie ihn schlucken konnte, ohne Bill oder den Hausmeister zu berühren. Zudem breitete er seine Arme nicht aus.
Er fiel wie ein Stein und war verschwunden.
Ich holte Luft und hielt sie dann an, als ich aus der Schachttiefe das Krachen vernahm. Dieses Geräusch drang als hohles Echo zurück in die Kabine. Ich wusste genau, was geschehen war. Kamikaze hatte es nicht mehr geschafft. In der Tiefe war er aufgeschlagen und hatte sich vielleicht sogar selbst das Leben genommen.
»John.«
Bill keuchte meinen Namen. Allein der Tonfall bewies mir, mit welchen Schwierigkeiten mein Freund zu kämpfen hatte. Ich hatte auch Federn lassen müssen, hoffte aber stark, ihn trotzdem unterstützen zu können.
Neben der Luke fiel ich auf die Knie.
Bill lag schräg über ihr. Um besseren Halt zu haben, hatte er die Beine ausgebreitet, seine Arme hingen in den Schacht hinein und umklammerten Ziggy, den Hausmeister.
Ich griff zu.
Dabei hörte ich Ziggy stöhnen. Er durfte alles, sich nur nicht bewegen. Zum Glück hielt er sich daran, und so holten wir ihn hoch.
Als er schließlich neben uns lag, waren wir drei erschöpft. Wenn Kamikaze jetzt über uns erschienen wäre, hätten wir für ihn wie auf dem Präsentierteller gelegen.
Wir keuchten und würgten. Bill und ich hatten eine bessere Kondition als Ziggy. Ich kniete mich hin. Mit zitternder Hand griff ich nach meiner kleinen Lampe. Ich drehte den Arm und sah etwas auf dem Boden liegen, das kalt schimmerte.
Kamikazes Revolver.
Den nahm ich an mich.
Bill hatte sich gesetzt und lehnte mit dem Rücken an der Wand.
Als das Licht sein Gesicht traf, sah ich den dicken Schweißfilm und den offenen Mund des Reporters.
»John, das war Wahnsinn!« keuchte er. »Das war ein verdammter und verfluchter Wahnsinn. Verstehst du?«
»Ja.«
»Du hast ihn geschafft, John. Verflucht, du hast diesen irren Killer geschafft!«
Ich gab keine Antwort, weil mich ein Hustenanfall schüttelte. Auf Händen und Füßen
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