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0403 - Das Auge des Jägers

0403 - Das Auge des Jägers

Titel: 0403 - Das Auge des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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nichts für sie tun konnte, solange sie zeitlich voneinander getrennt waren! Er war ihr immer um sechs Sekunden voraus!
    Sie verschwand in der Wolke. Von einem Moment zum anderen klaffte dort eine Lücke, und Merlin konnte gerade noch schnell genug den Blick abwenden, ehe die verwirrenden Konstruktionen, die dahinter erkennbar wurden, ihm den Verstand nahmen. Auch jetzt noch konnte er alles deutlich sehen, da es für ihn ja festliegende Vergangenheit war.
    Die Wolke schloss sich wieder.
    In ohnmächtiger Wut ballte Merlin die Fäuste. Er konnte nichts tun, gar nichts! Die Meeghs hatten die Zeitlose gefangen genommen! Sollte es ihm ein Trost sein, daß sie sie lebend hatten haben wollen? Was würden sie mit ihr anstellen? Er entsann sich an furchtbare Experimente, die die Meeghs durchführten…
    Irgend etwas musste er unternehmen. Das Sternenschiff der Meeghs, diesen Spider, aufhalten, angreifen, zerstören! Er hatte doch einen Sechs-Sekunden-Zeitvorsprung! Wenn er irgend eine Möglichkeit fand, dem Spider eine Bombe in den Kurs zu praktizieren, die seinen Antrieb zerstörte… aber wie sollte er das anstellen?
    Wieder zuckten vernichtende Strahlen herunter, lösten weite Flächen des Bodens auf. Ein brodelndes, kochendes Inferno breitete sich rings um Merlin aus. Da rannte er los! Wenn er auf der Stelle stehen blieb, würde ihn in diesen sechs Sekunden trotzdem das Chaos erreichen!
    Er konnte nicht sicher sein, ob er nicht dann doch noch vom Tod erfaßt wurde…
    Merlin rannte um sein Leben, so schnell, wie er noch nie zuvor gerannt war…
    ***
    Der Meegh-Kommandant war mit dem Ablauf der Operation zufrieden. Das Fangnetz hatte um den Bruchteil einer Sekunde eher zugeschlagen, als die vernichtenden Kampfstrahlen. Dadurch hatten beide »Zielwesen« keine Chance gehabt. Das Kind zweier Welten war eingeschlossen worden und wurde zum Spider herauf gezogen, und der andere verging in den zerstörenden schwarzen Blitzen.
    Der Kommandant konnte nicht ahnen, daß es nicht ganz so abgelaufen war. Daß die Zeitlose Merlin in ein Zukunftsfeld mitgenommen hatte. Von der gesamten Zeitverschiebung wusste der Meegh nichts, denn er konnte sie nicht wahrnehmen. Ihm fiel auch nicht auf, daß das Fangnetz diese Sphäre erst durchdringen musste, denn sie war lange genug an einem Ort verharrt, daß sie »eingeholt« werden konnte.
    Jetzt aber wurde das Kind zweier Welten an Bord geholt. Der Kommandant ließ noch einige Feuerstöße auf die Landschaft unter dem Spider abgehen, dann gab er den Befehl zum Rückflug.
    Verbrannte Erde blieb zurück.
    Bis der Alarm kam.
    ***
    Irgendwie fühlte Merlin, wie sich sein Zeitvorsprung abbaute. Er glitt in die Relativgegenwart zurück. Aus den sechs Sekunden wurden fünf, vier… drei… und dann endlich hatte er wieder das normale Zeitniveau erreicht. Aber irgendwie musste es mit diesem Gleiten durch den Zeitstrom zu tun haben, daß er weitaus schneller gewesen war, als es eigentlich hätte sein können. Möglicherweise hatte er nur durch sein unglaublich schnelles Rennen seinen Zeitvorsprung wieder abbauen können.
    Er war nicht unfroh darüber.
    Denn wiewohl es ihn hier auf eine der Wunderwelten verschlagen hatte, ahnte er doch, daß Professor Zamorra und die anderen nach ihm suchen würden. Wie sollten sie aber wieder zueinander finden, wenn sie durch einen Abstand von sechs Sekunden voneinander getrennt waren? Ob sie um zehn, hundert oder hunderttausend Jahre von der Erde getrennt waren, bedeutete keinen größeren Unterschied als diese Trennung durch nur sechs Sekunden.
    Und hinzu kam, daß er so erst recht kaum etwas für Morgana leFay würde tun können. Sicher, er könnte, sofern er überhaupt eine Möglichkeit fand, diesem Spider aus der Zukunft heraus eine Falle stellen. Aber er würde ihn nicht direkt erreichen können – nicht in der Form, wie es nötig war, etwas zu unternehmen. So war es besser, wenn er wieder auf das »normale« Zeitniveau zurückfiel. Er wollte die Hoffnung nicht aufgeben, daß er etwas für die Zeitlose tun konnte. Nicht, solange er gleichermaßen noch hoffen konnte, daß sie lebte.
    Die Meeghs hatten irgend etwas mit ihr vor, sonst hätten sie sie nicht entführt. Sonst hätten sie sie einfach hier getötet.
    Aber was planten sie?
    Merlin stand da und sah sich um. Er starrte auf die verbrannte Fläche. Der Boden glühte, teilweise sickerte Magma aus breiten Spalten empor. Ätzende Dämpfe stiegen auf. Die Luft flirrte; auch hier hatte ein Zersetzungsprozeß

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