0403 - Die Straße der Container
wieder.
Bei der achtzehnten Maske hielt Anson Argyris an.
Er musterte das ebenholzfarbene Gesicht, das kurzgeschnittene blauschwarze Haar und die kaum merklich aufgeworfenen Lippen.
„Jargo Capothan ...", murmelte Argyris.
Der hagere Körper Capothans mit den schlanken Gliedmaßen, dem federnden Gang und der stolzen Kopfhaltung vermittelten der Synthese zwischen Positronen- und Organgehirn immer wieder von neuem das Erlebnis höchster Selbstbestätigung. In Zeiten der physischen Inaktivität hatten Positronik und Zellplasma von Vario-500 oft miteinander korrespondiert und sich Traumerlebnisse geschaffen, in denen Jargo Capothan fast nackt unter sengender Sonne durch mannshohes Steppengras geschlichen war, den Massaispeer in der Faust und dem dumpfen Grollen des Löwen lauschend, den die Freunde ihm zutrieben ...
Anson Argyris reckte sich.
Gleich darauf glitt eine Halterung heran.
Spezialklammern legten sich um die Schultern des Patriarchen, sanft und dennoch unerbittlich fest. Mit schnalzendem Geräusch fuhr Argyris Rumpf auseinander, das zuckende Herz und die sich aufblähenden und wieder zusammenfallenden Lungenflügel wurden vom Grundkörper beiseite gedrängt. Die Rumpföffnung erweiterte sich.
Vario-500 hatte den Kontakt zum Argyris-Körper gelöst. Nun zog er den Ortungskopf und die teleskopartig ausgefahrenen Gliedmaßensteuerungen ein. Dadurch wurde automatisch ein Antigravaggregat im ovalen Roboterrumpf aktiviert.
Vario-500 schwebte aus dem Körper des Kaisers.
Von allen Seiten griffen Servoarme zu, wuschen den Roboterkörper, überprüften die Festigkeit des Atronital-Compositums und ergänzten den Vorrat an Kernbrennstoff.
Anschließend schwebte der Roboter - noch immer mit eingezogenem Kopf und eingezogenen Gliedmaßen - auf den geöffneten Rumpf Jargo Capothans zu und zwängte sich hinein. Die Rumpföffnung schloss sich, und die Reizkontakte an der Roboterhülle aktivierten den Eigenkreislauf der Biomaske. Das Herz begann zu pumpen. Die Lungen füllten sich mit Luft und reicherten das Blut mit Sauerstoff an. Die Versorgungsleitungen fielen nacheinander ah.
Die Halterung fuhr Jargo Capothan zu einem Podest. Dort lösten sich die Schulterklammern, während der Körper noch von energetischen Stützfeldern gehalten wurde.
Jargo Capothan öffnete die Augen. Sein schwarzes Gesicht verzog sich zu einem Lächeln.
Er bewegte die Finger, die Zehen, die Schultern.
Es wirkte, als erwache hier tatsächlich ein konservierter Mensch zum Leben. In Wirklichkeit waren alle achtundvierzig Biomasken des Vario-Roboters weder Menschen noch verfügten sie über eigenes Bewusstsein. Sie waren ganz einfach biologisch gezüchtete Zellenverbände, deren äußere Form humanoid gehalten war und deren Inneres aus künstlich herangezüchteten Organen bestand, die den Maskenkörper zu einem biologischen Selbstversorger machten sofern das Gehirn des Vario-Roboters ihn steuerte.
Ausdruckslos blickte Jargo Capothan dem geöffneten Körper Anson Argyris' nach, der gleich einem frisch geschlachteten, ausgeweideten Tier schaukelnd an der Halterung davonglitt.
Dann überprüfte Capothan seine Kleidung und Ausrüstung. Jede der Masken war vollständig bekleidet und ausgerüstet. Die Capothan-Maske trug die Kleidung eines Fürsten der Galaktischen Freifahrer, eine schwarze Lederkombination mit rotem Schulterumhang, breitem Kombigürtel - und die große Gürtelschnalle mit dem eingeprägten Kopf des legendären Roi Danton.
Die Gürtelschnalle diente drei Zwecken: zum ersten wies sie den Träger als Freihändler mit Wohnrecht auf Olymp aus, zum zweiten enthielt sie Aggregate, mit deren Hilfe der Träger einen Schutzschirm um sich errichten konnte und zum dritten überlagerten die Emissionen dieser Energieaggregate die Streustrahlung der Roboteraggregate.
Jargo Capothans Augen funkelten unternehmungslustig.
„Also los, Fürst!" murmelte er grimmig. „Auf ins alte Hafenviertel!"
Das Lokal nannte sich „Atlantis", was den Besitzer nicht daran gehindert hatte, sein Äußeres wie einen altgriechischen Tempel gestalten zu lassen. Vielleicht aber gab der Speicher des Fassadenprojektors auch nur dieses eine Erscheinungsbild her.
Jargo Capothan ließ den offenen Robotgleiter anhalten und musterte aufmerksam die Umgebung.
Seinen robotischen Sinnen entging so leicht nichts.
Deshalb fand er sehr schnell heraus, dass ganz in der Nähe eine Transmitterkapsel versteckt sein musste.
Das Versteck konnte nicht weiter als vierhundert
Weitere Kostenlose Bücher