0405 - Kampf um Merlins Burg
sage dir: Caermardhin besitzt allein deshalb eine so gewaltige Abschirmung, damit verblendete und strohdumme Narren wie du es nicht zu einfach haben sollen, einzudringen.«
»Du selbst, Herr, befahlst mir nach Merlins Verschwinden, dich mit Hundertschaften meiner Skelett-Krieger nach Caermardhin zu begleiten, um…«
»… dort einen freundschaftlichen Besuch zu machen, Erkundigungen einzuziehen und mit einer Präsenz der Stärke dem endgültigen neuen Herrn von Caermardhin meine Aufwartung zu machen, wie du dich sicher entsinnst. Schließlich soll er sich doch stets daran erinnern, daß es mich gibt. Und deshalb sind wir anschließend auch wieder gegangen. Du aber gehst hin und eroberst diese Burg im Handstreich! Das Gleichgewicht der Schicksalswaage gerät aus dem Takt!«
»Das kann doch nur förderlich sein. Unsere Macht wird überwiegen…«
»Gut und Böse, Himmel und Hölle halten sich die Waage«, zischte Lucifuge Rofocale. »Ohne das Böse erkennt man das Gute nicht mehr, und ohne das Gute kann man das Böse davon nicht mehr unterscheiden. Die Höllenmacht würde ihre Bestimmung verlieren. Deshalb befehle ich dir, Caermardhin unverzüglich aufzugeben.«
»Herr!« fuhr Leonardo wild auf. »Das kann nicht dein Ernst sein!«
»Er ist es. Gehorche!«
»Aber…«
»Gehorche!« brüllte Lucifuge Rofocale. »Oder ich enthebe dich deiner Position! Es gibt genug andere, die nur darauf warten, in den Rang des Fürsten der Finsternis erhöht zu werden.«
Im Raum wurde es dunkel. Sekundenlang glühten noch die Umrisse Lucifuge Rofocales in der Schwärze nach und verblaßten dann. Ein deutliches Zeichen, daß die Unterredung beendet war - oder besser die Befehlserteilung. Lucifuge Rofocale hatte gesagt, was zu sagen war, und er erwartete, daß Leonardo deMontagne seinem Befehl gehorchte. Unverzüglich…
Leonardo glaubte in einem Abgrund zu versinken. Dies war die zweite Niederlage innerhalb kürzester Zeit, die er hinnehmen mußte. Zunächst die Sache mit dem fremden Amulett, und nun das hier!
Caermardhin verloren…
Und er mußte diesem Befehl gehorchen. Alles war umsonst gewesen. Gegen Lucifuge Rofocales Befehl gab es keinen Widerspruch. Oder es würde eine empfindliche Bestrafung erfolgen.
Gab er Caermardhin nicht auf, verlor er alles andere.
Langsam verließ er den Platz vor dem Thron seines Herrn. Er überlegte. Er würde aufgeben müssen. Aber er konnte etwas anderes tun. Wenigstens noch einen kleinen Vorteil herausholen, einen Teilsieg.
Ihm war nur befohlen worden, die Burg aufzugeben.
Aber man hatte ihm nicht verboten, Sid Amos zu töten. Das hatte er ohnehin vorgehabt. Dafür würde er noch einmal nach Caermardhin zurückkehren. Das konnte ihm nicht verwehrt werden. Sicher hatte Sid Amos, im Gegensatz zu Merlin, noch keinen Nachfolger bestimmt. Wenn Amos nun starb, würde Merlins Burg verwaist bleiben. Es würde niemanden mehr geben, der dort den Befehl hatte. Der im Sinne der Lichtmächte von Caermardhin aus mit den stärksten Mitteln der Magie überall eingreifen konnte, um das Gleichgewicht der Kräfte annähernd zu bewahren.
Wenn ich nicht in Caermardhin herrschen darf, wird es auch kein anderer mehr tun!
Und Leonardo deMontagne ging wieder nach Wales, zu Merlins unsichtbarer Burg.
Er ahnte nicht, was sich dort inzwischen abspielte…
***
Tendyke’s Home, Florida:
Ein metallicblauer Oldsmobile Regency verließ den Highway und glitt langsam auf einer Privatstraße einem Bungalow-Anwesen entgegen. Hier an der Südspitze Floridas, unterhalb des Everglade-Nationalparks, brannte die Sonne kaum weniger heiß vom Himmel als weiter nördlich in Louisiana, von wo der Oldsmobile kam. Der achtundzwanzigjährige Neger mit dem halblangen schwarzen Haar paßte vom Aussehen her nicht zu dem eleganten Luxuswagen, hinter dessen Lenkrad er lässig zurückgelehnt saß. Mit seinen geflickten, verwaschenen Jeans, den verschmutzten Turnschuhen und dem schreiend bunten Hemd hätte er eher hinter das Lenkrad eines betagten Pickups oder eines Jeeps gepaßt, nicht aber in diese nagelneue, sündhaft teure Luxuslimousine.
Nun, es war auch nicht sein Wagen. Ein anderer hatte ihn in Baton Rouge gestohlen. Einer, der jetzt tot war. Yves Cascal benutzte den Regency 98 jetzt erst einmal »leihweise« und hatte die Absicht, ihn später in Baton Rouge wieder irgendwo abzustellen. Man würde ihn finden und zu seinem rechtmäßigen Besitzer zurückbringen. Bis dahin sah Cascal das alles nicht ganz so eng. Vorerst wurde
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