0405 - Mit Blut geschrieben
meinen tatsächlich, dass dieses Kloster für uns nicht zu finden wäre?«
»Wenn Sie einmal im Land sind, wäre es nicht schwer.«
»Wo liegt es denn?«
»Östlich von Leningrad, dem früheren St. Petersburg. Es ist in gewisser Hinsicht ein Denkmal. Deshalb kann ich mir vorstellen, dass dieses Kloster noch nicht zerstört worden ist, wenn Sie verstehen.«
»Sicher.«
»Hat es einen Namen?«, fragte Suko.
»Nein oder ja. Wenigstens weiß ich es nicht. Vielleicht Rasputin-Kloster.« Sie lächelte. »Jedenfalls ist es die einzige Spur oder der einzige Hinweis, den ich Ihnen geben kann. Ansonsten bin ich überfragt.«
»Auch was das Verhältnis Rasputin/Baal betrifft?«, horchte ich nach.
»Da weiß ich auch nichts. Oder fast nichts. Es hat eine Verbindung zwischen den beiden gegeben, doch die ist im Dunkel der Geschichte und im Dämmer der Russischen Revolution verschwunden. Mehr Hilfen kann ich Ihnen nicht geben.«
»Es war schon viel«, sagte ich. »Das Testament, falls es tatsächlich noch existiert, könnte uns da weiterhelfen.«
»Es weiß angeblich niemand etwas Genaues darüber«, sagte Rose.
»Vielleicht will man es auch nicht wissen. So etwas passt nicht in die politische Landschaft. Rasputin, das Zarenreich, die Gräueltaten, die damals begangen wurden, wer in Russland möchte daran noch erinnert werden? Doch nur die wenigsten.«
»Dann auf nach Petersburg«, sagte Lady Sarah und rieb sich schon die Hände. Diese Gestik bewies mir, dass sie daran dachte, Suko und mich nicht allein fliegen zu lassen. Auch ich hatte Blut geleckt, und ich wusste auch schon, wie wir es unter Umständen schaffen konnten, tief hinter den Eisernen Vorhang zu gelangen.
Es gab in Russland einen Mann, den ich gut kannte. Er gehörte zwar zur anderen Feldpostnummer, sprich KGB, aber in den beiden Fällen, die wir zusammen erlebt hatten, hatte er sich als Kumpel und Partner erwiesen, auf den man sich verlassen konnte.
Dieser Mann hieß Wladimir Golenkow. Mit ihm zusammen hatten Suko und ich in Sibirien Zombies gejagt, und er hatte auch an meiner Seite gekämpft, als ich in Prag das Rätsel der schwebenden Leichen und des Höllenfriedhofs zu lösen versuchte und damals dem unheimlichen Schnitter begegnet war. Wladimir und ich waren so etwas wie Freunde geworden, und er hatte mir eine Telefonnummer hinterlassen, unter der ich ihn erreichen konnte.
»John, mein Junge, ich sehe dir an, dass da etwas im Busch ist«, erklärte Lady Sarah. »Deine Gedanken zeichnen sich förmlich auf der Stirn ab.«
Ich lächelte. »Und an was denke ich?«
»Du weißt bestimmt schon einen Weg, wie du nach Russland hineinkommst. Habe ich Recht?«
Ich lachte, sah Sukos Blick und auch, dass er mir zuzwinkerte.
Wahrscheinlich beschäftigte er sich mit den gleichen Gedanken wie ich.
»Richtig, Sarah. Dazu müsste ich nur telefonieren.«
»Der Apparat steht dir zur Verfügung.«
»Es würde aber ein Ferngespräch in die Sowjetunion werden. Das mal vorweg.«
»Wenn es um die Sache geht, ist mir kein Opfer zu hoch.«
Ich lächelte ihr zu, als ich mich aus dem Sessel in die Höhe drückte. Ich hatte diese Nummer noch nie gewählt und wusste auch nicht, ob ich Wladimir überhaupt in Moskau erreichte. Er gehörte zu den Leuten, die oft unterwegs sind. Da waren wir uns gleich.
Auf gewissen Gebieten gibt es zwischen den Ländern unterschiedlicher Gesellschaftsordnung so genannte heiße oder direkte Leitungen. Die zwölfstellige Nummer musste eine solche Leitung sein. Neben der Anrichte stehend, auf der das Telefon seinen Platz gefunden hatte, tippte ich die zwölf Zahlen ein.
Die Spannung lag auf unseren Gesichtern. Nachdem ich die Nummer getippt hatte, wartete ich ab; wenig später stand die Verbindung.
Jemand hatte abgehoben. Ein russisches Wort wurde in die Leitung gesprochen. Ich wusste nicht, was es bedeutete, und war mir ebenfalls nicht sicher, ob Wladimir Golenkow gesprochen hatte.
Deshalb fragte ich. »Wladimir?«
Der »Gesprächspartner« schien den Hörer weiterzureichen. »Ja, hier ist Golenkow«, meldete er sich endlich.
Noch einmal sagte ich meinen Namen.
»John Sinclair, Towarischtsch, du bist es! Na, das ist aber fein, dass ich dich höre. Wie geht es dir?«
»Ich lebe noch.«
»Ja, ich auch, wie du hörst. Und was kann ich für dich tun?«
»Du könntest mir helfen.«
»Gern, wenn ich…«
Ich lachte. »Klar, ich weiß schon. Es geht um Folgendes: Suko, eine Freundin von uns und ich wollen dein Land besuchen. Und zwar so
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