0405 - Mit Blut geschrieben
Wladimir.«
»Ich fühle mich als Verräter euch gegenüber.«
»Rede doch keinen Unsinn«, sagte Suko.
»Wenn es nach mir ginge, würde ich euch in die nächste Maschine setzen und nach London zurückfliegen lassen. Das aber ist nicht möglich, ich muss euch zum Kloster schaffen und damit unter die Kontrolle des Oberst Tschigin. Er hat unser Telefongespräch mitgehört, John. Du glaubst kaum, was das für ihn alles bedeutet hat. Er freute sich fast ein Bein ab. Dass ihr in das Kloster wolltet, ist für ihn nur eine Bestätigung. Ihr seid nicht auf Geisterjagd, sondern für ihn nichts anderes als miese, dreckige Spione und Saboteure.«
»Was geschieht denn mit denen?«, fragte Sarah Goldwyn.
»Sibirien ist groß.«
»Das weiß ich«, erwiderte ich trocken. »Ich habe dort mal Werwölfe gejagt.«
»Dann kannst du dir dein Schicksal ja ausmalen.«
Ich drehte mich um und blickte in die Gesichter der beiden hinten Sitzenden. »Wie siehst du die Sache, Suko?«
»Wir fahren hin.«
»Es bleibt uns auch nichts anderes übrig«, erwiderte Wladimir.
»Was meint ihr, was geschieht, wenn wir jetzt einen Rückzieher machen. Die würden uns jagen wie Hasen.«
»Das kann ich mir vorstellen«, sagte ich.
»Auch auf mich würden sie keine Rücksicht nehmen«, erklärte Wladimir. »Ich bin austauschbar. Wenn Tschigin euch hat, heften sie ihm noch einen Orden an die feiste Brust.«
»Wir werden der Sache gelassen ins Auge sehen.«
»Da ist noch etwas, das du wissen solltest, John«, fuhr der Russe fort. »Im Morgengrauen erhielt ich einen Anruf aus dem ›Kloster‹. Dort ist in der Nacht etwas passiert. Es hat einen Toten gegeben.«
»Wie?«
»Jemand starb. Einer der Schüler. Er wurde erwürgt.«
»Von wem?«
»Das ist die Frage. Es gibt keine Spuren, es gibt kein Motiv, keine Hinweise. Man fand ihn tot in seiner Zelle. Die Leute dort stehen vor einem Rätsel. Natürlich drang nichts nach außen. Nur ich habe davon erfahren und muss den Mund halten. Das Kloster steht gewissermaßen unter Quarantäne. Und dort ausgerechnet fahren wir hin. Könnt ihr euch jetzt meine Begeisterung vorstellen?«
Das konnten wir, aber wir beschäftigten uns auch gedanklich mit dem Tod des Schülers.
Suko sprach das aus, was ich dachte. »Wenn sich keine Spuren finden lassen, könnte es doch sein, dass dieser Mann durch eine Person umgekommen ist, die man als Dämon oder Geist bezeichnen kann.«
»Sag das mal Tschigin.«
»Aber es kann sein. Das Kloster birgt ein Geheimnis. Es hat jahrelang geruht. Wir haben daran gerüttelt. Es kann durchaus sein, dass Kräfte frei geworden sind, die sich gegen die Menschen stellen und eiskalt zuschlagen.«
»Ja, das ist möglich. Ich glaube es ja, aber Tschigin…« Er hob die Schultern und fügte einige Worte hinzu, die uns noch nachdenklicher werden ließen. »Dieser Mann, der erwürgt worden ist, er heißt übrigens Kehmet Ascharow, hat in der Zelle gewohnt, die einmal dem großen Magier gehörte, Rasputin.«
»Sieh mal an!«, sagte Sarah Goldwyn. »Sollte sich da ein gewisser Kreis schließen?«
»Möglicherweise ist Rasputin sogar der Mörder«, vermutete Suko.
»Aber er ist tot!«, hielt Wladimir dagegen.
»Im Prinzip, ja. Nur existiert sein Geist noch. Der beste Beweis dafür ist John Sinclairs Kreuz, das von Rasputin manipuliert wurde. Daran sollten wir denken.«
Golenkow nickte und schüttelte gleichzeitig den Kopf. »Ich begreife das alles nicht. Wie schon bei den Zombies vom Roten Platz oder bei den schwebenden Leichen von Prag.«
»Wird schon werden«, sagte ich grinsend.
»Verdammt, John, du nimmst das zu leicht. Du kennst diesen Tschigin nicht. Das ist ein Schwein.«
»Wenn schon. Sollten in dem Kloster tatsächlich Dinge vorgehen, die tief in der Vergangenheit ihren Ursprung haben, wird auch einem Oberst Tschigin Hören und Sehen vergehen, das kannst du mir glauben. Wir lassen es darauf ankommen.«
»Klar. Es bleibt uns nichts anderes übrig. Ich will es mal so sagen, obwohl ich es nicht darf. Wenn wir das Kloster erreicht haben, werdet ihr in getrennten Räumen untergebracht und einzeln zu den Verhören geholt. Da macht euch auf etwas gefasst.«
»Gewalt?«, fragte die Horror-Oma.
»Glaube ich nicht. Es gibt subtilere Methoden. Man wird euch sogar die Waffen lassen, aber trotzdem seid ihr Gefangene des Klosters. Chancen, dort rauszukommen, gibt es nicht. Die Überwachung ist perfekt. Außerdem hat sich Tschigin etwas Besonderes einfallen lassen.«
»Was ist es
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