0407 - Spitzel mit eiskalten Tricks
zu.
»Aber?«
»Ein Mikrofilm in einer Uhr ist noch kein schlüssiger Beweis für diese Theorien. Der Mörder kann den Film in die Uhr praktiziert haben.«
»Um den Toten zu belasten?«
»Sie wissen, wie häufig so etwas geschieht, um die Polizei auf eine falsche Fährte zu locken.«
»Ich weiß nur, dass der Mörder wenig Zeit hatte, irgendwelchen Hokuspokus zu inszenieren.«
»Sie gehen davon aus, dass der Mord um dreiundzwanzig Uhr fünfzig erfolgte - in jenem Augenblick, als die Uhr stehen blieb. Die Tat kann jedoch ebenso gut fünf oder zehn Minuten früher verübt worden sein.«
»Sie halten es für möglich, dass die Uhr vorging?«, fragte der Lieutenant.
»Das weniger. Ich war dabei, als Mr. Flint sie mit der Uhr im Salon verglich. Aber der Mörder kann nach der Tat die Zeiger verstellt haben.«
Humber nickte. »Ich räume ein, dass das passiert sein kann. Aber das sind bereits Detailerwägungen. Mir geht es um die große Linie, um den Kern des Problems. Den haben wir, glaube ich, soeben bloß gelegt. Flint und Cutter sind ein und dieselbe Person! Waren, meine ich.«
»Völlig verrückt!«, warf Shendrick dazwischen.
Humber wandte sich an Flenner. »Mr. Shendrick, wir sind gern bereit, uns Ihre Argumente anzuhören.«
»Mr. Flint schuftete täglich sechs bis acht Stunden im Büro, manchmal sogar länger - darin war er eisern. Er war ein Mann von tollem Stehvermögen, trotz seiner neunundsechzig Jahre«, meinte Flenner. »Aber Sie irren, wenn Sie glauben, er hätte daneben noch Zeit oder Lust gehabt, einem Spionagehobby nachzugehen. No, Sir. Davon hätte ich was gemerkt. Ich bin doch nicht auf die Birne gefallen!«
»Waren Sie immer in seiner Nähe?«, fragte Humber.
»Ja, immer.«
»Auch im Büro?«
»Meistens saß ich im Vorzimmer.«
»Wie war er zu Hause?«
»Da legte er Wert darauf, allein zu sein«, meinte Shendrick. »Trotzdem, ich war fast immer nur durch eine Wand von ihm getrennt.«
»Mr. Flint konnte also zu Hause oder im Office beliebig viele telefonische Verhandlungen führen, ohne dass Sie dabei Ohrenzeuge wurden?«
»So ist es.«
»Er konnte auch verschwinden, ohne Sie davon zu benachrichtigen?«
»Stimmt. Ich war wie ein treuer Hund«, erklärte Flenner. »Meistens war ich bei meinem Herrn, gewissermaßen zu seinen Füßen, aber natürlich gab es auch Stunden, wo er meine Visage nicht sehen wollte. Dann verdrückte ich mich stillschweigend. Sehr häufig kam das freilich nicht vor.«
»Wie oft?«, fragte Humber.
»Höchstens einmal in der Woche.«
»Danke, das genügt«, sagte der Lieutenant.
***
Phil hatte die Füße auf dem Schreibtisch liegen. Er nippte an einem Kaffeebecher und sah so verträumt aus wie ein Pennäler, der an sein erstes Rendezvous denkt. »Flint alias Cutter? Glaube ich nicht«, sagte er. »Flint war das, was man einen Patrioten nennt. Großes Tier im Vorstand der American Legion, beliebter Sprecher bei allen Veteranenverbänden.«
Das Telefon klingelte. Ich hob ab. Humber war am Apparat. »Wir haben den Film entwickelt«, sagte er. »Ein Satz Vergrößerungen ist bereits auf dem Weg zu Ihnen. Die Pläne stammen von der Kennelt Werft. Es handelt sich um ein neues Schnellboot mit Düsenantrieb. Auftrag der Navy. Streng geheim. Der Stahl für die Schiffe wird von den Flint-Werken geliefert. Flint war vor ein paar Tagen auf der Werft, um darüber zu verhandeln.«
»Konnte er Einsicht in die Pläne nehmen?«
»Allerdings.«
»Vielen Dank«, sagte ich und legte auf.
Ich berichtete Phil, was Humber gesagt hatte. Phils verträumter Gesichtsausdruck vertiefte sich. »Was wirst du jetzt unternehmen?«, fragte er.
»Dich bitten, die Beine vom Schreibtisch zu nehmen und mir alle verfügbaren Unterlagen der Herren Shendrick, Flint, Stanhope und Robbins zu besorgen.«
»Robbins?«
»Lester Robbins, ja. Er ist mit Laura Stanhope verlobt. Das junge Glück ist verschwunden.«
»Vielleicht wollten sie endlich mal allein sein.«
»Gleich die ganze Nacht? Und ausgerechnet zur unpassendsten Gelegenheit? Vor einer halben Stunde habe ich mit dem alten Stanhope telefoniert. Er ist völlig fertig. Von Lester und Laura fehlt jede Spur. Man weiß lediglich, dass sie zusammen weggefahren sind. Ein Zeuge will beobachtet haben, dass Laura damit nicht einverstanden war, sich dagegen sträubte.«
»Soll das heißen, dass Lester seine Verlobte mit Gewalt entführte?«, fragte Phil.
»Nein, aber ohne Zweifel hat es wegen des Trips eine kleine Auseinandersetzung gegeben.
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