0407 - Spitzel mit eiskalten Tricks
gehört haben. Natürlich bot das Verschwinden von Laura und Lester Robbins Stoff für mancherlei Spekulationen, aber niemand fiel es ein, die beiden mit dem Mord in Zusammenhang zu bringen. Wir mussten uns an Flenner halten. Im Augenblick war er der Pol, um den sich alles drehte. Humber löcherte ihn mit Fragen. Flenner gab mürrische Antworten. Ab und zu prüfte er mit tastenden Fingerspitzen, ob der Kopf verband richtig saß.
»Ich habe mich mit dem Butler unterhalten«, sagte Humber. »Er kann sich nicht erinnern, von Ihnen nach einem Gästezimmer gefragt worden zu sein.«
»Vielleicht habe ich mit einem der Diener gesprochen«, sagte Flenner schulterzuckend. »Ist es denn so wichtig, wer mir die Auskunft gab? Ich war müde und wollte mich hinlegen. Ich suchte ein ruhiges Plätzchen und fand eins.«
»Da ist noch ein anderer Punkt«, meinte Humber. »Mr. Stanhope behauptet, weder eine Warnung von Mr. Flint noch von Ihnen erhalten zu haben.«
»Ist das denn meine Schuld? Ich habe nie erklärt, ihn gewarnt zu haben.« Er schaute mich an. »Sie können das bestätigen, Agent Cotton! Alles, was ich sagte, bezog sich auf Worte, die von Mr. Flint stammten.«
»Leider können wir Mr. Flint nicht mehr befragen«, meinte Humber.
Shendrick nickte betrübt. »Ein Jammer. Er hatte seine Schrullen, aber er war ein prima Boss. Zahlte stets gut und pünktlich. Verlangte nie etwas Unmögliches.«
»Er wäre sicherlich noch am Leben, wenn Sie Ihre Aufgabe als Leibwächter ernst genommen hätten. Wie erklärt es sich, dass Sie gerade heute, an eiriem Tag, als Mr. Flint fest mit einem Verbrechen rechnete, diesen Schutz völlig ignorierten?«
»Hören Sie bloß auf damit!«, schnaufte Shendrick. »Agent Cotton hat mir schon ganz ähnliche Vorwürfe gemacht. Wie würden Sie wohl reagieren, wenn man Ihnen ein Schlafmittel ins Glas kippt? Im Übrigen hat mein Chef nicht ein einziges Mal auch nur angedeutet, dass er selbst das Opfer dieses Verbrechens werden könnte.«
»Ich sollte mich dazu entschließen, Ihnen den Magen auspumpen zu lassen«, meinte Humber grimmig. »Ich wette, die' Geschichte mit dem Schlafmittel ist Erfindung!«
»Und was ist mit dem auf mich verübten Mordversuch?«, fragte Shendrick empört. »Ist der auch erfunden?«
»Vielleicht«, sagte Humber.
Shendrick schaute mich an, als suche er meinen Beistand. »Das ist doch nicht zu fassen!«, mokierte er sich. »Muss ich mir das gefallen lassen, G-man?«
Ich wurde einer Antwort enthoben, da sich die Tür öffnete und einer von Humbers Leuten hereinkam. Es war ein junger Beamter, ein mittelgroßer, stämmiger Bursche mit dem harten, kantigen Schädel des Iren und den dazu passenden rötlich-blonden Locken. »Das haben wir in der Uhr gefunden, Lieutenant«, sagte er und übergab Humber eine kleine Metallkapsel.
Humber stieß einen dünnen Pfiff aus, als er die Kapsel öffnete. »Ein Mikrofilm!«
Der Beamte nickte. »Wir haben ihn unter die Lupe gehalten. Es handelt sich um die Fotografien einer Schiffskonstruktion - um die Aufnahmen der Pläne, meine ich.«
Humber wog die Kapsel in der Hand, als könnte er an ihrem Gewicht erkennen, welche Rückschlüsse aus dem sensationellen Fund zu ziehen waren. »Ein Mikrofilm in der Tatwaffe«, sagte er.
»Sieht fast so aus, als hätte sich Ihre Mission erfüllt, Jerry.« Er blickte mich an. Ich wusste, was er dachte, und schüttelte den Kopf.
»Doch«, widersprach er. »Ich wette, wir haben Jack Cutter ausfindig gemacht. Wir haben ihn gefunden - als Toten.«
»Ich bezweifle, dass zwischen Flint und Cutter eine Identität besteht. Flint hatte es einfach nicht nötig, Spionage zü betreiben«, sagte ich.
Humber lächelte matt. »Sie meinen, weil er vielfacher Millionär war, weil es sich finanziell für ihn nicht lohnte? Gerade sein Reichtum hat ihn zum Verbrecher werden lassen!«
»Sie glauben, dass er sich langweilte?«
»Und ob ich das glaube! Flint hatte alles, was er brauchte, und wovon ein Mensch träumen kann. Geld und Erfolge. Liebe? Dafür war er zu alt. Das interessierte ihn nicht mehr. Aber er war intelligent, er war aktiv, trotz seines Alters - und er brauchte einen Lebensinhalt, er brauchte Spannung! Deshalb verschrieb er sich dem Verbrechen. Es war für ihn ein Spiel mit hohem Einsatz; ihm ging es dabei nicht um das Geld, das dabei verdient werden konnte; er suchte und fand nur die prickelnde Erregung einer großen, gefährlichen Aufgabe.«
»So könnte es gewesen sein«, gab ich
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