0408 - Der Gespenster-Galgen
Professor«, sagte er. »Darf ich mich erst mal für die Lebensrettung bedanken? Es ist gut, daß Sie gekommen sind. Ohne Sie wäre ich jetzt tot.«
»Schön, daß Sie wenigstens das begriffen haben«, knurrte Zamorra. »Und es wäre noch schöner, wenn Sie auch noch folgendes begreifen würden: Verschwinden Sie von hier, hören Sie auf, andere Leute zu bespitzeln, und freuen Sie sich zu Hause, daß Sie noch leben. Hier können Sie ohnehin nichts unternehmen. Diesen seltsamen Mörderschatten gegenüber sind Sie hilflos. Ich dagegen nicht. Aber Sie sind mir ein Klotz am Bein. Vielleicht hätte ich diese Unheimlichen vorhin erledigen können, wenn Sie nicht im Wege gestanden hätten. So sind sie entwischt. Also behindern Sie mich bitte nicht weiter.«
Mercier starrte ihn an.
»Was bedeutet das alles?« fragte er. »Sie wissen mehr darüber, stimmt’s? Was sind das für… Leute, die Sie Mörderschatten genannt haben? Was wissen Sie über sie? Und wie…«
»Kein Kommentar«, unterbrach Zamorra den Reporter. »Wenn hier alles vorbei ist, dürfen Sie vielleicht mal ein paar Fragen stellen. Nicht aber jetzt. Hauen Sie ab, oder ich bringe Sie persönlich nach Hause.«
»Hören Sie, Professor, Sie können mich nicht einfach wie einen kleinen Schuljungen fortschicken«, begehrte Mercier auf. »Immerhin stecke ich jetzt selbst als Beteiligter in dieser Sache drin. Ich sollte ermordet werden, und ich habe ein Recht darauf, den Grund zu erfahren. Was wird hier gespielt? Diese Silberscheibe, die Sie da haben, was bedeutet sie…?«
Zamorra schüttelte den Kopf.
»Sie glauben gar nicht, was ich alles kann, Mercier«, sagte er. »Sie werden jetzt eine Kehrtwendung um hundertachtzig Grad machen und zu Ihrem Auto marschieren. Dann setzen Sie sich hinein und verschwinden. Und damit ich auch sicher sein kann, daß das passiert, wird meine Partnerin Sie bis zum Wagen begleiten.«
»Machen Sie sich keine Hoffnungen, Mercier«, sagte Nicole. »Falls Sie glauben, Sie könnten eine Frau leichter austricksen, verpreche ich Ihnen, daß ich Sie notfalls bis zu Ihrem Wagen prügele. Glauben Sie mir, ich schaffe das.«
Mercier seufzte.
»Ich weiche der Gewalt«, murmelte er.
Irgendwie hoffte er immer noch, zu seiner Story zu kommen. Aber andererseits… In gewisser Hinsicht hatte dieser Zamorra recht. Es sah so aus, als wäre die Sache für Mercier tatsächlich eine ganze Nummer zu groß. Und vielleicht konnte es nicht schaden, erst einmal nachzugeben…
Er nickte.
»Nochmals danke für die Lebensrettung«, murmelte er und marschierte davon. Zamorra nickte Nicole zu. Es hatte einen guten Grund, daß er sie mitschickte. Falls die Schatten noch einmal versuchen sollten, Mercier unterwegs zu überfallen, konnte Nicole das verhindern. Sie konnte das Amulett mit einem geistigen Befehl zu sich rufen, falls ein solcher Angriff stattfand.
Besser war es natürlich, wenn das nicht geschah. Dann konnte Zamorra sich nämlich hier und jetzt daranmachen, den Versuch vom Mittag zu wiederholen. Er nahm das Amulett in die Hände, betrachtete den Galgen und begann mit der Beschwörung der gerade zurückliegenden Vergangenheit.
Die Schatten waren zwar im Nichts verschwunden und augenblicklich nicht mehr aufzuspüren. Aber wenn er sie in der Vergangenheit besser erfassen konnte, ungestört von dem Potential des Reporters, konnte er vielleicht mehr über sie herausfinden.
***
Während sie zum 2 CV gingen, wunderte sich Mercier etwas, daß Nicole nicht darüber erstaunt war, in welche Richtung sie sich bewegten. Aber dann erinnerte er sich, daß der BMW aus eben jener Richtung gekommen war. Sie hatten ihn irgendwie ausgetrickst. Aber er war nicht ganz unfroh über das rechtzeitige Erscheinen des Parapsychologen. Es war wirklich um Sekunden gegangen.
Er glaubte immer noch den Druck der Schlinge um seinen Hals zu spüren.
Und er wußte, daß er dem Tod begegnet war. Er war ihm so nahe gewesen wie noch nie zuvor in seinem Leben.
Er versuchte Nicole in ein Gespräch zu verwickeln. Aber Zamorras Partnerin ließ sich auf nichts ein. Sie sah zu, wie Mercier in den Wagen stieg, den Motor startete und losfuhr.
Mercier sah sein Knopfgerät auf dem Beifahrersitz liegen. Es hatte keinen Sinn, es jetzt schon wieder einzusetzen. Im Moment befand sich ja niemand im BMW. In einer Vierteloder halben Stunde vielleicht… aber erst einmal mußte er sich von hier entfernen.
Er war froh, davongekommen zu sein.
Er wendete den Citroën, fuhr zurück zur
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