0408 - Sie lockten mich mit Evelyn
»Der Bursche, den ich suche, hat höchstens vor eineinhalb Jahren hier angefangen.«
»Ist es sehr wichtig, dass Sie ihn finden?«
»Ja, Henry.«
Er legte mir die Hand auf die rechte Schulter, und wieder vergaß er, welche Kraft in seinen Pranken saß.
»Well, Cotton, ich habe nicht vergessen, was Sie für mich getan haben…«
»Sie sollten es vergessen«, sagte ich.
Er schüttelte seinen Kopf und stieß die Luft hörbar durch seine Nase aus. »Ein Bursche wie ich vergisst nie etwas, besonders nicht, wenn jemand mir geholfen hat. Bleiben Sie einen Augenblick hier, Cotton. Ich gehe schnell rüber in unser Büro und werde mir mal die Mitgliedslisten vorknöpfen.«
Nach einer knappen Viertelstunde war er zurück. Schon an der Tür schüttelte er seinen Kopf.
»Wir haben ’ne ganze Latte von Millers«, berichtete er. »Aber keiner ist drunter, der Bernie Miller heißt.«
Ich war wieder um eine Hoffnung ärmer, bedankte mich bei Henry und zog ab.
***
Eine Stunde später war ich mit dem Mädchen zusammen, das Bernice Miller hieß und von dem ich hoffte, doch noch etwas erfahren zu können.
Wir aßen zu Abend in einem kleinen, italienischen Restaurant, in dem ich öfter war.
»Was halten Sie davon, wenn wir noch irgendwo hingehen?«, fragte ich.
Sie lächelte.
»Ich würde ganz gern noch an einem ruhigen Ort einen kleinen Drink nehmen.« Nach einer kleinen Pause fügte sie hinzu: »Nur um Ihnen zu zeigen, dass ich Sie nicht loswerden möchte.«
»Ich wohne ganz in der Nähe«, schlug ich vor.
Sie zog ihre Augenbrauen hoch. Sie überlegte einen winzigen Augenblick, dann lächelte sie: »Okay!«
Wir fuhren zu meiner Wohnung. Ich machte für sie einen Tom Collins, während ich einen Scotch nahm.
Bernice Miller machte es sich in einem der Sessel bequem.
Sie nippte an ihrem Drink und sah mich an.
»Sie haben mich doch nicht nur für einen Drink eingeladen, nicht wahr? Sie haben doch sicher geglaubt, dass Sie auf diese Weise eine Möglichkeit haben, mir noch ein paar Fragen zu stellen?«
»Warum soll ich mich mit einem netten Mädchen streiten? Ich habe tatsächlich noch eine ganze Menge Fragen an Sie!«
»Was wollen Sie wissen?«
»Vor allen Dingen möchte ich wissen, was hinter der Verwechslung der Namen steckt.«
»Ist es vielleicht meine Schuld, dass meine Eltern mich Bernice nannten und meine Freunde es zu Bernie abkürzten?«
»So einfach ist das nicht. Es gibt da einen Burschen, der Bernie Miller heißt. Eine Fotografie von ihm habe ich, die seine Existenz beweist. Ein Kriminal-Reporter hat seine Adresse festgestellt, aber es ist Ihre Adresse, und Ihr Name ist auch Bernie Miller.«
»Es ist mir ein Rätsel.«
»Ich habe einen gewissen Jack Spring getroffen, und er hat mir die Adresse bestätigt.«
Sie starrte mich mit großen Augen für einen winzigen Augenblick an. »Ich kenne ihn nicht«, sagte sie dann langsam. »Ich habe nie von ihm gehört.«
»Er war befreundet mit Bill Rodman und Stan Grabowsky«, fuhr ich fort. Sie starrte mich erstaunt an, als ob sie die Namen noch nie gehört hätte. Und trotzdem hatte ich das dumpfe Gefühl als wüsste sie mehr.
Ich setzte alles auf eine Karte.
»Es gibt einen Grund, dass Ihr Name und Ihre Adresse von einem üblen Kerl benutzt wird, Bernie. Und Sie wissen darüber Bescheid. Sie können mir doch nichts vormachen.«
Sie drehte ihren Kopf zur Seite. Bevor sie sich abwandte, hatte ich noch ihren erschreckten Blick mitbekommen.
Ich war überzeugt, dass sie jetzt endlich sprechen würde. Ich glaubte fest, dass ich das Geheimnis aus ihr herausbekommen würde. Es sah so aus, als würde sie schon zum Sprechen ansetzen.
Genau in diesem Augenblick klingelte es an meiner Wohnungstür.
***
Bernie Miller stieß hörbar die Luft aus. Der Klang der Glocke war schrill und zerriss den Augenblick erregter Stille.
Ich fingerte meine Smith & Wesson aus dem Halfter, und Bernie Miller bekam große, runde Augen. Ich steckte die Waffe in meine Jackentasche und hielt mit der Rechten den kühlen Griff der Pistole gepackt, während ich mit der linken Hand die Tür öffnete.
Rex Bunter stand draußen.
Er verbeugte sich knapp und trat in die Diele, ohne mich lange zu fragen. Als er durch die geöffnete Tür des Wohnzimmers Bernie Miller sah, blieb er stehen.
Rex Bunter grinste breit. »Ich habe nicht gewusst, dass Sie Gesellschaft haben, Cotton. Dazu noch so nette Gesellschaft.«
Ich schloss die Tür und stellte die beiden vor;
»Ich bin entzückt«, gestand Rex
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