0408 - Sie lockten mich mit Evelyn
bringen, dass er mir etwas über Jack Spring erzählte. Jetzt kannte ich schon mehr Einzelheiten, nach denen ich fragen konnte.
Durch den Holland-Tunnel fuhr ich rüber nach Hoboken zur Huxley Street.
Die Straße war wie ausgestorben. Es war still hier, nur ein leichter Verkehrslärm von dem nahen Highway klang herüber. Die Tür des Ladens war offen.
Ich stieß sie mit der Schulter auf und trat ein. Andy Flash war nicht hinter dem Arbeitstisch. Automatisch blickte ich zu dem Regal hinter dem Arbeitsplatz und sah, dass der Zettel mit meiner Telefonnummer verschwunden war.
Neben der Tür war eine elektrische Klingel. Ich drückte den Knopf und hörte den Klang einer Glöeke. Aber Andy Flash erschien nicht.
Ich ging weiter zu der Tür, die anscheinend in die Wohnung von Flash führte. Ich öffnete sie und trat in einen dunklen Raum. Ich tastete mit der Hand rechts an der Wand herum, fand einen Schalter und drehte das Licht an.
Andy Flash lag auf dem Boden. Neben ihm lag eines der Schustermesser, blutverschmiert. Ich beugte mich zu dem Mann hinunter. Man hatte ihn erstochen. Vier Stiche stellte ich fest. Und alle in unmittelbarer Herznähe. Ich konnte nicht mehr helfen.
Flash war noch warm. In dem Gesicht mit den gebrochenen Augen war ein erstaunter Ausdruck.
Und dann… dann erklang die Glocke.
***
Ich sah mich schnell in dem Zimmer um. Es war unordentlich und es gab nur wenige Möbel. In der rechten Ecke stand ein Bett. Das Kopfkissen und die Laken lagen auf der Erde. Ein paar Stühle waren umgeworfen. Bevor Andy Flash gestorben war, hatte es einen Kampf gegeben. Ich nahm ein Laken und breitete es über die Leiche.
Die Glocke erklang noch einmal.
Ich konnte das Haus durch den Hintereingang verlassen. Dann überlegte ich aber, dass derjenige, der geklingelt hatte, vielleicht ein Kunde war, den ich wegschicken konnte. Wenn es kein Kunde war, dann wollte ich erst recht wissen, wer da klingelte. So öffnete ich die Tür und ging in den Laden.
Ein großer, schmaler Bursche mit einem ausgemergelten, bleichen Gesicht stand mitten im Laden.
»Bitte?«, fragte ich.
»Wo ist Flash?«, wollte er wissen. Seine Stimme war hoch und leicht heiser.
»Wollen Sie ein Paar Schuhe abholen?«
»Nein. Ich will mit Flash sprechen.«
»Das will ich auch«, sagte ich und musterte den Burschen genau.
Auch er nahm mich unter die Lupe. »Wer sind Sie?«, fragte er.
»Ich bin ein Möbelhändler«, schwindelte ich ihm vor.
»Ich werde auf Flash warten«, brummte der Bursche. »Ich werde in der Zeit eine Zigarette rauchen…«
Seine rechte Hand fuhr in die Manteltasche. Irgendwie hatte ich ein eigenartiges Gefühl.
Die Ausbuchtung seiner Tasche war außerdem zu groß. Mit einem Satz war ich heran. Bevor er die Kanone richtig aus der Tasche hatte, setzte ich ihm meine Faust unters Kinn.
Er prallte zurück. Ich packte mit einem blitzschnellen Griff nach seinem rechten Handgelenk und wand ihm die noch nicht entsicherte Luger aus den Fingern. Der Bursche wollte sich auf mich stürzen, aber mit einer schnellen Daumenbewegung legte ich den Sicherungshebel um.
Zusammen mit der Pistole hatte er ein Blatt Papier aus der Tasche gezogen, das zu Boden gefallen war.
Es war zusammengefaltet und so groß wie eine Zigarettenschachtel.
»Keine falsche Bewegung! Machen Sie keine Dummheiten!«, befahl ich. »Fünf Schritt zurück und Hände hoch!«
Er gehorchte. Sein Gesicht war noch bleicher geworden. Ich bückte mich nach dem Zettel, der auf dem Boden lag, und entfaltete ihn. Ich überflog den Inhalt und stieß einen erstaunten Pfiff aus.
Ich stieß den Kerl vor mir her und ging zum Telefon, das auf einem verstaubten Tischchen stand und sichtlich seit einer Ewigkeit nicht mehr benutzt worden war.
Ich rief die Mordkommission an und bat Mr. High Bescheid zu geben.
Dann wandte ich mich wieder dem Gangster zu.
Der Bursche war einer von dem Quartett.
Bill Rodman!
Der Aufenthalt in Sing-Sing hatte sein Aussehen so verändert, dass ich ihn nicht auf den ersten Blick wiedererkannt hatte.
Der Bogen Papier, den ich in der Hand hatte, verriet mir, dass die oberste Gerichtsbehörde von New York Bill Rodman wegen guter Führung auf Bewährung freigelassen hatte.
Ich faltete das Papier wieder zusammen, hielt es aber in der Hand. Ich ließ die Pistole sinken.
»Sie suche ich, Rodman. Nehmen Sie die Hände runter und setzen Sie sich. Dann können wir uns besser unterhalten. Aber machen Sie keine Dummheiten!«
»Wer sind Sie? Was wollen Sie von
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