0409 - Der Tod im roten Jaguar
Flusspolizei stand neben dem jungen Marineoffizier, der das schnittige Motorboot steuerte. McPherson warf einen Blick auf seine Uhr. Es war vier Minuten vor drei.
»Was haben Sie denn in dem Schrankkoffer?«, fragte der Marine-Offizier.
McPherson zuckte die Achseln.
»Ob Sie es glauben oder nicht: Ich habe keine Ahnung! Wir haben das Ding von einem Streifenwagen bekommen und unsere Anweisung direkt vom Commissioner. Nun tue ich seit elf Jahren Dienst auf dem Fluss, aber dass der Commissioner höchstpersönlich mich eines Telefongesprächs gewürdigt hatte, das ist noch nicht vorgekommen.«
»Da vorn!«, rief der Marine-Offizier. »Das müsste der Pott sein!«
Vor ihnen tauchten langsam die Umrisse eines mittelgroßen Frachters auf, dem sich das Motorboot schnell näherte. Der Frachter lag außerhalb der Dreimeilenhoheitszone vor Anker. Als sie näher herankamen, bemerkten die beiden jungen Offiziere, dass der Name des Schiffes mit Tüchern verhängt war.
»Diese Kindsköpfe«, sagte McPherson verächtlich. »Als ob nicht jedes Schulkind sehen könnte, dass der Kahn ungefähr sechstausend Tonnen hat und garantiert auf der Südamerika-Route fährt. Sie haben zwar die Flaggen gestrichen, aber ich wette Kopf und Kragen, dass es die Flagge von einem dieser mittelamerikanischen Zwergstaaten ist. Und wenn ich mich nicht sehr täusche, ist dieser verrottete Seelenverkäufer die Monica aus Puerto Rico. Na, wir werden ja sehen.«
Der Marine-Offizier drosselte die Geschwindigkeit. Das Motorboot fiel mit dem hochragenden Bug leicht in die Wellen zurück. Mit leisem Tuckern trieb der starke Motor das Boot nun langsam längsseits an den Frachter heran.
»Heeee-o!«, rief McPherson durch ein Megafon. »Heeee-o! Niemand an Bord?«
Droben an der Reling zeigte sich ein bärtiges Gesicht. Es verschwand sofort wieder. Gleich darauf tauchte eine andere Miene auf, ebenfalls von einem dunklen Bart umrahmt und einer dunkelblauen Schirmmütze bedeckt.
»Wer seid ihr?«, rief McPherson durch sein Sprachrohr.
»Geht euch das was an? Habt ihr Ladung für uns oder nicht?«
»Wenn ihr die Richtigen seid, so haben wir einen Schrankkoffer für euch«, schrie McPherson. »Aber wie soll ich wissen, dass ihr die Richtigen seid?«
»Zerbrich dir darüber nicht den Kopf, mein Junge!«, erwiderte der Bärtige von hoch oben. »Glaubst du, auf dem Atlantik wimmelt es von Schiffen, die vor Anker liegen und kostbare Reisezeit vertrödeln? Ich lasse den Ladebaum achtern ausschwenken!«
»Vorher muss jemand die Übergabe des Koffers quittieren!«, schrie McPherson hinauf.
»Habt ihr einen Vogel?«
»Ich bin Polizeilieutenant, und ich muss meinen Befehlen gehorchen. Mein Befehl lautet, einen mir übergebenen Schrankkoffer einem nicht näher beschriebenen Schiff ungefähr an dieser Position hier gegen Quittung auszuhändigen. Die Quittung muss vom Kapitän unterschrieben werden. Sonst kann ich den Koffer nicht freigeben.«
Der Bärtige droben an der Reling fluchte das Blaue vom Himmel herunter. Aus irgendeinem Grund machte es McPherson Spaß. Er verstand zwar den Sinn dieses geheimnisvollen Auftrags nicht, aber er widerstrebte ihm sowieso. So geheimnisvolle Aufträge, die so offenkundig das Licht des Tages scheuten - außerhalb der Dreimeilenzone werden nur lichtscheue Geschäfte abgewickelt -, liebte McPherson ganz und gar nicht. Als er auf seine Uhr blickte, war es gerade drei.
***
»Hallo, Jerry!«, sagte Mr. High, als ich den Hörer des Sprechfunkgerätes in die Hand genommen hatte. »Was tut sich auf der‘Brücke?«
»Es sieht so aus, als ob die Einweihungsfeierlichkeiten jeden Augenblick anfangen würden. Die Leute auf der kleinen Tribüne haben endlich Platz genommen. Die Fahrzeugkolonne hat sich einigermaßen formiert. Nur ein paar Ordner schwirren noch herum und suchen oder regeln weiß der Himmel was.«
»Wir sind inzwischen nicht untätig gewesen. Ich habe Ihnen gesagt, dass man auf dem Friedhof in Queens einen gewissen Abby Hillery erschossen aufgefunden hat?«
»Das haben Sie gesagt, Chef, ja. Auch dass die Kugel vermutlich oder gar gewiss aus dem Harrington & Richardson kam, den wir bei Harry ›Kid‹ Morgan fanden.«
»Ja. Inzwischen sind ein paar Meldungen eingegangen. Es steht fest, dass er seit Wochen diesen verkrachten Architekten Mac Doone über die Brücke ausgehorcht hat.«
»Seit wann interessieren sich Gangster für die Probleme modernen Brückenbaus?«
»Er scheint sich mehr dafür interessiert zu haben, wie
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