041 - Der Schwarze Tod
und strömte einen sanften Duft nach Weiblichkeit aus.
Ich nahm mir die Kinder vor, aber sie waren so erschrocken, daß sie gegen meine vorbereitete Spritze stießen, die herabfiel und zerbrach. Ich war bestürzt, und Jehan erbot sich sofort, den Schaden gutzumachen, indem er mir Gold anbot – schöne Münzen, mit dem Bildnis unseres guten Königs Ludwig.
„Man sagt, daß sie vor dem Schwarzen Tod schützen“, erklärte Jehan. „Unser guter König ist an dieser Krankheit bei den Heiden gestorben.“
Ich wollte sie nicht annehmen, aber er bestand darauf, daß ich wenigstens eine nahm.
„Als Erinnerung an Eure wertvolle Hilfe. Glaubt Ihr, daß wir nun die schreckliche Geißel nicht mehr zu fürchten brauchen?“
„Einige Tage noch. So lange braucht das Serum, um zu wirken.“
Nun hatte ich Eile, in mein eigenes Jahrhundert zurückzukehren. Ich sammelte meine Instrumente ein und verstaute sie in der Tasche.
„Ich werde Euch begleiten“, sagte Jehan de Boffre. „Ihr dürft der Wache nicht begegnen.“
Wir gingen. Die Kälte war beißender als bei uns, so schien es mir. Als wir zum Haus des Magiers kamen, zeigte sich eine seltsame Erscheinung. Es formte sich ein riesiger, strahlender Bogen über der Straße, dessen höchster Punkt bis an die Sterne zu reichen schien. Jehan bedeckte sich die Augen mit seiner Kapuze und sprach die heiligen Namen aus …
Wie zufällig verschwand die Erscheinung. Aber Jehan begann zu laufen.
„Ich fürchte …“, murmelte er.
Und tatsächlich: Wir stießen gegen eine undurchdringliche Mauer aus Stein.
„Zu spät“, sagte Jehan. „Hier könnt Ihr nicht zurück.“
„Gibt es noch andere Durchgänge?“
„Ja, aber ich kenne sie nicht.“
Ich hatte eine Idee. „Führt mich zur Herberge.“
„Sie lassen Euch nicht ein. Die Herren und Damen, die dort wohnen, weisen jeden Besucher ab.“
„Das ist meine letzte Chance. Ich kenne jemanden dort.“ Jehan sah mich von der Seite an. „Gut. Kommt also. Wenn man Euch nicht einläßt, könnt Ihr die Nacht bei mir verbringen und auf morgen warten.“
„Nein, meine Tante wäre beunruhigt.“
Außerdem fürchtete ich die Phantasie des Magiers. Möglicherweise hatte er nichts mit dem seltsamen Benehmen der Zeit zu tun, und der Sprung über die Jahrhunderte hinweg ging nicht auf sein Konto, aber ich zog es vor, vorsichtig zu sein.
Vor der Herberge blieb Jehan stehen. „Ich muß jetzt zurück. Ich höre die Wache.“
Ich trommelte gegen die Tür der Herberge und schrie kräftig „Hallo!“ Endlich öffnete sich ein Fensterchen in der Tür, und eine harte Stimme sagte: „Geht Eures Weges. Wir öffnen nicht.“
„Ich bin ein Freund von Charles de Kerguerhen, und er wird ungehalten darüber sein, wenn Ihr mir nicht aufmacht!“
Hinter der Tür wurde hastig geflüstert. Ich hörte das Rasseln von Waffen und Rüstungen am oberen Ende der Straße, gerade, als sich die Tür halb öffnete. Ich hatte kaum Zeit hinein zu schlüpfen.
„Ach, Ihr seid es?“
Die üppige Matrone, die ich beim Bad überrascht und kurz in den Armen gehalten hatte, bevor sie sich in Luft auflöste, sah mich mit großen, runden Augen an. Ein Knurren kam von links. Ich wandte den Kopf und sah den Zwerg, der meine Tante bereits mehrmals erschreckt hatte. Er hielt eine Kerze über seinem Kopf, streckte mir die Hand entgegen und sagte in drohendem Tonfall: „Vade retro … vade retro, Satanas … vade retro …“
„Komm, komm!“ rief ich. „Ich bin nicht der Teufel, sondern ein menschliches Wesen wie Ihr auch. Und nun führt mich zu meinem Freund.“
Die Frau hob die Schultern.
„Er schläft. Niemand kann ihn wecken, nach den vielen Schoppen Wein, die er getrunken hat.“
„Und den vielen Weibern, die er genossen hat“, rief der Zwerg, die Augen glänzend vor Lüsternheit.
Er streckte den Brustkorb vor und ging vor uns her, die Kerze erhoben. Im Halbdunkel rieb die Frau ihre Hüften an meinen.
„Edler Herr, anderntags hat man uns gestört. Kommt mit mir in meine Kammer! Sie liegt hinter dem Kamin und ist warm wie ein Nest.“
„Höre, Berangere!“ rief der Zwerg empört. „Du hast mir versprochen, daß heute Abend ich bei dir schlafen darf.“
„Ruhig, Collin!“ sagte sie. „Geh in deine Krippe und rühre dich nicht mehr heraus.“
Er warf uns einen bösen Blick zu und lief weg. Wir standen im Dunkel. Berangere nahm das zum Anlaß, um mich mit geübter Hand zu betasten. Sie war nicht besonders anziehend, aber mit zwanzig Jahren
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