041 - Der Schwarze Tod
zuzusprechen, schrie er plötzlich auf und zeigte auf den Boden. Die Leichen der Angreifer waren verschwunden.
Die anderen kamen zurück, freudig erregt, weil sie ihre geliebten Gewehre wieder bei sich hatten.
Als ich nach Hause kam, schlief meine Tante bereits. Sie hatte mir einen Topf Suppe auf dem Herd gelassen, und ich aß, ohne mich an den Tisch zu setzen, wo für mich gedeckt war. Dann tat ich so, als ob ich in mein Zimmer ginge, betrat aber leise das Apfelzimmer und ließ mich auf dem alten Bett nieder.
Die Kälte weckte mich um drei Uhr früh. Ich wartete mit klappernden Zähnen, bis ich aufstehen mußte, um meine Wache anzutreten ohne daß sich die Brücke in die Vergangenheit geöffnet hätte.
Gaston erwartete mich mit seinem Gewehr und einem Karabiner.
„Ich habe an dich gedacht“, sagte er. „Er ist nur einschüssig, aber auf kurze Entfernung macht er den anderen zu schaffen.“
„Sie sind nicht mehr gekommen?“
„Doch, aber die unseren haben sofort geschossen, und zwei waren auf der Stelle tot.“
„Und bei der Kirche?“
„Sie haben auf den Kutscher geschossen, und der Karren ist zurückgefahren.“
Das Gewehr umgehängt, wärmte er seine Hände am Eisenofen. Jetzt werden sie sich das Kommen überlegen.
Gegen sechs Uhr früh brachte uns die Wirtin der Schenke einen Topf Kaffee und ließ uns Tassen und Zucker da. Das Schlafbedürfnis wurde immer größer nach diesen durchwachten Nächten, und die beißende Kälte machte uns zu schaffen.
Zuletzt nahm mich Ninons Bild völlig gefangen, und ich hatte wache Alpträume um ihre Person. De Kerguerhen und dieser verdammte Zwerg Collin hielten sie gefangen, unterwarfen sie ihren abartigen Neigungen und vergewaltigten sie abwechselnd. Dieses Gemisch von Gewalt und Erotik ließ mich zuletzt wieder in die Gegenwart zurückfinden.
„Sag’ mal, diese Ninon, wer ist sie?“ fragte Gaston mit kleinen Augen.
„Ich … ich weiß nicht. Habe ich gesprochen?“
„Du schläfst im Stehen. Und du hast gerufen: Ninon, Ninon!“
Als wir abgelöst wurden, lief ich sofort nach Hause. Sobald ich im Bett lag, fiel ich augenblicklich in einen festen Schlaf und erwachte um dreizehn Uhr. Der Duft eines gebratenen Hasen lockte mich aus dem Bett und in die Küche.
„Hin und wieder könntest du dich rasieren“, sagte meine Tante. „Du siehst aus wie ein Holzfäller.“
„Warst du auf der Straße?“
„Die Leute sind froh, daß es keine weiteren Erscheinungen mehr gegeben hat. In der Nacht wurde gegen die vernagelten Fenster und Türen geklopft, aber Bastien hat einen Schuß auf eine der Türen abgegeben. Drüben hörte man einen Schrei und dann nichts mehr.“
„Entsetzlich“, sagte ich.
„Weshalb hast du nicht gesagt, was sich hier im Haus zuträgt? Vielleicht kommen die anderen durchs Apfelzimmer, und dann wird man uns vorwerfen, das wir es verheimlicht haben!“
„Aber nein. Dann spielen wir die Überraschten und tun so, als ob es das erste mal wäre, das es passiert.“
Sie sah mich verstehend an. „Du erwartest jemand von der anderen Seite?“
„Wo denkst du hin!“
„Halte mich doch nicht für dumm! Ich weiß, daß du lange Zeit in dem Zimmer zubringst. Ist es wegen dieser Frau, die so schlecht gerochen hat?“
Ich mußte lachen. „Nein, nicht wegen dieser.“
„Also wegen einer anderen.“
Sie hatte mich festgenagelt.
„Sag, bist du eigentlich noch normal? Dich in ein Mädchen zu verlieben, das vor sechshundert Jahren gelebt hat?“
Ich seufzte.
„Bitte, versuche doch zu denken. Das ist eine ausweglose Situation. Entweder sie kommt hierher, um mit uns zu leben, dann werden ihr die Leute hier feindlich gegenüberstehen. Oder du gehst hinüber, um mit den anderen zu leben. Aber das würde ich mir an deiner Stelle gut überlegen.“
„Soweit sind wir noch gar nicht. Ich mache mir nur große Sorgen um sie.“
In einigen Worten umriß ich ihr die Lage Ninons. Sie hörte mir zu, um nachher gegen Collin zu wettern.
„Dieser verdammte Wicht! Ich wußte gleich, daß man sich vor dem Halunken in acht nehmen muß. Und was den Ritter oder Baron betrifft, so hast du gut daran getan, ihn grün und blau zu schlagen.“
Ich wollte eben ins Apfelzimmer gehen, um den Nachmittag über zu warten, daß sich die Brücke öffnete, als man mich holen kam. Mit den beiden Toten und drei Verletzten waren wir kaum mehr genug Männer, um die Wachen aufrechtzuerhalten. Als ich in die Schenke kam. sprach man gerade davon, eine Straßensperre zu
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