041 - Der Schwarze Tod
essen wir.“
Offengestanden wäre mir ein guter, heißer Kaffee lieber gewesen, aber ich nahm mir dennoch von der Pastete, während er die Becher füllte.
„Wie erklärt Ihr es Euch, das Ihr hier seid, und ich Euch dennoch besuchen kann?“
„Und gibt es eine Erklärung?“
Ich war vorsichtig. In jener Zeit war es sehr einfach, der Zauberei angeklagt zu werden, aus harmloseren Gründen, als es eine Reise durch die Jahrhunderte war.
„Es heißt, daß ein Magier durch die Pest hier im Ort festgehalten wird und sich auf diese Weise rächt. Oder er versucht auf diese Art aus dem Ort zu kommen, denn vor einigen Tagen noch hätte man ihn der Zauberei beschuldigt und vor die Tore der Stadt gesetzt. Jetzt würden ihn die Wachen des Landesherrn sofort einsperren, wenn er versuchte zu entkommen.“
„Und glaubt Ihr daran?“
„Warum nicht? Ich weiß, das diese Magier über ungeahnte Kräfte verfügen.“
Er nahm eine riesige Schnitte Schinken, stopfte sie in den Mund und kaute eine Weile daran. Dann spülte er sie mit einem Becher voll Wein hinunter.
Seine Tischsitten ließen zu wünschen übrig, und er mißfiel mir immer mehr. Ich hatte schlecht daran getan, an seine Großmut zu appellieren, und nun befürchtete ich für Ninon das Schlimmste.
„So hat dieses Mädchen sich geweigert, Euch in Euer Jahrhundert zu folgen?“
Ich antwortete nicht.
„Sie hat Euch für den Bösen gehalten?“
Er lachte mit vollem Mund, und ich hatte große Lust, ihm die Faust in die Zähne zu schlagen. Nur der Gedanke, daß ich mich im nächsten Moment schon in meiner eigenen Epoche befinden konnte, hielt mich davon ab. Plötzlich wollte ich um jeden Preis im vierzehnten Jahrhundert bleiben, was immer auch geschehe. Aber dazu hätte ich dieses Zimmer verlassen müssen.
„Eßt Ihr nicht mehr?“
Seit einiger Zeit behandelten wir einander nicht mehr als Kameraden, und vergaßen einander zu duzen.
„Ich bin nicht mehr hungrig.“
Er sah mich von unten an.
Ich stand auf und ging zur Tür.
„Trinkt, zum Teufel!“
„Nein, danke.“
„Wohin geht Ihr?“
„Ich möchte Euch nicht länger zur Last fallen.“
„Wenn Ihr hinausgeht, kann es sein, das Ihr Eure Epoche niemals mehr wiederfindet.“
„Das macht mir nichts aus.“
Er erhob sich und zog seinen Degen.
„Ich befehle Euch, hierzubleiben!“
„Weshalb das, wenn ich bitten darf?“
„Weil es mir so gefällt.“
„Ihr habt großen Mut vor einem unbewaffneten Gegner.“
Sein Lächeln wurde noch um eine Spur unangenehmer.
„Du bist nichts als ein Bauernlümmel. Ich habe begriffen, daß zu deiner Zeit Leute von Stand nicht mehr existieren. Aber für mich bleibst du ein Bauernlümmel, und ich hätte größte Lust, dir den Schädel zu spalten.“
Mit dem Fuß holte ich einen Schemel heran.
„Probiere es!“
„Ach! Du muckst auf! Glaubst du tatsächlich, das ich mich von dir beeindrucken lasse?“
Er warf sich mit gezücktem Degen auf mich, aber ich bluffte. Er war überrascht.
„Glaube nicht, daß du lange mit mir spielen kannst“, schrie er fuchsteufelswild.
Er hätte seine Ruhe bewahren sollen. Nun stach er wie wild in meine Richtung, ohne mich zu treffen, und als er einen Augenblick lang aus dem Rhythmus kam, ließ ich meinen Schemel auf seinen Kopf niedersausen. Er schlug der Länge nach hin, eine böse Verletzung auf dem Scheitel. Das Blut floß langsam in sein langes Haar.
Ich hob den Degen auf und zerbrach ihn über meinen Knien. Als ich die Stücke auf seinen Körper warf, hatte ich ein plötzliches Schwindelgefühl, und als ich mich sinken ließ, zerquetschte ich zwei Äpfel meiner Tante. Erleichtert sah ich, das de Kerguerhen immer noch bei mir war. Das hieß, daß er lebte. Ich ging aus dem Zimmer, um Wasser und Verbandszeug zu holen.
Meine Tante drehte sich erschreckt um, als ich in die Küche trat. Sie war bleich wie der Tod.
„Oh, du bist es!“
Dann wurde sie wütend. „Na, da bist du endlich, Nichtsnutz! Ich habe die ganze Nacht gewartet, und es ist bald sieben.“
„Entschuldige, liebe Tante. Aber der Wirrwarr der Zeiten hat mich ganz konfus gemacht.“
Ich suchte Wasser und Verbandszeug.
„Für wen gehört das?“ „Für einen jungen Hitzkopf, der sich mit mir anlegen wollte.“
Als ich ins Apfelzimmer kam, war mein Opfer verschwunden. Meine Tante, die mir folgte, sah die zerquetschten Äpfel.
„Sieh mal! Schämst du dich gar nicht?“
Sie trat zu mir und schüttelte die Hand drohend.
„Aber du riechst
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