041 - Der Schwarze Tod
bewachen!“
„Wir sind aber nur mehr acht gesunde Männer“, gab einer zu bedenken.
Bei der letzten Zählung war die Einwohnerzahl auf fünfunddreißig Personen gesunken. Die Lage war schwierig.
Zwei Brücken konnten ganz einfach geschlossen werden, indem man die Fenster und Türen vernagelte. Es entwickelten sich zwar heiße Diskussionen mit den Eigentümern der Häuser, aber sie gaben schließlich nach. Nachdem die Fenster und Türen verschlossen waren, fühlten sich alle wohler.
Die Wachen wurden eingeteilt. Zwei Personen im Hilariusgässchen, zwei weitere an der einen Seite der Kirche, um dem Karren die Durchfahrt zu versperren. Tagsüber dauerten die Wachen vier Stunden, nachts zwei. Ein Eisenofen wurde draußen aufgestellt, damit sich die Männer aufwärmen konnten.
Ich nahm sofort die erste Wache, zusammen mit einem gewissen Gaston, einem kräftigen, gewalttätigen Mann, im Hilariusgäßchen. Ich wünschte mir von ganzem Herzen, das Jehan de Boffre nicht während meiner Wache auftauchte. Gaston hatte eine Heugabel und einen soliden Hammer im Gürtel stecken. Er schien sehr entschlossen, sich dieser Waffen auch zu bedienen, wenn er es für nötig hielt.
Aber glücklicherweise verlief meine Wache ohne Zwischenfall, und ich ging zu den anderen in die Schenke. Ich hatte vor, ein Glas Wein zu trinken und dann nach Hause zu gehen, um im Apfelzimmer zu warten. Meine nächste Wache begann um vier Uhr morgens.
Aber bald wurde uns die Nachricht überbracht, das im Hilariusgäßchen ein entsetzlicher Kampf im Gange war. Wir liefen alle hin. Die neue Wache hatte alle Hände voll zu tun, um ein halbes Dutzend Fremde davon abzuhalten, ins Hilariusgäßchen einzudringen. Der umgestürzte Eisenofen erleuchtete die Stelle genügend, so daß wir die wilden Gesichter der Eindringlinge sehen konnten. Wild – aber ausgezehrt. Die Nachricht, das ein Schlaraffenland nebenan existierte, mußte ach unter der ausgehungerten mittelalterlichen Bevölkerung wie ein Lauffeuer verbreitet haben, und es waren die Ärmsten der Armen, die uns angriffen, mit einer Entschlossenheit und Wildheit, die von Hunger und Pest bis zum äußersten getrieben wurden.
Trotz meiner Abneigung, mich auf diese armen Teufel zu stürzen, mußte ich mich in den Haufen mischen, denn andere Fremde kamen von drüben zur Verstärkung. Bald floß Blut, und einige Verwundete lagen im Schnee.
Seit einigen Minuten hatte ich den Bürgermeister aus den Augen verloren, aber plötzlich sah ich ihn die Straße überqueren und zum Gäßchen laufen, ein Gewehr in den Händen. Eigentlich waren ja alle Feuerwaffen an die Gendarmen abgeliefert worden, aber jeder hatte irgendwelche alte Flinten abgegeben und die guten neuen Gewehre im Stroh in den Ställen versteckt.
Der Bürgermeister blieb stehen und schoß zweimal in die Luft. Die Detonationen unterbrachen die Schlacht augenblicklich. Aber die Angreifer nahmen den Kampf sofort wieder auf. Der Bürgermeister lud nach und wollte erneut in die Luft schießen, als Gaston ihm das Gewehr aus der Hand riß und es aus geringer Entfernung auf die Angreifer entlud.
Einem von ihnen wurde die Schädeldecke abgerissen, und ein zweiter hatte ein riesiges Loch in der Brust. Ein kurzer Moment der Überraschung lähmte beide Seiten, dann flohen die anderen entsetzt durch die Mauer zurück in ihre Epoche. Im ganzen ließen sie fünf Personen zurück, die auf der Straße lagen.
Der Bürgermeister riß Gaston die Waffe aus der Hand und begann erzürnt, ihm Vorhaltungen zu machen. Aber alle pflichteten Gaston bei, und der Bürgermeister schwieg.
Ich beugte mich über die am Boden liegenden Gestalten. Wir hatten zwei Tote und drei Verletzte. Die Feinde hatten fünf Tote.
„Jetzt werden wir unsere Waffen hervorholen“, sagte Gaston. „Und auf unserer Seite wird es keine Toten mehr geben.“
„Richtig!“
„Das hätten wir von Anfang an tun sollen.“
„Heugabeln und Prügel! Die anderen können damit besser umgehen als wir.“
Die anderen gingen die Waffen holen, während ich mit dem Bürgermeister allein zurückblieb. Die Leute bei uns hatten immer ein Gewehr irgendwo. Die Freude an der Jagd wird ihnen mit der Muttermilch eingegeben, und nichts vertreibt sie ihnen wieder, nicht einmal der totale Mangel an Wild.
„Es war mein Fehler“, sagte der Bürgermeister. „Ich hätte niemals mein Gewehr holen dürfen.“
„Sie wären von selbst auf die Idee gekommen.“
Er schien sehr besorgt. Als ich versuchte, ihm Mut
Weitere Kostenlose Bücher