041 - Die Tür mit den 7 Schlössern
verzog die Lippen und schob das Kinn vor.
»O doch, ich habe Respekt - vor der Niedertracht deiner Frau. Ich habe noch nie einen Menschen gesehen, der so kaltherzig und gemein sein kann. Unterbrich mich nicht, Cody! Sieben Jahre habe ich den Mund gehalten, aber jetzt habe ich das Schweigen satt. Meine Tante und ich, wir gehören keiner Familie an, mit der man Staat machen kann. Ein verdammt böses Blut rollt durch unsere Adern. Aber das sage ich dir, trotz allen Reichtums möchte ich mit Mrs. Cody nicht tauschen. Habgierig ist sie wie ein Drachen, der in der Höhle über seinen Schätzen brütet. An ihren schmutzigen Händen klebt das Geld wie Pech.
Für eilten Schilling verkauft sie ihre Seele an den Satan - was würde sie erst für ein Vermögen tun!«
Er schloß die Augen. Dann öffnete er sie wieder, und solch ein Blitz des Hasses schoß aus seiner Lidspalte hervor, daß Cody zurücktaumelte.
»Sie bildet sich ein, daß ich ihr Dank schulde. Dank wofür? Mit Hunger und Prügeln hat sie mich großgezogen.« Er lachte wild und schneidend. »Hast du je von meinem Zwillingsbruder Johnny gehört? Ich habe die letzte Nacht von ihm geträumt, und seitdem kann ich sein Bild nicht mehr loswerden. Er war ein kleiner Knirps von sieben Jahren, als er spurlos verschwand.«
»Als er starb«, verbesserte Cody leise.
»Starb er wirklich? Meine Tante behauptet es. Ich habe ihn nicht sterben sehen.«
Sein Atem ging keuchend. Eine tiefe Falte lief quer über seine Stirn. Cody wich zur Tür zurück und hob die Hand schon zur Klinke, als Cawler ihm mit einem Tigersprung den Weg zum Rückzug verstellte.
»Bleib hier und höre, was ich dir zu sagen habe! Mit meinen eigenen Augen habe ich gesehen, wie sie den kleinen Burschen grundlos so lange verprügelt hat, bis ihn die Besinnung verließ. Wie ein Sack fiel er zu Boden. Und er soll eines natürlichen Todes gestorben sein? Deine Frau wird schon wissen, warum er starb ... Und der Tag wird kommen, wo sie Rechenschaft ablegen muß. Wenn sie ein Mann wäre, da wüßte ich, was ich täte! Keine Stelle an ihrem Körper bliebe heil. So, das wäre meine kleine private Abrechnung, nach der es mich schon lange gedürstet hat. Und jetzt hole ich das Auto. Du bist gewarnt, Cody!«
Bertram Cody starrte ihm nach. Sein Gesicht war fahl geworden. Die Knie schlotterten ihm. Die Angst hatte jeden Gedanken an Widerstand erstickt. In der Halle blieb er stehen und wischte sich die Schweißtropfen von der Stirn. Dann stieg er die Treppe zum ersten Stock hinauf und gelangte keuchend ins Zimmer seiner Frau. Die Tür knallte ins Schloß. Zwei Stimmen tobten gegeneinander - in grellem Diskant die eine, dumpf polternd die andere. Ein Gegenstand fiel krachend zu Boden. Jäh überschlug sich die helle Stimme und endete in zornigem Schluchzen. Dann wurde alles still. Nach einer Weile kam Mrs. Cody heraus. Ihre Augen waren vom Weinen geschwollen, ihre Züge verzerrt, die Lippen verkniffen. Sie ging leise die Treppe hinab, blieb vor dem Wohnzimmer stehen, lauschte mit verhaltenem Atem und drückte dann die Klinke vorsichtig nieder.
Sybil saß auf dem Sofa. Sie hatte ihren Kopf in die Hände gestützt und stöhnte. Ihre Augen hatten einen leeren, verschwommenen Blick. Sie war nur halb bei Besinnung.
Wortlos packte Mrs. Cody sie am Arm und zerrte sie empor. Sie legte ihr die eine Hand unter die Achsel, mit der anderen schob sie die Taumelnde vor sich her. Es dauerte lange, ehe die Treppe zum oberen Stockwerk, noch länger, bis die Stiege zur Mansarde erklommen war. Vor einer roh gezimmerten Tür blieb Mrs. Cody stehen. Sie stieß sie mit dem Fuß auf und warf Sybil auf das schmale Feldbett, das dicht unter dem schrägen Dach stand.
Sybil blieb reglos mit geschlossenen Lidern liegen. Mrs. Cody schenkte ihr keinen Blick, während sie in der Kammer hantierte. Die Nacht war bereits hereingebrochen, als sie die Tür von außen verriegelte und ihre Schritte in der Tiefe des Hauses verhallten.
Sybil vermochte sich an nichts zu erinnern, als sie mit berstendem Kopf aus der Betäubung erwachte. Alle Pulse an den Schläfen und an der Stirn hämmerten mit bohrendem Schmerz und dumpfem Dröhnen.
Ächzend richtete sie sich auf. Ein Tischchen war an das Bett gerückt. Eine Nachtlampe brannte darauf mit trübem Schein. Daneben stand ein Glas Wasser. Sie griff gierig nach dem Glas und entdeckte eine geöffnete Hülse, aus der ein paar Aspirintabletten auf ihre Hand fielen. Instinktiv nahm sie zwei davon auf die Zunge und
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