0414 - Ein Goldfisch unter Großstadt-Haien
diese Hitze«, sagte May freundlich lächelnd. »Ich mixe Ihnen einen eisgekühlten Drink.«
»Das ist sehr liebenswürdig, Madam. Aber bitte keinen Alkohol. Es ist nun mal Vorschrift, daß wir während der Dienstzeit nichts trinken dürfen, was benebelt.«
»Natürlich.« May ging in die Kü'che und hantierte dort eine Weile mit Sodawasser, Eiswürfeln und Fruchtsaft. Sie füllte ein großes Glas, das sofort beschlug. Der Sergeant nahm es dankbar entgegen, lächelte verlegen und trank in kleinen Schlucken.
May ging ins Badezimmer und stellte sich unter die Dusche. Eisig prasselte das Wasser; die Tropfen stachen wie Nadelspitzen. May fühlte sich erfrischt.
May war noch mit ihrem großen roten Badetuch beschäftigt, als die Türklingel schrillte. Erschrocken hielt die Frau inne.
Bill konnte es noch nicht sein. Der weite Weg von seiner Wohnung bis hierher war in der kurzen Zeit nicht zu schaffen.
Sergeant Rex Bowl hatte sich inzwischen erhoben, seine Uniformjacke geschlossen und das Glas auf den Boden gestellt. (Der Polizist öffnete seine Pistolentasche, legte die Hand an den Kolben der großkalibrigen Waffe, stellte sich seitlich neben die Tür und drückte auf die Klinke.
Die Tür sprang auf. Bowl blickte durch den Spalt, angespannt wie die Sehne eines schußbereiten Bogens, bereit, seine Waffe zu ziehen.
Aber es schien nicht erforderlich zu sein, denn vor der Tür stand eine junge Frau. Sie war mittelgroß, dunkel und blaß. In dem Gesicht, das etwas zu scharf geschnitten war, um ganz weiblich zu sein, schimmerten große dunkle Augen wie unergründliche Seen.
Bowl zog die Tür auf.
Erstaunt blickte ihn die Frau an, dann irrte ihr Blick seitlich ab — zum Türschild.
»Verzeihung, bin ich hier richtig. Ich will zu Mrs. Hunter.«
Bowl nickte. »Mrs. Hunter wohnt hier. Bitte, treten Sie näher.«
Beim Anblick der Dunkelhaarigen war das Mißtrauen aus Bowls Gesicht verschwunden. Dennoch hielt er es für angebracht, die Frau nicht aus den Augen zu lassen. Nachdem er die Eingangstür hinter ihr geschlossen hatte, führte er die Frau ins Balkonzimmer.
Im gleichen Augenblick verließ May Hunter das Bad, mit frischem rosigem, aber angespanntem Gesicht, bekleidet mit roten engen Bermuda-Shorts und weißer Bluse, nach herbem Parfüm und kostbarer Seife duftend.
Beim Anblick der Frau war May erleichtert. Freundlich und ruhig reichte sie ihr die Hand. »Ich bin May Hunter. Bitte, nehmen Sie Platz.« Das Gesicht der Dunkelhaarigen blieb reglos. Starr und forschend waren die großen Augen auf May gerichtet. Der etwas zu breit geratene, ungeschminkte Mund zuckte, als halte er im letzten Moment ein böses Wort zurück.
May blickte Rex Bowl an. »Vielen Dank, daß Sie geöffnet haben, Sergeant.«
Bowl nickte, trat in die Diele zurück und schloß die Tür hinter sich. Aber er setzte sich nicht auf den Stuhl, sondern blieb nahe der Balkonzimmertür stehen — wachsam und pflichtbewußt. Lieber wäre es ihm gewesen, er hätte mit drinbleiben dürfen. Aber er hatte kein Recht, das zu verlangen. Unmittelbare Gefahr konnte von der Besucherin nicht drohen.
Nachdem die beiden Frauen Platz genommen hatten, setzte May Hunter ein fragendes Lächeln auf. Da die andere jedoch kein Wort sagte, sondern May nur aus großen Augen anstarrte, überbrückte May das peinliche Schweigen mit der Bemerkung: »Wundern Sie sich bitte nicht, daß ein Polizist in meiner Wohnung Wache hält. Es ist zu meinem Schutz. Man hat gestern versucht, mich zu kidnappen, und es ist möglich, daß ich immer noch in Gefahr schwebe.«
»Kidnappen?« sagte die Dunkle mit einer Altstimme, die rauchiger klingen sollte, als sie es tatsächlich war. »Sie haben wohl viel Geld?«
Mays Gesicht verschloß sich wie eine Blüte in der Abenddämmerung. »Ich bin nicht unvermögend. Aber ich wüßte nicht, warum Sie das interessiert. Würden Sie 'mir jetzt bitte Ihren Namen nennen.«
Die Dunkle schien die Frage nicht gehört zu haben. Ohne ein Liderzucken hielt sie ihre großen Augen voll auf May gerichtet. Die locker gefalteten Hände ruhten im Schoß.
»Ein richtiger Goldfisch. Ich hab’ mir ’s gedacht. Es muß sich ja lohnen. Muß ja lukrativ sein.« Die Züge der Frau entspannten sich. »Es war zu erwarten. Aber diesmal kommt er mir nicht davon. Ich werde dafür sorgen, daß er im Zuchthaus landet. Der elende Lump,«
»Wovon reden Sie überhaupt?« Mays Stimme war schrill.
»Ich rede von meinem Mann. Oder von Ihrem Mann. Oder von unserem gemeinsamen
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