0415 - Roboter-Grauen
den Schrein.
Für ihn war es ein Augenblick der Freude, den er auskosten wollte. Es fiel ihm schwer, das Gefühl zu beschreiben, diese Euphorie, die ihn gepackt hielt und ihm vorkam wie ein nicht sichtbares Wesen mit großen Flügeln, das ihn in eine andere Welt wegtragen wollte.
Da das Licht auf die Oberseite des Schreins fiel, das Glas durchlässig war, aber nicht spiegelte, gelang es ihm, in die Tiefe des Schreins zu blicken und seinen Inhalt zu erkennen.
Das war die Krone der Ninja!
Für Yakup gab es keine andere Alternative, auch wenn erbeim ersten Hinschauen über das Aussehen der Krone enttäuscht war. So hätte er sie sich beileibe nicht vorgestellt.
Weder mit Perlen, Diamanten noch mit Geschmeide war sie verziert. Sie sah aus wie ein Helm aus Metall, der an seinem oberen Ende spitz zulief, ansonsten aber eine gewisse Breite besaß, sodass sie sich den unterschiedlichsten Kopfformen anpassen konnte.
Die Krone lag auf einem Untergrund, der den Türken an Kohlenstücke erinnerte, die in sich selbst noch Einschüsse hatten, sodass sie farbig schimmerten, wenn sie die Lichtstrahlen brachen, die durch das Glas auf sie fielen.
Zögernd streckte Yakup seine Hände auf. Er wirkte wie ein Mensch, der vor etwas ungemein Hohem steht und sich nicht traut, den endgültigen Schritt zu gehen.
Zudem befand sich zwischen ihm und der Krone noch die Glasplatte. Yakup sah auch keinen Riegel oder ein Schloss, das er hätte öffnen müssen. Fugendicht schloss die Platte mit dem Unterteil ab.
Er legte seine Hände darauf.
Das Glas fühlte sich ungewöhnlich warm an. Er glaubte daran, dass es sich um ein besonderes Material handelte, alles in dieser Höhle war von einem besonderen Wert, den man überhaupt nicht schätzen konnte. Vor ihm lag ein Geheimnis der japanischen Mythologie, etwas, das die Zeiten überdauert hatte und nur würdigen Menschen oder Kriegern offenbar wurde.
Im nächsten Augenblick erschrak Yakup, denn er wurde von jemandem angesprochen, den er nicht sah.
»Ich begrüße dich, der du den Weg zur Krone der Ninja gefunden hast und dem es gelang, alle Gefahren zu überwinden. Nur wer an dieser Stelle steht, ist würdig, die Krone zu tragen. Du bist es, Mann mit dem Namen Yakup.«
Der junge Mann aus der Türkei schaffte es nicht, etwas zu erwidern. Er stand da und spürte das trockene Gefühl in seinem Hals, als hätte ihm dort jemand Sand hineingeschüttet.
Er wollte so vieles sagen, eine Erklärung abgeben, da er sich nicht würdig fühlte, aber der andere, der Unsichtbare, von dem Yakup nicht wusste, wer es war, ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Wenn du die Krone nun an dich nehmen wirst, so sollst du wissen, dass es eine große Verantwortung für dich bedeutet. Dein Leben kann und muss sich sogar ändern. Du wirst über viele Dinge nachdenken können, du wirst eine große Macht besitzen, aber du wirst nicht unsterblich sein, denn dein Platz, dein Grab, ist bereits für dich reserviert worden. Wenn du zu Boden schaust, wirst du Gesichter erkennen. Sie gehören zu den Wesen, die die Krone einmal besessen und getragen haben. Sie alle haben in der Zeit vor dir gelebt. Vor langen Jahren und Jahrhunderten. Sie durften ebenfalls die Krone behalten, nur der Tod befreite sie von ihrem Besitz. Auch du wirst dabei keine Ausnahme machen, deshalb frage ich dich noch einmal: Bist du bereit, dieses Risiko einzugehen?«
Yakup holte tief Luft. Er war den weiten Weg gegangen und konnte nun nicht mehr zurück. Sagte er jetzt ab, hätte er den anderen, den Mächtigen und Unsichtbaren, enttäuscht.
Außerdem wartete irgendwo hinter ihm der Teufel, um ihm die Krone abzunehmen.
»Du zögerst?«
»Ja!« erwiderte Yakup mit leiser Stimme. »Ich zögere, da ich nicht weiß, ob ich würdig genug bin, die Krone besitzen zu dürfen.«
»Keine Sorge, du darfst es, weil du ein Mensch bist, der ihre Macht nicht missbrauchen wird. So wie die Krone da vor dir liegt, sieht sie unscheinbar aus, ohne Glanz und Pracht, aber das soll und muss so sein. Glanz und Pracht sind vergänglich, die Krone ist es nicht. Ihre Macht bleibt bestehen.«
»Dann werde ich sie nehmen.«
»Der Weg steht dir offen.«
Die Stimme hatte sehr überzeugend geklungen, und Yakup verließ sich darauf.
Diesmal drückte er seine Hände der gläsernen Oberflächedes Schreins forschend entgegen. Er berührte sie und berührte sie trotzdem nicht, denn seine Hände glitten hindurch, als wäre sie überhaupt nicht vorhanden. Auch die Arme tauchte er in die Tiefe
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