Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0418 - Zwei Orchideen für eine Tote

0418 - Zwei Orchideen für eine Tote

Titel: 0418 - Zwei Orchideen für eine Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
der Lukeneinfassung gestützt. Der Regen klatschte herein. Dicke Tropfen fielen auf das Bett, auf den Mantel, malten dunkle Flecke auf das helle, zerkratzte Holz des Tisches.
    »Er hat uns bemerkt und ist zur Luke ‘raus«, sagte Phil.
    Ich schob bereits den Kopf durch die Öffnung, steckte die 38er in die Schulterhalfter zurück, die Lampe in die Manteltasche, faßte mit beiden Händen den Lukenrand, strengte mich zu einem Klimmzug an, kam mit dem Oberkörper ins Freie, stemmte mich vollends heraus und kniete auf dem Dach. Es war so glitschig, als habe man die Ziegel mit Schmierseife eingerieben. Es fiel schräg ab und ich fühlte mich unbehaglich, als ich mich jetzt vorsichtig aufrichtete.
    Ich trug leichte Sommerschuhe mit glatten Ledersohlen. Sie boten nicht den geringsten Halt.
    Nur drei bis vier Yard schräg unter mir endete das Dach, gluckerte Regenwasser in einer breiten Rinne.
    Ein Stück über mir war der Giebel. Dort stießen die beiden Schrägseiten des Daches zusammen. Vor mir breitete sich eine scheinbar endlose Dachfläche aus — schräg, feucht, glitschig. Die Dächer der Reihenhäuser stießen fast ohne Übergang aneinander, waren nur an wenigen Stellen durch geringe Höhenunterschiede getrennt.
    Auf dem Nachbardach turnte eine dunkle Gestalt. Es war ein Mann. Er trug einen Koffer.
    Ich schob den Kopf durch die Luke zurück.
    »Ich sehe ihn, Phil. Er versucht in Richtung-Jones Street zu entkommen. Befindet sich noch auf dieser Dachseite. Saus' ‘runter und schneide ihm unten den Weg ab. Er wird bestimmt durch eine Bodenluke in eins der nächsten Häuser eindringen.«
    Mein Freund nickte.
    Ich zog den Kopf zurück, richtete mich vorsichtig auf. Ich bin zwar schwindelfrei, aber ich kann mir trotzdem etwas Schöneres vorstellen, als über ein fünf Stock hohes, glitschiges Dach zu balancieren.
    Ich versuchte aufrecht zu gehen. Schon nach dem zweiten Schritt glitten meine Füße wie auf Öl weg. Ich rutschte fast zwei Yard hinunter, krallte mich an den Rändern von Ziegeln fest und fühlte, wie mir der Schweiß ausbrach.
    Aufrecht gihg's nicht. Kurz entschlossen streifte ich die Schuhe ab. Sie segelten das Dach hinunter, stießen gegen die Regenrinne und verschwanden dann in der Tiefe. Ich hörte, wie sie weit unten auf den Gehsteig klatschten.
    Mit der linken Hand auf das Dach gestützt, in schräger Haltung, mit leider auch sehr glatten Perlonsocken an den Füßen — so setzte ich dem Raubmörder nach.
    Alles hatte sich natürlich viel schneller abgespielt, als man es beschreiben kann.
    Etwa zwanzig Yard trennten mich von der dunklen Gestalt. Der Bursche kam noch langsamer als ich vorwärts. Auch er glitt häufig aus, hatte schwer zu kämpfen, zerrte den Koffer hinter sich her.
    Der Abstand verringerte sich nicht. Ich scheuerte mir die Linke blutig. Die Socken hingen in Fetzen von meinen Füßen.
    Ich blickte am Dach hinauf. Der Giebel oben schien einigermaßen breit zu sein. So schnell ich konnte, kroch ich hinauf. Die Nahtstelle des Daches bestand aus einer langen Reihe bogenförmiger, breiter Ziegel. Auch sie waren glatt. Aber ich probierte es, stellte mich darauf, schraubte mich vorsichtig in die Höhe, breitete die Arme wie ein Seiltänzer aus. Es klappte. Ich hatte einigermaßen Halt' und ging los. Den Blick starr auf die feuchtglänzende Ziegelreihe vor mir gerichtet, mit den Armen balancierend.
    Ich kam rasch Vorwärts, erreichte den Rand des anderen Daches. Es lag in gleicher Höhe. Ich kam näher an den Raubmörder heran, der sich noch immer auf der Dachschräge vorwärts bewegte, sich offenbar nicht ein einziges Mal umgeschaut hatte. Ab und zu blieb ich stehen, warf einen Blick zu ihm hinüber. Dann konzentrierte ich mich wieder auf meinen schmalen Pfad und lief weiter.
    Plötzlich war der Kerl verschwunden.
    Ich merkte mir die Stelle, an der ich ihn zuletzt gesehen hatte, lief auf dem Grat des Daches entlang, bis ich in gleicher Höhe war. Dann blieb ich stehen. Zwei Körperlängen unter mir befand sich eine Dachluke. Sie glich der ersten, war aber geschlossen.
    Ich ließ mich auf alle viere nieder und rutschte die Dachschräge bis neben die Luke hinunter.
    Vorsichtig schob ich mein Gesicht über den Rand. Unter der Luke war alles dunkel. Ich packte den Rand und zerrte daran. Die Luke gab nach. Ich klappte sie hoch, erwischte den Riegel, stützte ihn auf den Rand in eine dafür vorgesehene Vertiefung.
    Ich lauschte. Außer dem Trommeln des Regens war nichts zu vernehmen.
    Jetzt auf den

Weitere Kostenlose Bücher