0419 - Der Grusel-Star
Seine Stimme hatte sich gesteigert. Sie war klirrend geworden, und ich begriff.
Mein Gesicht wurde starr. Ich hatte das Gefühl, als würdedas Blut selbst aus meinen Lippen weichen. Über meinen Rücken lief ein kalter Streifen, die Haut im Nacken spannte sich.
»Geschockt?« fragte er lachend.
»Wenn ich mir vorstelle, daß Sie dies ernst gemeint haben, muß ich Ihnen zustimmen.«
»Ich habe es ernst gemeint. Das Grauen und der Horror, den die Menschen auf dieser Yacht erlebten, waren echt. Sie wußten ja nicht, daß sie sterben müssen. Ich habe ihre Angst, ihren Tod, ihr Zittern alles auf Film gebannt und die Kopien dann verkauft. Sie glauben gar nicht, wie viele Menschen es gibt, die sich so etwas ansehen und dafür noch ein horrendes Geld bezahlen.«
»Menschen?« fragte ich mit einer Stimme, die mir selbst fremd vorkam.
»Wieso nicht?«
Ich schüttelte den Kopf und versuchte, mir die Gefühle, die in meinem Inneren tobten, nicht anmerken zu lassen. Für so etwas gab es keine Entschuldigung. Vielleicht wartete dieser Grusel-Star nur darauf, daß ich ausflippte. Den Gefallen tat ich ihm nicht. Ich riß mich zusammen, doch in meinem Innern kochte es. Auf den Handflächen sammelte sich der kalte Schweiß.
»Ich warte auf die Antwort, Sinclair.«
»Sie wissen genau, daß ich so etwas verabscheue. Menschen ist wirklich das falsche Wort. Tiere wäre auch nicht richtig gewählt, denn sie töten nur, wenn sie einen Grund haben. Aber was Sie da getan haben, ist so verabscheuungswürdig, daß ich dafür keine Worte finde. Ich will Ihnen ein Kompliment machen, van Akkeren. Wenn es den Tatsachen entspricht, was Sie mir da berichtet haben, dann haben Sie es geschafft, mich zu schockieren. Ich habe in meinem Leben viel menschlichen Dreck gesehen. Ich kenne Mörder, Totschläger und auch Wesen, die mit unserem Verstand einfach nicht zu begreifen sind. Ich habe hinter viele Dinge geschaut, ich weiß, daß es das Böse gibt, daß es sich auch manifestiert hat, aber Sie, van Akkeren, stehen auf dieser Pyramide der Schlechtigkeiten ganz oben. Das ist meine Meinung über Sie, den Grusel-Star.«
Er behielt sein kaltes Lächeln bei. »Sie haben mir eine sehr lange Predigt gehalten, Sinclair, und mir Dinge gesagt, die ich von einem anderen nicht entgegengenommen hätte, aber Sie ändern nichts an den Tatsachen. Mich fasziniert es, Dinge zu tun, die andere schockieren. Ja, ich bin in diesen Bann geraten und habe ebenfalls Kontakt zu dem Bösen aufgenommen.«
»Das hätten Sie nicht zu tun brauchen. Sie sind es bereits.«
»Möglich. Man hat mir mal gesagt, daß ein Mann wie ich eigentlich nur den Teufel zum Vater haben könnte. Vielleicht stimmt das sogar, denn meine Mutter hat mit mir über den Vater nie gesprochen. Erst auf ihrem Sterbebett sagte sie, daß sie nun zur Hölle fahren und dort die Glückseligkeit erleben würde. Als kleines Trostpflaster hinterließ sie mir ein nicht unbeträchtliches Vermögen, so daß ich unabhängig wurde und meine eigenen Wege gehen konnte. Ich wurde Regisseur.«
»Und was trieb Sie nach Zypern?«
»Mehrere Gründe.«
»Nennen Sie mir einen davon.«
»Das Richtschwert der Templer!«
Ich hatte etwas Ähnliches schon erwartet, war trotzdem überrascht, als ich es hörte, und van Akkeren lachte. »Na, kommen Sie mit?«
»Nein.«
»Dann geben Sie mal acht«, erklärte er mir. »Sehen Sie genau auf den Spiegel. Dort wird bald etwas erscheinen, was Ihnen nicht unbekannt sein dürfte. Wir haben es aus dem Meer gefischt.«
Mehr fügte er nicht hinzu. Er verließ sich dabei auf meine Beobachtungsgabe.
Ich sah tatsächlich etwas. Zuerst hielt ich es für den hellen Widerschein des Feuers, aber das war es nicht, denn es nahm Gestalt an und schwebte allmählich durch die Wand des Spiegels näher.
Golden war es.
Da wußte ich Bescheid. Es war diesem van Akkeren tatsächlich gelungen, den aus Schwert und Mensch bestehenden Klumpen aus dem Wasser zu bergen. Und dieses Stück polterte durch die Spiegelwand, prallte zu Boden, überschlug sich einige Male und blieb fast vor meinen Füßen liegen.
»Das ist der Grund, Mr. Sinclair!« hörte ich Vincent van Akkeren sprechen…
***
Es muß der Eigner der Yacht sein, dachte Suko, als er das Gesicht in den Spiegeln mehrfach sah. Ein normales Gesicht, nichts Besonderes, wenn nicht die böse Ausstrahlung gewesen wäre, die von ihm ausging. Das merkte auch Suko, und er wußte, daß ihm hier ein unversöhnlicher Feind gegenüberstand.
Nikos lag in
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