0419 - Der Grusel-Star
an einem schwingenden Stahlarm so geführt werden konnte, daß es mit jeder Bewegung die gesamte Breite des Zimmers erfaßte.
Frei nach Edgar Allan Poe hatte der Grusel-Star van Akkeren gehandelt. Er mußte den Roman »Das Pendel des Todes« sehr genau gelesen haben. Vielleicht hatte er auch den Film gesehen.
Suko erinnerte sich ebenfalls an den Streifen. Da lag der Held gefesselt auf einer Steinplatte, während über ihm das Pendel schwebte und bei jeder Schwingung tiefer sank.
Nur war er nicht gefesselt. Im ersten Moment ein Vorteil, doch hier war das Pendel größer, und als es zum ersten Mal schwang, sank es tatsächlich schon tiefer.
Suko blickte nach rechts und nach links. Er verfolgte das schwere Stahlpendel mit seinen Blicken. Es nahm tatsächlich bei seinem Weg die Zimmerbreite ein, und als es wieder zurückschwang, sank es noch ein Stück tiefer.
Suko konnte sich ungefähr ausrechnen, wann es den Boden erreicht haben würde.
Er sah das Blitzen des blauen Stahls und die scharfe Klinge.
Wer mit ihr in Berührung kam, war verloren. Nur brauchtedas nicht unbedingt zu sein, da die Kabine doch so groß war, daß Suko immer dem Pendel ausweichen konnte, auch wenn es fast den Boden berührte.
Van Akkeren hatte ein wenig übertrieben, als er von der Todesangst sprach.
Möglicherweise war dies auch nur der Anfang einer Kette von Schikanen und Grausamkeiten.
Dem Chinesen fiel nur auf, daß Nikos ziemlich ungünstig lag.
Wenn er so liegenblieb, würde ihm die Schneide des Pendels die Füße abtrennen. Deshalb brachte Suko den Griechen in Sicherheit.
Das Pendel war schon tiefer gerutscht. Es würde bei seinen Schwingungen auch keinen der Schädel berühren, so daß sie die Szene weiterhin beleuchteten.
Die Kabine war normal hoch. Suko verglich sie mit einem Zimmer. Und das scharfgeschliffene Pendel hatte bereits die Hälfte der Strecke hinter sich gelassen.
Noch immer bestand keine unmittelbare Gefahr für die beiden, und doch hatte van Akkeren nicht übertrieben. Er verließ sich nicht allein auf die Kraft des Pendels, noch etwas anderes hatte er auf Lager. Etwas viel Schlimmeres.
Suko spürte es zuerst an den Füßen, denn der Boden unter ihm erhitzte sich allmählich…
***
Die Statue war ausgerollt und vor meinen Füßen liegengeblieben.
Ich starrte sie an, während mich van Akkeren dabei beobachtete. Er sagte nichts, auch ich schwieg so lange, bis der Grusel-Star das Schweigen unterbrach. »Sie kennen diese Figur?«
»Ja.«
»Sie wissen, was mit ihr geschehen ist?«
»Ich war selbst dabei.«
Er nickte nach meiner Antwort. »Sehen Sie, das habe ich mir gedacht. Sie fragten mich vorhin, weshalb ich mit meiner Yacht vor Zypern kreuze. Ich wollte das Richtschwert der Templer in meinen Besitz bringen. Leider bin ich zu spät gekommen. Ob es nun Zufall oder Schicksal war, jedenfalls wurde der Gegenstand, auf den es mir ankam, durch Wasserdruck aus dem unterirdischen Felslabyrinth gespült und ins Meer geschleudert. Er senkte sich nicht einmal dem Boden entgegen, blieb dicht unter der Oberfläche, und wir entdeckten ihn. Ich wußte sofort, daß jemand dort gewesen sein mußte und meine Pläne zerstört hatte. Da, Sinclair, schauen Sie sich das Gebilde an. Mehr ist vom Richtschwert der Templer nicht zurückgeblieben. Ein goldener Klumpen mit menschlichen Umrissen.«
Ich fand tatsächlich erst jetzt die Zeit, mir das Gebilde richtig anzusehen. Die Zeichen meines Kreuzes waren dort eingraviert gewesen, jetzt sah ich nichts mehr davon. Das Schwert hatte einmal Hector de Valois gehört, der in mir wiedergeboren war. Er hatte es nicht mehr haben wollen, da zuviel Blut an der Klinge klebte, doch der Fluch des Schwerts breitete sich aus und ließ einige Menschen nicht ruhen.
Auch diesen Vincent van Akkeren nicht!
Sein Motiv, das Schwert an sich zu reißen, kannte ich nicht. Aber er würde es mir sagen.
»Es ist gut, daß alles so kam«, erklärte ich ihm. »Sogar sehr gut. Dieses Schwert hätte nur Unglück gebracht.«
»Aus Ihrer Sicht vielleicht, nicht aus meiner.«
Ich schüttelte den Kopf. »Der erste Besitzer des Schwerts stand nicht auf Ihrer Seite, van Akkeren.«
»Woher wollen Sie wissen, auf welch einer Seite ich stehe?«
»Das haben Sie mir durch Ihre Worte und Erklärungen deutlich genug zu verstehen gegeben.«
»Möglicherweise bin ich ganz anders.«
»Tatsächlich? Sollten Sie mich vielleicht belogen haben?«
»Das nicht, aber auch ich habe eine Aufgabe zu erfüllen, und ich bin sehr
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