042 - Die Schweinemenschen von Rio
er sich auf die Lauer. Seine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt, denn eine Weile kam niemand, dann eine ausgelassene Gesellschaft, an die er sich nicht heranwagen konnte, und schließlich erschienen zwei baumlange Männer, die er auch lieber in Ruhe ließ. Als sie alle weggefahren waren, torkelte endlich ein einzelner Mann über den Parkplatz. Er hatte reichlich getrunken, denn er hatte Schwierigkeiten, seinen Wagen zu finden. Nach langem Suchen entdeckte er seinen VW und versuchte den Schlüssel ins Schlüsselloch zu stecken.
Neiva schlich sich von hinten an ihn heran und schlug dem Betrunkenen den Knüppel über den Kopf. Er schleifte ihn an den Rand des Parkplatzes und legte ihn hinter einen Sandhaufen. Dann fesselte und knebelte er ihn mit Streifen, die er aus seinem Hemd riss, und eilte zu dem VW. Die Wagenschlüssel hatte er bereits eingesteckt. Er fuhr los und hoffte, dass der Betrunkene nicht durch einen dummen Zufall gefunden wurde, solange er mit seinem Wagen unterwegs war. An jeder Ampel, an der Neiva halten musste, zog er den Schweinekopf tief zwischen die Schultern. Er stellte die Jackenaufschläge hoch und hoffte, dass niemand in den Wagen sah.
Er erreichte Copacabana ohne Zwischenfälle. Den Wagen stellte er zweihundert Meter vom Hochhaus entfernt ab und ging dann zu einem Seiteneingang. Er hatte Glück, die Hintertür im Hof war offen. Neiva hatte schon damit gerechnet, einbrechen zu müssen. Er eilte hinauf in den zehnten Stock, zu den Räumen der Freimaurerloge. Es war nach dreiundzwanzig Uhr. Auf verschiedenen Etagen hörte er in den Wohnungen Grunzen, Scharren und andere animalische Geräusche.
Im zehnten Stock klingelte er an der Tür, seine Sackleinenkapuze über dem Kopf.
»Wer begehrt Einlass bei der Loge der okkultistischen Freimaurer?«, fragte eine Stimme über die Sprechanlage.
Neiva grunzte seinen Namen. Es wurde aufgeschlossen. Er konnte eintreten und sah Horacio da Rocha vor sich, einen Logenbruder niederen Grades.
Ehe er noch etwas erklären konnte, sah Horacio ihn erschüttert an und sagte: »Sie also auch, Großmeister. Jetzt ist alles verloren.«
Grunzend fragte Neiva, was das zu bedeuten habe.
Statt einer Antwort führte ihn Horacio da Rocha in den Tempelraum der Loge. An einem hufeisenförmigen Tisch saßen dreiundzwanzig Männer mit schwarzen Seidenkapuzen, wie sie bei den Befragungen von Neulingen, die in die Loge aufgenommen werden wollten, getragen wurden. Die Neulinge durften die Gesichter der Logenmitglieder nicht sehen, damit sie keine Namen nennen konnten, falls sie abgelehnt wurden.
»Ich habe euch eine schlimme Mitteilung zu machen, Brüder«, grunzte Neiva. »Ich bin es, Vicente Neiva, euer Großmeister.«
Er nahm die Sackleinenkapuze ab, aber der erwartete Aufschrei blieb aus. Stattdessen zogen die Logenbrüder ihre schwarzen Seidenkapuzen von den Köpfen.
Domingo Marcial brachte uns bis zum Hochhaus. Dort wollte er sich verabschieden.
»Ich habe noch sehr wichtige Dinge zu erledigen, die keinen Aufschub dulden. Die Freimaurerloge befindet sich im zehnten Stock.«
»Einen Augenblick!«, sagte Jeff Parker mit fester Stimme. »Sie werden mitkommen, Señor Marcial! Ich will jetzt endlich und endgültig Aufklärung über die Dinge, die hier vorgehen, und ich muss gestehen, dass mir Ihre Rolle nicht ganz klar ist.«
»Das wird Ihnen alles Vicente Neiva sagen.«
»Nur wenn Sie mitkommen. Andernfalls werde ich nämlich nicht zu den Freimaurern gehen. Weshalb sträuben Sie sich, Señor Marcial? Sie wollen uns doch nicht etwa in eine Falle locken?«
Marcial lachte gezwungen. »Was reden Sie da, Señor Parker? Ich mich sträuben? So ein Unsinn. Also gut, ich werde mit Ihnen kommen, wenn Sie darauf bestehen, nur muss ich mich bald wieder empfehlen.«
»Das wird Ihr Großmeister Vicente Neiva bestimmen.«
Ich spürte, dass hier etwas vorging, mehr noch aber war ich von der Erwähnung der Freimaurer überrascht. Der Playboy Jeff Parker und die Freimaurer – das waren zwei Dinge, die mir nicht unter einen Hut zu passen schienen. Nun, jetzt würde ich die Zusammenhänge ja endlich erfahren.
Wir betraten das Hochhaus und stiegen die Treppe hinauf. Es entging mir nicht, dass Marcial sich in seiner Haut nicht wohl zu fühlen schien. Die gnostische Gemme hatte ich wieder eingesteckt, nachdem die Macumba-Hexe Viviana entkommen war; das Kreuz trug ich ebenfalls bei mir. Da ich auch noch einen Revolver für alle Fälle dabei hatte, war ich für die Dinge, die
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