042 - Die Unsterblichen
Zentrum des Texas Panhandle, in dem die große Prärie und die Wüste von West Texas zusammentrafen. Daran hatte sich auch nach der Klimaveränderung nur wenig geändert. Das Gras wuchs immer spärlicher, dafür kam der gelbe Sand zum Vorschein, dem die Stadt ihren Namen verdankte.
Aiko hielt sich weit entfernt von den früheren Autobahnen und näherte sich dem Südteil von Amarillo. Die Dunkelheit schützte sie vor Entdeckung aus der Luft, CF-Strahlung und Naokis Störnetz vor zufälliger Ortung. Wie zwei flüchtige Schatten huschten sie über die Prärie.
Die Gleiter konnten praktisch nicht zu Boden stürzen, da sie auf einem Kraftfeld schwebten, das sich aus den Magnetfeldlinien der Erde speiste. Kollisionen waren aber trotzdem möglich. Ohne Scheinwerfer war der Flug nicht ganz ungefährlich, aber Aiko kannte die Gegend wie seine Westentasche.
Im fahlen Schein des Mondes zeichneten sich gigantische Schemen ab, die an einen Oktopus erinnerten, der seine Fangarme ausstreckte.
Aiko gab Handzeichen, das Tempo zu drosseln, denn die Funkanlage durften sie nahe des Towers nicht benutzen.
Langsam ging es weiter, bis Matt erkannte, das es sich bei den Tentakeln um die Überreste einer verfallenen Achterbahn handelte. Weitere Fahrgeschäfte schälten sich aus der Dunkelheit, bis er ein Schild entdeckte, auf dem sich mühsam Wonderland Amusement Park entziffern ließ. Matt hatte schon einmal davon gehört. Diese Anlage war weit über die Grenzen von Texas bekannt… gewesen.
»Du musst dicht hinter mir bleiben«, wies ihn Aiko an.
Der Ex-Commander winkte zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Gemeinsam wanden sie sich durch ein Labyrinth von Metallschrott, dessen Herkunft nur zum Teil ersichtlich wurde. Einige Male wurde es verdammt eng, doch Matt besaß genügend Feingefühl, um die Kiste überall lang zu steuern, wo auch Aiko durchkam.
»Dort oben!«, rief der Cyborg und deutete auf einen dunklen Kasten, bei dem es sich vermutlich um die Rückwand einer Kamera handelte. »Die hat uns nicht gesehen!«
In den nächsten Minuten zeigte er noch auf weitere Gegenstände, aber meistens sahen Matt und Aruula nur vage Schatten. Mit der Nachtsicht der Cyborgs konnten sie nicht konkurrieren.
Als sie den unheimlichen Park hinter sich gebracht hatten, atmeten sie erleichtert auf. In den breiten Straßen der Stadt sammelten sich genügend Mondstrahlen, um ihnen eine vernünftige Sicht zu bieten. Zielsicher führte Aiko sie zum Medical Center. Als sie nur noch drei Wohnblocks entfernt waren, stellten sie die Gleiter im Erdgeschoss eines Hauses ab.
Matt spähte vorsichtig durch einen Mauerdurchbruch.
Sie waren so nah am Ziel, dass die erleuchteten Fenster seine Augen blendeten. Nachdem sich die Pupillen auf die neuen Lichtverhältnisse eingestellt hatten, erkannte er aber auch die dunklen Gestalten, die auf dem Hof patrouillierten.
»Wie kommen wir an denen vorbei?«, fragte er.
»Gar nicht.« Aiko grinste. »Wir gehen eine Etage tiefer.«
Den Torso von Green Three unter den Arm geklemmt, führte er seine Begleiter tiefer ins Haus. Im Keller schlug ihnen feuchte Luft entgegen. Leises Wasserrauschen war zu hören, doch die Quelle dafür ließ sich nirgends ausmachen. Aiko musste erst eine Stahlplatte zur Seite schieben, bevor der Durchgang zur Kanalisation sichtbar wurde.
»Hierdurch bist du also als Kind immer entwischt«, tadelte Naoki ihren Sohn.
»Und auch noch als Erwachsener«, gab Aiko trocken zurück. »Du ahnst gar nicht, wie langweilig euer wissenschaftliches Gequatsche manchmal ist.«
Naoki stemmte empört die Hände in die Hüften, doch Matt mahnte zur Eile. »Wenn alles vorbei ist, könnt ihr euch noch ein Leben lang streiten«, versprach er.
Hintereinander traten sie durch den Mauerriss, der in einen schmierigen engen Gang führte. Sie versanken bis zu den Knöcheln in Schmutzwasser, doch es waren nur wenige Schritte bis zum Hauptkanal.
Hier konnten sie auf der Betonkante entlang gehen, die neben dem Abwasser verlief. Abgesehen vom typischen Kloakengeruch war die Strecke bis zum Medical Center recht gut erhalten.
Über eine kleine Treppe gelangten sie zu einer massiven Stahltür, die mit einem Tastaturblock versehen war. Aiko tippte den Pincode ein und öffnete.
»Das war alles?«, fragte Matt misstrauisch.
»Keine Wächter, keine zusätzlichen Sicherungen?«
»Wozu?«, entgegnete der Cyborg. »Wir haben es normalerweise nur mit betrunkenen Bisonjägern zu tun, die sich zu nahe an die Stadt heran
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