042 - In den Klauen der Knochenmänner
er sie zum Shlaak machen wollte. Daß er sich damit bisher noch Zeit ließ, lag wohl daran, daß er als Clint Harrison noch auf ein wenig Spaß mit ihr aus war.
Mißbraucht von einem Dämon!
Susannah war zutiefst erschüttert. Hatte sie wirklich keine Chance mehr? Würde diesem schrecklichen Ungeheuer gelingen, was es sich vorgenommen hatte? Wer hätte Prommon daran hindern sollen?
Susannah preßte ihr Gesicht gegen das Glas des Seitenfensters. Susannah… Noch hieß sie so, aber bald würde sie auch einen anderen Namen haben: Parrisa!
Und er würde bestimmend sein für ihr weiteres Leben…
***
Roxane stöhnte leise. Ein beißender Schmerz durchfloß ihre Glieder.
Sie sah, wie die Shlaaks sich noch einige Schritte näherten und dann stehenblieben.
Doch Woccy gab sich nicht damit zufrieden, die Hexe aus dem Jenseits kampfunfähig gemacht zu haben. Er wollte ihre Energie fressen. Als er sich anschickte, sie zu töten, rief einer der Shlaaks:
»Woccy, was hast du vor?«
»Das siehst du doch! Ich werde diese Feindin töten!« knurrte dieser.
»Prommons Befehl lautet…«
»Ich kenne Prommons idiotischen Befehl, kümmere mich aber nicht darum!«
»Du weißt, daß Prommon Ungehorsam grausam bestraft!«
»Prommon ist nicht mehr unser Anführer!« warf nun Brunceen ein.
»Er ist nicht hart genug und nicht stark genug. Wir brauchen einen härteren, stärkeren Anführer! Wir brauchen Woccy! Ich stelle mich hinter ihn, und ihr solltet das auch tun.«
Woccy hob sein Knochenkinn. »Es steht jedem frei, auf Prommons Seite zu bleiben. Er muß aber dann damit rechnen, daß er mit Prommon untergeht.« Seine leeren Augenhöhlen richteten sich auf die Höllenkomplizen. »Hat einer von euch die Absicht, mich daran zu hindern, diese Hexe zu töten?«
Niemand trat vor.
»Wenn ihr dabei tatenlos zuseht, kommt das einem Einverständnis gleich!« sagte Woccy. »Dann steht ihr auf meiner Seite, ist euch das klar?«
Keiner der Shlaaks erwiderte etwas.
Damit waren die Würfel gefallen. Roxanes Schicksal war besiegelt, und die Hexe aus dem Jenseits konnte sich nicht wehren. Was geschah, mußte sie geschehen lassen.
Es war grausam…
Woccy setzte ihr die grünen Schlangen an. Wieder bissen die Höllenreptilien zu, und Roxane drohte schwarz vor den Augen zu werden. Sie schwankte wie ein Halm im Wind, fiel gegen die Hausmauer und spürte, wie der unbeschreibliche Schmerz sich in ihrem schlanken, biegsamen Körper verteilte.
Das Ende… hallte es in ihrem Kopf. Dies ist das Ende …
***
Ich sah Clint Harrison ganz kurz an der Terrassentür stehen. Dann sprang er zurück. »Er versucht zu fliehen!« rief Vicky Bonney.
»Vielleicht erwische ich ihn noch im Haus!« stieß der Ex-Dämon hastig hervor. »Versucht ihr ihn draußen abzufangen.«
»Okay«, sagte ich. »Komm, Vicky!«
Der Hüne rannte zur Terrasse. Er flog die Stufen förmlich hinauf.
Da die Tür geschlossen war, zertrümmerte Mr. Silver kurzerhand das Glas und drang in das Gebäude ein.
Gesetzmäßig war das Vorgehen des Ex-Dämons nicht gedeckt, aber wir brauchten uns keine Sorgen zu machen, daß uns die Behörden deswegen Schwierigkeiten machen würden, denn die Bekämpfung von Dämonen ist gesetzlich nicht geregelt.
Während der Ex-Dämon mit Brachialgewalt in das kleine Haus eindrang, liefen Vicky Bonney und ich daran vorbei. Wir sahen, daß Harrison nicht allein war.
Er hatte ein Mädchen bei sich, und sie ging nicht freiwillig mit ihm. Er mußte sie tragen, während sie sich verzweifelt in seinem Griff wand.
»Er hat eine Geisel!« zischte ich Vicky zu.
»Auch das noch!«
Harrison raste mit einem Wagen davon, ohne daß wir ihn daran hindern konnten. Wir hatten nur eine Möglichkeit: ihm zu folgen.
Mr. Silver stampfte aus dem unscheinbaren Haus. Wir stiegen in den Peugeot, und ich nahm die Verfolgung auf, wobei ich mich bemühte, unbemerkt hinter Clint Harrison zu bleiben.
Ob mir das auch gelingen würde, stand auf einem anderen Blatt.
Schließlich hatte ich es mit keinem Menschen, sondern mit einem Dämon zu tun. Einen Mann konnte ich täuschen, aber ein Höllenwesen?
Wir verließen Croydon in nördlicher Richtung, das heißt, wir rasten auf direktem Weg der City von London entgegen. Doch Harrison blieb nicht auf dieser Straße.
Er schwenkte bald ab. Die Straße, die er gewählt hatte, war schmal und kurvenreich. Ich spielte mein ganzes fahrtechnisches Können aus und blieb weiterhin dran.
»Wohin er wohl fährt?« fragte Vicky Bonney
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