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0420 - Sie holten sich den grauen Joe

0420 - Sie holten sich den grauen Joe

Titel: 0420 - Sie holten sich den grauen Joe Kostenlos Bücher Online Lesen
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von Joe Tenides, der sich halb umgedreht hatte und verzweifelt die Arme hob. Bewegungslos wie eine Statue stand er da und wartete.
    ***
    Poe S. Flushing war ein ausgezeichneter Schütze. Er verstand von Maschinenpistolen fast so viel wie von Autos, und das war eine ganze Menge. Er war unbestrittener Spezialist auf seinem Gebiet. Obwohl sich selten ein Gesichtsmuskel regte, ärgerte er sich heute schon zum zweiten Mal.
    Er saß auf dem Beifahrersitz und hielt die Lippen zusammengepresst. Seit anderthalb Stunden verfolgten sie einen Mann, der ihnen einfach nicht vor die schwere Luger laufen wollte, die Poe auf den Knien hielt. Das erste Mal hatten sie Pech gehabt, als der Mann gerade rechtzeitig in einem Vorortbahnhof verschwand und einen Zug nach New York bestieg. Poe hatte einen Blick auf den Fahrplan geworfen, und dann waren sie im Höllentempo zur Penn-Station gerauscht. Drei Minuten vor Ankunft des Zuges waren sie da. Und wie ein Schatten stand Poe in der Nähe des Bahnsteiges, als der Gesuchte ausstieg.
    Poe hatte den Auftrag bekommen, den Mann unter allen Umständen zum Schweigen zu bringen. Ciro, der neben ihm den schwarzen Dodge steuerte, hatte am Nebenausgang des Bahnhofs gewartet. Ihre Berechnungen waren richtig gewesen. Der graue Joe hatte den Hauptausgang gescheut und sich in die wenig befahrene 33. Straße gedrückt.
    Mit dem Nachtglas verfolgte Poe sein Opfer. Er sah, wie Joe den U-Bahn-Eingang ansteuerte, und nickte Ciro zu. Dieser ließ den Wagen langsam vorrollen. Die rechte Scheibe war herabgekurbelt. Poe hatte die Waffe entsichert und einen Schalldämpfer aufgeschraubt. Als sie auf gleicher Höhe mit dem Verfolgten waren, hob Poe den Arm. Aber bevor sich die Mündung auf den grauen Joe senkte, der keine fünf Yards von ihnen entfernt war, zischte Ciro kurz. Blitzschnell warf Poe einen Blick nach vorn. Und was er sah, veranlasste ihn, die Waffe augenblicklich in der Seitentasche der Türverkleidung verschwinden zu lassen.
    Ein Streifenwagen der New York City Police war gemächlich in die 33. Straße eingebogen und rollte genau auf sie zu. Matt glänzte der runde Glaskörper auf dem Dach des schwarz-weißen Chevys. Sie waren nicht im Einsatz, sondern nur auf Patrouillenfahrt. Unbewegten Gesichtes ließ Ciro die Kupplung sanft greifen, und der Dodge rollte wieder an.
    »Das hätte ins Auge gehen können«, knurrte Ciro. »So ein verdammtes Pech. Müssen die Brüder immer im falschen Moment auftauchen?«
    Poe hatte sich eine Zigarette angezündet, als ihm blitzartig eine Idee kam. Er sah an der Ecke einen Drugstore. In jedem Drugstore gibt es ein Telefon. Er merkte sich den Namen, dann befahl er Ciro, dort auf seinen Anruf zu warten.
    Geschmeidig wie eine Katze verließ Poe den Dodge und rannte zum Metroeingang.
    In der letzten Sekunde erreichte er noch den Zug, der zum Hudson fuhr. Poe durchlief die Wagen und hatte Joe bald entdeckt.
    Nach sieben Stationen stieg der graue Joe aus. Es war nicht schwer, ihm zu folgen. Die Fußwanderung dauerte knappe fünf Minuten. Dann hielten sie vor einem modernen Apartmenthaus. Leider konnte Poe nicht hinein, denn der Hauseingang war hell erleuchtet, und es standen drei Männer davor, die sich angeregt unterhielten. Erst nach zwei Minuten verschwanden sie in einem Wagen und fuhren ab. Schnell näherte sich Poe und studierte die Namensschilder. Was er da sah, entlockte ihm einen kleinen Pfiff.
    Am Ende der Straße stand eine Telefonzelle. Er ging schnellen Schrittes auf sie zu. Während er telefonierte, konnte er den Ausgang im Auge behalten. Er gab Ciro die Adresse und den guten Rat, so schnell wie möglich aufzutauchen. Dann bezog Poe wieder seinen Beobachtungsposten schräg gegenüber.
    Nach vier Minuten war der Dodge da. Sie stießen rückwärts in die nächste Querstraße, gerade soweit, dass sie noch das Haus sehen konnten. Es dauerte nicht lange, dann erschien der graue Joe. Er ließ den Kopf hängen und trottete direkt auf den Dodge zu. Ciro ließ sofort den Wagen ein paar Yards zurückrollen. Joe musste die Straße direkt vor ihnen überqueren. Sie brauchten das Haus nicht weiter im Blickfeld zu behalten.
    Sie warteten, bis Joe an der Kreuzung auftauchte. Unschlüssig blieb er dort einen Moment stehen, dann wandte er sich nach links. Er entfernte sich, gewohnheitsmäßig dicht an die Hausmauer gedrückt, was ihm auch den Namen »der graue Joe« eingebracht hatte. In der Nacht verschmolz der Körper des schmächtigen Mannes mit den Mauern, an denen er sich

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