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0420 - Sie holten sich den grauen Joe

0420 - Sie holten sich den grauen Joe

Titel: 0420 - Sie holten sich den grauen Joe Kostenlos Bücher Online Lesen
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vorbeidrückte. Ohne Lichter überquerte der Dodge die Kreuzung.
    Mitten auf dem Bürgersteig blieb Joe zusammenzuckend stehen. Im selben Moment strahlten die Scheinwerfer voll auf und blendeten ihn. Er hob abwehrend die Hände und verzog das Gesicht in panischer Angst. Doch diesmal war alles umsonst. Er hörte das gefährliche Brummen, das rasend schnell näher kam. Gelähmt vor Schreck blieb er in verkrampfter Haltung stehen.
    Zwei Sekunden später gab es einen harten Schlag. Bremsen quietschten, und Glasscherben zersplitterten. Krachend wurde der Rückwärtsgang eingelegt, dann ruckte der Dodge wieder an. Noch zwei Yards und das leblose Bündel löste sich von der Stoßstange und blieb auf dem Pflaster liegen. Mit aufheulendem Motor schoss der Dodge weiter.
    Verkrümmt und in einer schnell größer werdenden Blutlache lag der graue Joe auf der nachtdunklen Straße.
    Ich war einfach zu weit weg, um eingreifen zu können. Nicht einmal ein Warnschrei hätte etwas genützt. Joe rührte sich keinen Millimeter, bis der Wagen ihn erfasst hatte.
    In ohnmächtiger Wut sah ich das Verhängnis kommen. Meine Hand fuhr unter das Jackett, doch die Smith & Wesson hing friedlich zu Hause im Halfter. Ich war völlig unbewaffnet. Als der Schlag zu mir herüberscholl, zuckte ich zusammen. Ein würgendes Gefühl überkam mich.
    Es war glatter Mord, der da vor meinen Augen verübt wurde. Aber das Brechen von Metall und Glas riss mich aus meinen Gedanken. In olympiareifem Sprint raste ich auf die Unfallstelle zu. Aber ich hatte noch nicht die Hälfte des Weges zurückgelegt, da hatte sich der Wagen von seinem Opfer gelöst und fuhr bereits wieder an.
    Undeutlich sah ich zwei Gestalten, dann warf ich einen Blick auf das Nummernschild. Es war beleuchtet, aber zu verdreckt, um abgelesen zu werden. Trotzdem glaubte ich, wenigstens die Buchstaben erkannt zu haben. Der Wagen schien nicht aus New York zu stammen.
    Als ich mich keuchend über den grauen Joe beugte, lebte er noch. Und da im selben Moment ein paar Fenster des nächsten Hauses aufgerissen wurden, verlangte ich sofort nach einem Arzt. Aufgeregte Stimmen schwirrten durch die Nacht, doch ich kümmerte mich nicht darum.
    Meine Sorge galt dem Schwerverletzten. Flach und unregelmäßig ging der Puls. Sehr behutsam hob ich seinen Kopf etwas an und schob mein zusammengerolltes Jackett darunter. Joe stöhnte kurz auf. Ich hielt inne. Ich wollte nicht etwas Falsches tun.
    Als schon die Sirenen der Ambulanz zu hören waren, hustete Joe. Er hatte plötzlich die Augen offen und starrte mich an. Ich beugte mich dicht zu ihm, denn er wollte etwas sagen. Nur murmelnd und zitternd kamen ein paar Wortfetzen.
    »Mich - erwischt - Braniff«, glaubte ich zu verstehen. Er zuckte noch einmal, dann starrten die Augen glanzlos in die Nacht. Der Atem hatte aufgehört. Der graue Joe war tot. Ermordet.
    Der wenige Sekunden später eintreffende Arzt konnte nur noch den Exitus bestätigen. Mit rauer Stimme gab ich ihm ein paar Erklärungen. Dann ging ich zu den Beamten der Funkstreife, die ebenfalls eingetroffen waren. Sie nahmen ein kurzes Protokoll auf und kümmerten sich dann um den Toten. Verbissen sah ich zu, wie sie seine Taschen untersuchten.
    Es waren nur belanglose Dinge, die Joe Tenides bei sich getragen hatte. Seine Barschaft bestand aus 65 Cent. Dafür interessierte mich der Zettel, den einer der Beamten studierte. Ich sah ihm über die Schulter. Im Licht der Taschenlampe erkannte ich meinen gekritzelten Namen und die Adresse.
    »Darf ich mal?«, fragte ich und nahm den Zettel an mich. Er hatte Flecken und trug die Reklameaufschrift einer bekannten Brauerei des Mittelwestens. Der graue Joe hatte wahrscheinlich nichts Besseres gefunden, um sich meine Adresse zu notieren. Er musste in der Nähe einer Kneipe gewesen sein.
    Auch seine Vorliebe für Alkohol sprach dafür.
    Es galt herauszufinden, wo sich das Lokal befand. Und da bekam ich den zweiten Hinweis: eine Fahrkarte, die das heutige Datum trug und ordnungsgemäß entwertet war. Als Abgangsbahnhof entzifferte ich New Brunswick, ein Städtchen, etwa 50 Meilen westlich vor New York gelegen. Nachdenklich steckte ich die beiden Beweisstücke ein, nachdem ich den Cops der Stadtpolizei Bescheid gesagt hatte.
    Ich unterschrieb das Protokoll und begab mich dann zu meiner Wohnung zurück. Es war kurz vor ein Uhr.
    Diesen Fall würde ich mir unter den Nagel reißen. Gleich am nächsten Morgen würde ich mit den Recherchen beginnen. Ich notierte mir aus

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