0421 - Ein Gangster will New York beherrschen
sich heran.
»Ihre Männer sollen die Waffen schussbereit halten«, sagte ich zum Lieutenant. »Wer weiß, welche Teufelei dahintersteckt!«
Ich selbst nahm die Automatic aus dem Halfter und entsicherte sie. Als der Kutter die Jacht erreicht hatte, sprang ich als Erster hinüber.
Die Pilgrim of Salem war ein unerhört schnittiges Boot, das jedem Werbeprospekt für Florida Ehre gemacht hätte. Aber ich hatte keine Zeit, die Schönheiten der Jacht zu bewundern. Ich lief zur Kabine, stellte mich seitlich hin und stieß die Tür auf.
Nichts!
Da waren zwei Polsterbänke, fein herunterklappbarer Kartentisch, ein Kühlschrank, eine Kochnische mit schwenkbar aufgehängtem Primuskocher und Plastik- und Aluminiumgeschirr an den Wänden und an der Decke. Alles war ordentlich aufgeräumt. Dahinter war das Vorschiff mit den Schlafkojen, durch einen Vorhang abgetrennt. Ich zog den Vorhang zur Seite und erstarrte.
Da lag Phil.
Im nächsten Augenblick war ich bei ihm. Er war gefesselt und sein Gesicht war mit breiten Leukoplaststreifen verklebt. Mit einem Ruck riss ich sie herunter, durchtrennte die Stricke, mit denen er ‘gefesselt war.
»Was ist passiert?«
Ächzend kam er in die Höhe.
»Vom Schiff - runter vom Schiff! Tempo!«, keuchte er und bewegte sich taumelnd zum Luk.
Ich brauchte nicht zu fragen. Phil hatte mit Sicherheit seine Gründe.
»Zurück auf den Kutter«, schrie ich den Cops zu, »Lieutenant, legen Sie mit Volldampf ab!«
Er machte ein verständnisloses Gesicht, aber er befolgte die Aufforderung. Als ich hinübersprang, hatte der Kutter sich schon gelöst. Seine Schrauben wühlten das Wasser auf, während er sich rückwärts entfernte. Wir hatten keine fünfzig Yards zurückgelegt, da geschah es.
Ein ohrenbetäubender Schlag zerriss die morgendliche Stille. Wie von einer Riesenfaust gepackt, bäumte sich die Pilgrim of Salem auf und zerbrach. Eine Fontäne glühender Wrackteile wurde in die Luft geschleudert. Das Echo der Explosion brach sich ringsum in den Hügeln. Die Fontäne fiel in sich zusammen und versank im Wasser. Das Heck des Bootes richtete sich auf und glitt dann senkrecht nach unten.
Es hatte nur Sekunden gedauert, dann war von der schnittigen Jacht nichts mehr zu sehen. Nur das aufgewühlte Wasser und herumschwimmende Wrackteile zeigten die Stelle, wo sie gesunken war.
Phil stützte sich neben mir auf die Reling.
»Das war buchstäblich in letzter Minute«, sagte er mit belegter Stimme.
»Es sieht so aus, Partner. Das hätte ins Auge gehen können. Wie in aller Welt ist es so weit gekommen?«
»Ich war schlecht in Form«, knurrte er. »Sonst wäre mir das nicht passiert. Seit zwei Stunden liege ich da drin und weiß, dass eine Höllenmaschine an Bord ist. Die Burschen haben es mir erzählt, bevor sie gingen. Offenbar hielten sie das für eine Art von Witz. Ich habe alles versucht, um mich zu befreien. Aber diese verflixten Leukoplaststreifen sind haltbar, als hätte sie der Teufel persönlich erfunden. Du kannst mir glauben, Jerry, das waren keine lustigen zwei Stunden.«
»Kann ich mir lebhaft vorstellen.«
»Als ihr dann kamt - ich glaub ja nicht an Wunder. Aber irgendwie kam’s mir so vor!«
»Wunder«, sagte ich, »gibt es in unserer Branche laufend. Sonst würden wir alle nicht überleben. Die Gangster haben einen Fehler gemacht. Sie rechneten nicht damit, dass ihr Schiff die Aufmerksamkeit eines Cops in Cedrick’s Village erwecken würde. Und jetzt erzähle, was passiert ist!«
»Die Geschichte ist furchtbar einfach. Ich war gerade dabei, den Gepäckschein einzulösen. Harper hatte eine schwarze Ledertasche deponiert; ich hatte sie gerade entgegengenommen, als plötzlich ein Gentleman neben mir stand und mir seine Kanone in die Seite drückte.«
»Kanntest du ihn?«
Er nickte grimmig.
»Es war Pohatapac Wilson. Er sah genauso aus wie auf den Fotos. Ich erkannte ihn sofort.«
Ich stieß einen Pfiff aus. Pohatapac Wilson - der seltsame Name rührte daher, dass er ein Halbblut, Cherokee-Indianer, war. Zurzeit wurde er in allen Staaten wegen Mordes gesucht. Es gab keine Polizeiwache und kein Sheriffbüro, wo nicht sein Steckbrief hing.
»Und dann?«
»Es blieb mir nichts übrig, als mitzugehen. Vor dem Bahnhof wartete noch ein zweiter, ein kleiner, dicker mit einer fetten Lache und zwei Warzen am Kinn.«
»Etwa Leisetreter-Johnny?«
»Genau der.«
Ich pfiff abermals. Leisetreter-Johnny, unter diesem Spitznamen war er in der Unterwelt bekannt, war ein gemütlicher
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