0421 - Ein Gangster will New York beherrschen
Requisite aus einem Gangsterfilm aus Chicago vor.«
Phil zog sich die schwarze Smokingschleife gerade.
»Das Gefühl täuscht keineswegs. Ich habe bereits drei Bekannte unter den Gästen entdeckt. Da drüben sitzt Gringo Bassleader, erst vor drei Wochen aus dem Zuchthaus Scranton entlassen. Und der Gentleman, der eben so eilig verschwindet, ist Jack Deller - gegen ihn wird in zwei Wochen wegen versuchten Totschlages verhandelt.«
»Ja, und ich sehe auch Fernan Raimondez, den Spanier.«
»Vermutlich sind wir hier nicht sonderlich beliebt.«
»Nun, eine gewisse Dickfelligkeit gehört zum Beruf. Was mich nur wundert, ist, dass uns dieses Lokal so wenig bekannt ist. Es muss erst neuerdings ein Treffpunkt der Unterwelt sein.«
»Wenn man die hier anwesenden Gäste als repräsentativen Querschnitt ansehen kann.«
»Was wohl anzunehmen ist. Da Charles Adams erst seit zwei Monaten das Lokal führt, möchte ich schlüssig folgern, dass dieser Wandel des Fremont Klub mit ihm zu tun hatte. Sage mir, mit wem du dich umgibst…«
»Ich habe das Gefühl, du gehörst auch zu den Burschen, die in ihrer Freizeit das Handbuch für FBI-Agenten studieren«, grinste Phil. »Wie kämst du sonst zu solch unerhört scharfsinnigen Schlussfolgerungen?«
»Mein Rezept ist einfach: eiserner Fleiß, überragende Intelligenz, körperliches Training, Mut, Ausdauer - all das, was dir fehlt!«
»Die Runde geht an dich.« Phil lehnte sich zurück, »pas Programm geht los!«
Die Kapelle spielte einen Blues, die Wandlichter erloschen, ein Scheinwerfer wurde auf die Bühne gerichtet. Laurie de Mille hatte ihren Auftritt. Ihre atemberaubende Figur war in eine eng anliegende rote Hülle gepackt; es war klar, dass die Frau nur zu erscheinen brauchte, um alle Blicke auf sich zu ziehen.
Sie sang mit rauchiger Stimme zwei Lieder. Als der Beifall losprasselte, beugte sich Phil zu mir: »Jetzt verstehe ich, warum ich neulich den Gepäckschein einlösen musste, während du sie verhört hast. Das nächste Mal tauschen wir die Rollen.«
»Wer sagte neulich, im Beruf habe er keine Gefühle?«
»Keine Ahnung«, brummte Phil.
Laurie hatte inzwischen mit dem Bandleader verhandelt. Der Mann sah in unsere Richtung und nickte dann grinsend. Die Kapelle setzte wieder ein mit einer einfachen Melodie.
Laurie nahm das Mikrofon und kam von der Bühne herunter. Sie stellte sich neben Fernan Raimondez, der unter den anwesenden Gästen wohl das höchste Vorstrafenregister haben mochte, und begann zu singen. Sie sang ohne jedes Raffinement, dadurch die Wirkung des Liedes noch steigernd. Nach jedem Absatz legte sie eine Pause ein und die Band wiederholte die Melodie.
Bevor die Frau aber die beiden letzten, viel umjubelten Zeilen sang, hatte sie sich neben mich gesetzt und mir etwas ins Ohr geflüstert. Vermutlich wären die Zuschauer sehr überrascht gewesen, wenn sie das hätten hören können. Sie sagte nämlich: »Um Himmels willen, verschwinden Sie, ehe es zu spät ist. Man will Sie ermorden - ich meine es ernst!«
Ich bemühte mich um ein entrüstetes Gesicht und war sicher, dass man allseits glaubte, sie habe etwas sehr Anstößiges gesagt. Währenddessen ließ ich mir ihre Worte durch den Kopf gehen. Es klang glaubwürdig. Offenbar war dies der einzige Weg, mich zu warnen, ohne Verdacht zu erwecken. Aber wollte sie im Ernst behaupten, dass man uns ermorden wollte? Hier, in aller Öffentlichkeit?
Phil summte begeistert die einfache Melodie.
»Bist du schon einmal mit Gesang hinausgeworfen worden? Für mich ist es das erste Mal.«
Ich wies mit dem Kinn nach hinten.
»Dort kommt die konventionelle Methode!«
Der Muskelprotz vom Eingang trabte heran, neben ihm der Kellner und ein kleiner, nervös wirkender Mann, offenbar der Geschäftsführer.
»Gentlemen«, sagte er mit einem Gesichtsausdruck, den er offensichtlich für verbindlich hielt. »Es ist eine Panne geschehen, leider, zu unserem größten Bedauern war Ihr Tisch bereits reserviert. Der Kellner hat sich geirrt.«
Phil grinste breit.
»Das ist Ihr Pech - nicht unseres!«
»Gentlemen, Sie können an diesem Tisch unmöglich bleiben. Ich komme in die größten Schwierigkeiten, riskiere meine Stellung…«
»Wir haben bereits bestellt. Tut mir leid. Vielleicht finden Sie anderswo einen neuen Job.«
Der Gorilla ließ ein unwilliges Brummen hören. Der Geschäftsführer wand sich wie ein Aal.
»Wenn Sie vielleicht dort drüben Platz nehmen wollen, der Tisch ist genauso gut.«
»Ich habe schon
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