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0422 - Der Pirat und die Hexe

0422 - Der Pirat und die Hexe

Titel: 0422 - Der Pirat und die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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tippte sich an die Stirn. »Unsinn«, sagte er. »Das gibt’s nicht. Aber warum funkelt der so gemein hell? Verstehe ich nicht …«
    Grown wandte sich um.
    »Nein«, stieß er hervor. »Ich träume! Schaut euch das an!«
    Sie fuhren herum.
    Und sie wollten nicht glauben, was sie sahen, aber es war grausame Realität … tödliche Wirklichkeit!
    ***
    Zu dieser Zeit lief rund hundert Seemeilen weiter westlich, auf der anderen Seite Neuseelands, Versuch 57-A.
    Seit drei Wochen ankerte die NIKOLAI GOGOL in der Tasman-See, weitab der Zivilisation. Das war notwendig, um alle Störfaktoren auszuschließen. Ansonsten hätte Kapitän Retekin das Forschungsschiff in aller Ruhe in einem Hafen vor Anker gehen lassen können. Aber dort waren zu viele Menschen – von den Liegegebühren im Hafen einmal ganz abgesehen, die die parapsychologische Fakultät in Akademgorodok nicht zu bezahlen gewillt war. Aber das war eher nebensächlich.
    Wichtig war die Ruhe, und deshalb hatte Kapitän Retekin den Treibanker auch weitab der normalen Schiffahrtsrouten gesetzt. Daß die NIKOLAI GOGOL hier festlag, war für die Öffentlichkeit nicht unbedingt ein Geheimnis, aber man hängte es auch nicht an die große Glocke.
    Inzwischen hatte sich herausgestellt, daß die Nähe anderer Menschen doch nicht ganz so hinderlich war wie anfangs befürchtet. Die Routine der zahlreichen Versuche hatte die Kraft und die Konzentration der drei Versuchspersonen gestärkt. Sie konnten die Nähe Fremder durchaus schon verkraften. Aber nun lag die GOGOL hier draußen, und da blieb sie auch.
    Vorräte waren genug an Bord. Einmal in der Woche wurde per Hubschrauber Nachschub aus Wellington, Neuseelands Hauptstadt, eingeflogen. Die Menschen an Bord der GOGOL waren auf ihre psychische Belastbarkeit geprüft worden; die Abgeschlossenheit auf dem Forschungsschiff machte ihnen wenig aus.
    Professor Boris Iljitsch Saranow leitete die Versuchsgruppe. Dr. Wassil Petrowitsch Rasputin war der zweite Hauptverantwortliche, der nicht oft genug erklären konnte, mit dem Zaubermönch am Zarenhof nur den Namen gemeinsam zu haben. Auch äußerlich glich er jenem Rasputin der Jahrhundertwende weniger als ein Kirchturm einem Wildkaninchen; Wassil Petrowitsch war das, was man im Volksmund ein ›schmales Hemd‹ nannte. Er konnte sich mühelos hinter der Funkantenne der GOGOL verstecken, und wenn er sich auf die Zehenspitzen stellte, reichte er dem 1,81 großen Saranow noch nicht bis zum Kinn.
    Um so mehr machte sich die Crew des Schiffes einen Spaß daraus, ihn stets mit dem einstigen Zaubermönch zu vergleichen.
    Ein Dutzend Assistenten und Assistentinnen wimmelte noch in den Labors herum und wertete die Versuche aus. Hauptpersonen des Geschehens waren aber die drei Telepathen, unter denen Tatjana eine Spitzenstellung einnahm. Wie sie weiter hieß, wußte niemand. Jeder kannte sie nur als Tatjana, ein sechzehnjähriges Mädchen, mager und blaß, als habe sie die Sonne niemals gesehen, aber mit überragender Empfindlichkeit und Empfänglichkeit. Tatjana fand am schnellsten Kontakt zu den Delphinen, aber sie erschöpfte sich auch am schnellsten und reagierte heftiger als die anderen auf jede Störung. Manchmal schien sie nach besonders anstrengenden Sitzungen am Fieber zu verbrennen; Dr. Rasputin hatte mehr als einmal eine Körpertemperatur von fast 43 Grad gemessen – Tatjana hätte tot sein müssen. Aber so schnell die Temperatur anstieg, so schnell sank sie auch wieder auf ein normales Maß ab.
    Die beiden anderen Medien, wie Saranow sie nannte, waren Durchschnittsmenschen. Sergej Stern und Tamara Glokowa sahen die Versuche als Routine an. Beide waren Mitte Zwanzig, und in ihrer Freizeit unberechenbar. Wenn irgendwelche Streiche ausgeheckt wurden, steckten garantiert die beiden Telepathen dahinter. Sie gehörten zusammen wie eineiige Zwillinge, die sie nicht waren. Einer ohne den anderen war höchstens im Versuch zu erleben; ansonsten waren sie unzertrennlich.
    Ihre telepathischen Fähigkeiten waren eher schwach ausgeprägt. Wer sich ihnen verschloß, den konnten sie nicht erreichen. Aber Saranow hatte sich die Leute nicht aussuchen können; er war schon froh, überhaupt drei Personen dieses Potentials in seiner Gruppe zu haben. Tatjana dagegen war ihm oft genug unheimlich. Sie war in der Lage, geradezu spielerisch leicht selbst unterbewußte Gedanken eines jeden Menschen auszuloten, der in ihrer Nähe war. Oft genug geschah es völlig unbewußt, daß sie fremde Gedanken

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